Reiseführer Rom

Santa Cecilia

Eine wahrscheinlich im 5. Jahrhundert entstandene Legende erzählt von der römischen Patrizierin Caecilia und ihrem Mann Valerianus, die beide als Christen unter Kaiser Mark Aurel im 2. Jahrhundert das Martyrium erlitten. An ihrem mutmaßlichen Wohnort entdeckte man tatsächlich die Fundamente eines noblen römischen Hauses und die Überreste einer auf ihnen errichteten frühchristlichen Kirche. Für die römische Gesellschaft des frühen 9. Jahrhunderts muss es ein überwältigendes Ereignis gewesen sein, als bekannt wurde, dass der unversehrte Körper der Caecilia in der Katakombe des Calixtus aufgefunden wurde – eine Wiederentdeckung, die der damalige Papst Paschalis I. sogleich zum Anlass nahm, über der inzwischen baufälligen kleinen Kirche eine dreischiffige Basilika zu errichten, in der die Märtyrerin in einem Sarg aus Zypressenholz beigesetzt wurde.

Santa Cecilia, Rom

Die tragische Geschichte der Caecilia wirft ein Licht auf die bedrohlichen Lebensumstände der frühen Christen in Rom. Ihr Leidensweg wurde von Zeitzeugen der Nachwelt übermittelt, wobei keine der unfassbar grausamen Folterungen unerwähnt blieben. Caecilia widerstand lange ihren Peinigern, erst ein dritter Schwerthieb streckte sie nieder. Sie lebte noch drei Tage, vermachte ihren Besitz den Armen, überzeugte Heiden, sich taufen zu lassen, starb und wurde in den Katakomben beerdigt. 1599 wurde ihr Grab in der Basilika im Beisein von Papst Clemens VIII.geöffnet (der im gleichen Jahr die jugendliche Beatrice Cenci hinrichten ließ). Wieder zeigte sich Caecilias Leichnam unversehrt. Die Spuren des Schwertes am Hals waren sichtbar, Blut hatte ihr Tunikagewand befleckt. Wie damals berichtet wurde, habe man sie „wie schlafend auf der rechten Seite liegend, mit dem Gesicht zur Erde“ vorgefunden. Der eilig herbeigerufene Bildhauer Stefano Maderno fertigte eine Zeichnung an, nach der er sein Abbild der heiligen Caecilia in weißem parischen Marmor schuf, in genau der Haltung, in der sie bei der Graböffnung gefunden wurde. Madernos Meisterwerk hat unter dem Hauptaltar der Santa Cecilia seinen Platz gefunden. Die Skulptur liegt in einem schwarz ausgeschlagenen steinernen Schrein, entspannt, wie es scheint, anrührend in ihrer Körperhaltung, den mit einem Tuch verhüllten Kopf nach hinten gewendet, so dass die tiefe Wunde sichtbar wird, die ihr der Henker zufügte. Ausgestreckter Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand zeigen wohl den Segensgestus nach lateinischem Ritus und der gestreckte Zeigefinger der Linken könnte das Bekenntnis „ein Gott in drei Personen“ (Trinität) wiedergeben.

Santa Cecilia, Rom Seit dem 6. Jahrhundert wird Caecilia mit der Märtyrerkrone im Chor der Jungfrauen dargestellt, später mit Krone und Kreuz, Palmzweig und Schwert, im 15. Jahrhundert erstmals mit einem Musikinstrument, einem Portativ, d. i. eine kleine tragbare Orgel. Sie avancierte in jener Zeit zur Patronin der Kirchenmusik. Auf dieser Tradition aufbauend, findet regelmäßig in der Santa Cecilia der Kurs Cantantibus Organis statt, der sich umfassend mit der Gregorianik befasst und die Wiederbelebung der gregorianischen Musik, des „gesungenen Wortes Gottes“, anstrebt.

Die ursprüngliche Gestalt der im frühen 9. Jahrhundert von Paschalis I. errichteten Basilika ist durch die vielen Umbauten in den nachfolgenden Jahrhunderten kaum noch erkennbar. Auch der Raumeindruck veränderte sich durch hinzugefügte Ausstattungselemente wie das Ziborium (eine Art Baldachin über dem Altar), das Arnolfo di Cambio 1293 schuf. Aus dem gleichen Jahr stammt das monumentale Fresko im nicht immer zugänglichen Chorraum der Nonnen (das Gebäude links von der Basilika ist ein Kloster der Benediktinerinnen). Das Fresko gilt als Hauptwerk des römischen Malers Pietro Cavallini, das aber stark unter den Renovierungen des 16. Jahrhunderts gelitten hat. Es stellt das Jüngste Gericht dar und zeigt die Apostel und mit ihnen Maria und Johannes den Täufer, Posaunen blasende Engel, die Seligen und die Verdammten.

Die auffallende Weiträumigkeit des Innenraums entspricht noch der ursprünglichen Auslegung. Auch die schmalen, unbelichteten Seitenschiffe (sie erhielten um 1500 Kreuzgratgewölbe) kommen dem Original nahe, doch aus den trennenden Säulen wurden in späterer Zeit Pfeiler und jeder zweite Arkadenbogen wurde geschlossen. Aus der Gründungszeit der Basilika stammt das Apsismosaik, das den Vorbildern frühchristlicher Apsismosaiken folgt. Es zeigt den segnenden Christus, umgeben von einer Vielzahl hochrangiger Personen, darunter Papst Paschalis I, der das Kirchenmodell in der Hand hält, die heilige Caecilia, Petrus, Paulus, Valerianus u. a. sowie Landschaftsszenen und darunter die Stiftungsinschrift. Aus der gleichen Zeit stammen die Mosaiken am Apsisbogen mit Maria und dem Kind zwischen zwei Engeln. Es sind leider nur noch Reste, die nach den Restaurierungsarbeiten im 17. und 18. Jahrhundert erhalten blieben.

Santa Cecilia, Rom Nun zur Außenansicht. Wo früher das Atrium lag, erstreckt sich heute ein schön angelegter Garten mit einem 1929 errichteten Brunnenbecken nebst Brunnenschale in Form eines übergroßen griechischen Trinkgefäßes (kantharos), Vorbildern aus dem 2. Jahrhundert nachempfunden. Der römische Kardinal Aquaviva ließ in den 1740er Jahren durch den Architekten und Bildhauer in päpstlichen Diensten, Ferdinando Fuga, die „Barockisierung“ der Kirche vornehmen. Der Garten (Vorhof) erhielt ein prächtiges Portal, die obere Kirchenfassade bekam eine Gliederung durch flache Pilaster (Halbpfeiler oder auch Blendpfeiler) und im Dreiecksgiebel ließ sich Kardinal Aquaviva mit seinem Wappen verewigen. Und noch einmal taucht sein Name auf: auf der Balustrade der Vorhalle (Porticus), die von antiken Säulen mit ionischen Kapitellen aus rosa Granit bzw. Marmor aus Nordafrika getragen und mit einem schmalen, mit Mosaiken besetzten Band geschmückt wird. Der Campanile (er neigt sich leicht zur Seite) ist wie so viele ältere Kirchtürme in Rom aus Ziegelsteinen errichtet worden. Er entstand wie der Porticus im 12. Jahrhundert.

(Piazza di Santa Cecilia im Stadtteil Trastevere)


 





Das könnte Sie auch interessieren

.