Palastwelten in der alten Hauptstadt Hue

 

Zeit, in ein Boot zu steigen und den Parfümfluss hinauf zu fahren, vorbei an einem brandneuen, knallrot gestrichenen Pavillon am Ufer, an dessen Steg eine knallrot gestrichene Barke festgemacht ist. Alles königlich und nur alt wirkend, selbst die Farbe Rot steht nicht für den Sozialismus, dem sich die herrschende Partei dem Vernehmen nach verschrieben hat, sondern für das Glück, das doch in erster Linie dem König zukam.

Vietnam - Hue - Ganz neu: die königliche Barke

Ganz neu: die königliche Barke

Nach einer halben Stunde lugt eine Turmspitze über dem üppigen Grün der Uferbepflanzung und der Bambushaine hervor. Es ist der siebenstöckige und achteckige Phuoc-Duyen-Turm, der 1844 errichtet wurde und inzwischen zum Wahrzeichen von Hue geworden ist. Der sich nach oben verjüngende Turm ist wunderbar aus Ziegelsteinen gemauert, jedes Stockwerk wird von kleinen, angesetzten Dächern markiert. Den Turm umgeben mehrere historische Bauwerke, für eine große Steinstele, die auf dem Rücken einer Schildkröte aufragt und die Tempelgeschichte festhält, für eine zwei Tonnen schwere und zweieinhalb Meter hohe Glocke aus dem Jahr 1710.

Vietnam - Hue - Der Phuoc-Duyen-Turm

Der Phuoc-Duyen-Turm

Durch ein dreiflügeliges Tor betritt man den eigentlichen Klosterbereich, in dessen Garten sich ein renovierter Tempel erhebt. Weshalb hier alles so neu wirkt, kann man erschließen, wenn man bis zu einem Grabstupa ganz am Ende der Achse geht, auf der die Gebäude aufgereiht sind. Er wurde für den 1993 verstorbenen Abt Thich Don Hau errichtet, der ein Jahr zuvor einen Aufstand gegen das kommunistische Regime anführte. Deshalb war das Kloster lange Zeit für Touristen nicht zugänglich, und auch die verbliebenen Mönche standen unter verschärfter Kontrolle. Erst vor kurzem wurde alles renoviert.

Vietnam - Hue - Mit diesem Austin fuhr der Mönch Thich Quang Duc 1963 nach Saigon, um sich selbst anzuzünden

Mit diesem Austin fuhr der Mönch Thich Quang Duc 1963 nach Saigon, um sich selbst anzuzünden

Unbotmäßig waren die Mönche nämlich schon seit längerem. Und dafür steht ein im Seitengebäude aufgebockter türkisfarbener Austin, mit dem der Mönch Thich Quang Duc im Juni 1963 nach Saigon gefahren ist, sich auf eine große Straßenkreuzung setzte, mit Benzin übergoss und anzündete. Diese Bilder durften gezeigt werden, denn sein Protest richtete sich gegen den südvietnamesischen Diktator Ngo Dinh Diem, einen von der CIA unterstützten Katholiken, der die buddhistischen Mönche unterdrückte. Inzwischen ist eine vorsichtige Ruhe im Kloster eingekehrt, die Mönche beten wieder öffentlich, Novizen flitzen durch die Gegend, um den gemeinsamen Mittagstisch zu decken, und Besucher gehen umher und hören die ein oder andere Geschichte.

Vietnam - Hue - Bedient von Novizen speisen die Mönche gemeinsam zu Mittag

Bedient von Novizen speisen die Mönche gemeinsam zu Mittag

Zurück am Phuoc-Duyen-Turm blickt man hinunter auf den Fluss, der vor kleineren Hügeln eine elegante Kurve beschreibt. Weiter entfernt ragen die Ausläufer der Annamitischen Kordillere auf, die das Land nach Westen begrenzt; wenig mehr als fünfzig Kilometer schmal ist es hier. Die gut 1500 Meter hohe Bergkette ist seit Menschengedenken eine Kulturgrenze, auch zwischen einem von China kolonisierten Land des Mahayana-Buddhismus und dem strengeren Theravada-Buddhismus im benachbarten Kambodscha und Laos. Königspaläste und Mausoleen nach Pekinger Vorbild gibt es dort nicht. Aber kleine Könige, die scheinbar lieber auf Seen schauen, statt den Feind aus dem Norden vor der Tür zu sehen.

Vietnam - Auf dem Markt in Hue

Auf dem Markt in Hue

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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