Reiseführer Rom

Santa Sabina

Nahe dem Tiberufer steigen wir den Clivo di Rocca Savella hinauf, einen wenig begangenen, steilen Weg, zwischen dessen Pflastersteinen Grasbüschel wuchern. Er endet auf dem stillen, grünen Aventin, der ein wenig unser kleiner Zauberberg ist, wie der römische Flaneur Marco Lodoli herausfand, der in „La Repubblica“ von den eher unbekannten Seiten der Tiberstadt erzählt, eine Art metaphysisches Sanatorium, wo es aussieht, als fänden Vulgarität und Kleinlichkeit und Engherzigkeit keinen Platz . . . Längst hat Roms gut betuchtes Bürgertum die grüne Idylle für sich entdeckt und schon in der Spätantike ließ sich die Aristokratie gerne hier nieder. Der Aventin ist einer der legendären sieben Hügel Roms, auf denen die antike Stadt der Überlieferung nach gegründet wurde. Unter den sieben ehrwürdigen Kirchen des Aventin ist die Basilika Santa Sabina die älteste.

Rom: Santa Sabina

Sie gilt als die am besten erhaltene frühchristliche Kirche Roms. Eine Mosaikinschrift über dem Hauptportal verweist auf den Presbyter (Kirchenältester, Amtsträger) Petrus von Illyrien (= Dalmatien) als Stifter der Kirche zur Zeit des Papstes Coelestin I. (422 – 423). Dort heißt es: Als Caelestinus den apostolischen Gipfel innehatte . . . hat all das hier, das du bewunderst, gegründet ein Priester der Stadt von illyrischem Stamm, Petrus, ein Mann, der . . .Das Bauvorhaben wurde vermutlich während des Pontifikats von Papst Sixtus III. (432 – 440) vollendet. Santa Sabina steht – wie man bei Grabungen in den Jahren 1855/57 und 1936/39 entdeckte – auf den Fundamenten privater Wohnhäuser (darunter das Haus der römischen Christin Sabina), von Tempeln und Thermenanlagen und auch eine antike Straße durchzog das Gelände.

Die dreischiffige Basilika präsentiert sich als unverputzter schmuckloser Backsteinbau mit ungewöhnlich großen Rundbogenfenstern im Langhaus und in der Apsis, die dem nüchternen Bau sein charakteristisches Aussehen geben. Umbauten und Ausschmückungen späterer Jahrhunderte wurden während umfangreicher Restaurierungen im frühen 20. Jahrhundert beseitigt, um der Kirche ihre ursprüngliche architektonische Gestalt zurückzugeben, die beispielhaft ist für die Bauweise einer Basilika des 5. Jahrhunderts. Die erwähnten großen Fenster umziehen den gesamten oberen Teil des Baus. Ursprünglich waren wohl Alabasterscheiben eingesetzt worden, die heutigen Scheiben sind vorlagengetreu aus Glimmer und leicht gefärbtem Glas nachgearbeitet worden. Sie sorgen für eine angenehme, gleichmäßige Helligkeit im Mittelschiff.

Rom: Santa Sabina - Antike Marmorsäulen zwischen Haupt- und Seitenschiff

Antike Marmorsäulen zwischen Haupt- und Seitenschiff

Besucher sind tief beeindruckt von den ausgewogenen, harmonischen Proportionen des Kirchenraums. Eine hölzerne, mit Sternen besetzte Kassettendecke schließt ihn nach oben ab und vierundzwanzig sorgfältig bearbeitete, kannelierte Marmorsäulen mit korinthischen Kapitellen markieren den Übergang zu den Seitenschiffen. Die im 2. Jahrhundert erstellten Säulen aus prokonnesischem Marmor von der türkischen Insel Marmara im gleichnamigen Meer (früher griech. Prokonnisos) schmückten ursprünglich wohl den nahegelegenen Tempel der Juno und wurden hier wiederverwendet als dekorative Stützen der Rundbogenarkaden. Von keinem Querschiff unterbrochen, laufen die von den Säulen getragenen Arkaden auf den Triumphbogen und die mächtige Apsis zu. Über den Bögen der Arkaden zieht sich ein Fries entlang, der geometrisch gemusterte Inkrustationen aus mehrfarbigem Marmor zeigt. Diese Marmorintarsien und die bisher nicht zu deutenden Darstellungen über den Kapitellen, gekrönt jeweils von einem kleinen Kreuz, sind die wenigen erhaltenen Ornamente des anfänglich reich mit Wandschmuck versehenen Kirchenschiffs. So war auch die Apsis in den Anfängen mit einem Mosaik geschmückt, von dem noch Reste im Putz erhalten sind. Im 16. Jahrhundert wurde ein dem Mosaik nachempfundenes Fresko von Taddeo Zuccari aufgebracht, das Christus auf dem Paradiesberg zeigt inmitten von Heiligen, den Paradiesströmen und Lämmern.

Santa Sabina Apsis-Fresko

Apsis-Fresko

Den Triumphbogen bedecken 17 Tondi (Rundbilder) als Sepia-Fresko aus neuerer Zeit, von denen 15 Heilige abbilden, zwei Felder sind leer. Auch diese Arbeiten von Eugenio Cisterna basieren auf Beschreibungen von hier ursprünglich angebrachten Mosaiken. Links und rechts der aufgereihten Heiligenportraits sieht man stilisierte Gebäude, die Jerusalem und Bethlehem zeigen und Tauben, die entlang der Dachlinie fliegen. Während der Restaurierungen im frühen 20. Jahrhundert wurden in den Fußboden der Kirche mittelalterliche Grabplatten eingelegt, von denen die bedeutendste jene im Zentrum des Mittelschiffs ist. Sie ist ungewöhnlicherweise eine Mosaikarbeit, wie es sie kein zweites Mal in Rom gibt. Sie stammt aus der Zeit um 1300 und ist dem Ordensgeneral der Dominikaner, Muňoz de Zamora, gewidmet. Santa Sabina war in den frühen 1220er Jahren von Papst Honorius III. den Dominikanern geschenkt worden, die ein Kloster mit romanischem Kreuzgang anbauten. Die Anlage kann zu bestimmten Zeiten besichtigt werden.

Rom: Santa Sabina - Mosaik-Grabplatte (um 1300)

Mosaik-Grabplatte (um 1300)

Die Eingangsloggia der Kirche mit Arkaden und korinthischen Granitsäulen stammt aus dem 15. Jahrhundert. Man gelangt von hier in den Narthex d. i. die Vorhalle vor der Kirchenfassade, wo Sarkophage und Fragmente von Grabsteinen ausgestellt sind. Der Narthex verwahrt mit den aus afrikanischem Zypressenholz gefertigten Türflügeln des Hauptportals aus der Zeit der Erbauung der Kirche ein einzigartiges Ausstattungsstück. Es ist die älteste reliefverzierte Holztür, die die christliche Kunst kennt mit u. a. der ältesten Darstellung der Kreuzigung. Von den ursprünglich 28 Relieftafeln sind 18 erhalten geblieben – eine unschätzbare Abfolge von Bildern aus der frühesten Zeit der christlichen Kunst mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.

Rom: Brunnen vor der Santa Sabina

Auf dem Vorplatz der Kirche sprudelt Wasser aus einem grotesken Antlitz, das im späten 16. Jahrhundert von einem der Wegbereiter des römischen Barock, Giacomo della Porta, den man auch den „Brunnenmacher Roms“ nennt, entworfen wurde. Zwei Jahrhunderte verbrachte der Wasserspender auf dem Forum Romanum, danach plätscherte er auf dem Quirinal, um nach siebzig Jahren erneut abgebaut zu werden und in einem Lager unbeachtet triste Zeiten zu durchleben. Erst 1936 erhielt er seinen Platz an der Santa Sabina, wo sich sein Wasser in eine vermutlich antike Wanne ergießt und das überfließende Wasser von einem großen Bassin aufgefangen wird.

Via di Santa Sabina auf dem Aventin-Hügel





Das könnte Sie auch interessieren

.