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Hochkreuze und Rundtürme -
Besonderheiten irischer Kultur

Killarney Area, Aghadoe, Irland, Reste eines Rundturms aus dem Jahr 1027

Killarney Area: Agadoe - Reste eines Rundturms aus dem Jahr 1027

Von einigen wenigen Exemplaren in Schottland abgesehen, sind Rundtürme eine Besonderheit irischer Architektur. Bis heute blieben noch etwa 120 von ihnen erhalten. Sie erinnern in ihrer schlanken, sich nach oben verjüngenden und meist schmucklosen Gestalt ein wenig an islamische Minarette. Die ersten Rundtürme erbaute man im frühen 10. Jahrhundert. Sie wurden normalerweise alleinstehend als Teil einer Klosteranlage errichtet. Ihr irischer Name, Cloicthech, bedeutet soviel wie Glockenhaus und verweist damit auf eine der zentralen Funktionen eines Rundturms. Vom obersten Stockwerk riefen wahrscheinlich die Mönche mit Handglocken zum Gebet. Doch die Türme erfüllten noch weitere Funktionen. Da ihr Eingang mindestens drei Meter über dem Erdboden angebracht ist und nur über eine bewegliche Leiter zu erreichen war, die einzelnen Stockwerke darüber hinaus nur wenige, kleine Fenster aufwiesen und ebenfalls nur über bewegliche Leitern verbunden waren, dienten die massiven, zwischen 20 und 36 Meter hohen Rundtürme wohl auch als Orte des Rückzugs und der Aufbewahrung von Wertgegenständen, sollten sich Feinde nähern. Einer der schönsten erhaltenen Rundtürme erhebt sich oberhalb des kleinen Küstenortes Ardmore. Er wurde im ausgehenden 12. Jh. errichtet und zählt damit zu den spätesten seiner Art.

Eine weitere Besonderheit der frühen christlichen Kultur sind die zahlreichen verzierten Hochkreuze, häufig auch als keltische Kreuze bezeichnet, auf die Sie in allen Teilen Irlands stoßen können. Über 150 Hochkreuze sind heute bekannt. Vermutlich wurden die ersten nicht vor dem 8. Jh. errichtet. Anders als ihr heutiger Standort auf Friedhöfen erwarten ließe, waren sie keine Grabdenkmäler sondern Orte der Versammlung, der Besinnung und des Gebets. Die ersten Exemplare erhoben sich auf schweren, pyramidenförmigen Sockeln, Schaft und Arme des Kreuzes wurden durch einen Ring verbunden. Einige Wissenschaftler vertreten dabei die These, daß dieser Kreuzring auf hölzerne Vorformen des Kreuzes zurückzuführen sei, das bei Prozessionen getragen wurde. Der Ringe diente dabei ursprünglich allein der Stabilisierung des Kreuzes und entwickelte sich erst später zu einem genuinen Merkmal. Andere messen dem Kreis eher symbolische Bedeutung zu.

Die künstlerische Entwicklung der Hochkreuze läßt sich - etwas vereinfacht - in drei Stadien unterteilen. Die frühen Kreuze sind ausschließlich ornamental verziert, mit Trompetenmustern, Flechtwerk und Motiven, wie sie aus der frühen irischen Metallkunst bekannt sind. Lediglich die Sockel schmücken figürliche Reliefs, darunter Tier-, Jagd- und Begräbnisszenen. Zu den schönsten Exemplaren dieser Entwicklungsstufe zählen die Hochkreuze von Ahenny. Die späteren Kreuze vornehmlich des 9. und 10. Jh. sind über und über mit biblischen Szenen bedeckt. Zum Teil sind Schaft und Arme in einzelne Felder aufgeteilt, die einzelne Abschnitte aus dem Leben Jesu, aber auch Szenen aus dem Alten Testament wie Adam und Eva, Kain und Abel oder Daniel in der Löwengrube veranschaulichen. Bisweilen fehlt auch die Aufteilung in Felder und die Komposition ist von einer fortlaufenden Darstellung bestimmt. Hochkreuze erfüllten auf diese Weise die Aufgabe der Vermittlung christlichen Gedankenguts, ähnlich den Wandgemälden in vielen Kirchen des Kontinents. Teile des Hochkreuzes waren weiterhin ornamental verziert, so häufig der Kreuzring oder die Schmalseiten des Schaftes. Schöne Beispiele für diese Kreuze sind das Westkreuz und das Muiredach-Kreuz von Monasterboice oder das Kreuz der Bibel von Clonmacnoise. Die letzte Entwicklungsstufe der Hochkreuze, die im 11. Jh. zu verzeichnen ist, läßt sich in Kilfenora oder in Dysert O'Dea ) nachvollziehen. Die Kreuzarme sind nur noch als kurze Schäfte vorhanden, der Kreuzring wird nur noch vereinfacht dargestellt oder ist völlig verschwunden. Großflächige, grob herausgearbeitete Figuren stellen Christus bzw. einen Bischof dar.


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