Reiseführer Rom

Palazzo Doria Pamphili

Er ist der größte Stadtpalast Roms. Seine Baugeschichte begann im 15. Jahrhundert und endete erst im 19. Jahrhundert, als die Fassaden an der Via della Gatta und an der Piazza Grazioli entstanden. Im Laufe der Jahrhunderte nahm der Palastkomplex die Ausmaße eines kleinen Stadtteils an. Kein Wunder, dass sich sein Grundriss infolge der ständigen Erweiterungen vollkommen unregelmäßig darstellt. Seine Hausherren waren durchweg Angehörige des Hochadels und die von ihnen beauftragten Baumeister zählten zur Elite der italienischen Architekten. Ihr Werk umfasst alle Stilrichtungen des langen Zeitraums zwischen der Renaissance und dem Barocchetto, einer römischen Spielart des Spätbarocks.


Rom: Palazzo Doria Pamphili

Aus Kirchenbesitz ging der Kernbau des 15. Jahrhunderts an das aus Ligurien stammende Geschlecht der della Rovere über, die später die Anlage an die florentinische Familie Aldobrandini veräußerten. Durch Einheirat in das umbrische Geschlecht der Pamphili gab es einen erneuten Besitzwechsel und abermals 1760, als die männliche Linie der Pamphili erlosch und Anna, die Tochter des Hauses, einen Haudegen aus dem Doria-Clan ehelichte. Diese genuesische Adelsfamilie war seinerzeit dank ihrer gefeierten Heerführer und Flottenkommandanten in aller Munde. 1763 vereinte Fürst Andrea IV. Doria die Namen der beiden Häuser zu „Doria Pamphili“. Besonders im 18. Jahrhundert war der Palazzo eine der bedeutendsten Residenzen in Rom. Hohe Würdenträger gingen ein und aus, Adel und Großbürgertum genossen die Bankette und Konzerte und um die Mitte des 19. Jahrhunderts war es eine für Roms zugeknöpfte „bessere“ Gesellschaft ganz ungewöhnliche Neuerung, dass die Kunstschätze des Hauses der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Die Nachfahren der Dorias und Pamphilis leben noch heute in ihrem Palazzo. Ihr eigenwilliges Tun und Lassen sorgt immer wieder für Schlagzeilen, wie schon damals während des Krieges, als der Großvater des heutigen Besitzers zu einer Symbolfigur der Opposition gegen den Faschismus wurde, er kurz davor stand, seinen eigenen Palazzo in die Luft zu sprengen, nachdem sich die Waffen-SS einquartiert hatte. Zuvor schon hatte sich seine Frau der Aufforderung Mussolinis widersetzt, ihren goldenen Ehering dem Land zu spenden. Ihr öffentliches, klares „No!“ zog Überfälle faschistischer Schlägertrupps nach sich.

Rom: Palazzo Doria Pamphii

Die junge Generation geht ihre eigenen unkonventionellen Wege sehr zum Missfallen des abgeschotteten römischen Hochadels. Sie führt ein offenes Haus. Selbst ausgesuchte Privatgemächer können besichtigt werden.

Hauptattraktion ist natürlich die Galleria Doria Pamphili, eine der außergewöhnlichsten privaten Kunstsammlungen der Welt, die, so bestimmt es ein italienisches Gesetz von 1871, als Sammlung von nationaler Bedeutung nicht geteilt oder veräußert werden darf. Wie schön für alle Kunstinteressierten! Die Anfänge der Sammlung reichen zurück in die Zeit des Pontifikats von Innozenz X., der ein Abkömmling des Pamphili-Clans war. Mitte des 17. Jahrhunderts band er den Besitz der Gemälde, Skulpturen und Tapisserien an das Erbfolgerecht.

Am Ticket-Office wird jedem Besucher ein Audioguide (es gibt auch deutschsprachige!) ausgehändigt. Ohne ihn wäre man auch aufgeschmissen, denn in den Sälen herrscht die „Petersburger Hängung“ vor. Dicht an dicht dekorieren die Kostbarkeiten die Wände bis unter die Decke, nicht nach Motiven, Künstlern, Zeiten oder anderen Kriterien geordnet.



Höhepunkte eines Rundgangs durch die Flügel und die Säle, den Salone und die Gabinetti sind die Begegnungen mit Caravaggios Frühwerken „Magdalena“ und „Rast auf der Flucht nach Ägypten“, mit drei Werken von Jan Brueghel d. Ä. im Saal 4 und dem Spiegelsaal mit seinen großen Fenstern, den Spiegeln in vergoldeten Rahmen, davor antike Skulpturen und an seiner Decke das Fresko „Die Taten des Herkules“ von Aureliano Milani – „eines der vollkommensten Beispiele für barocken Glanz“, wie jemand schrieb. Raffael ist mit einem Doppelporträt vertreten, das wohl zwei seiner Mitarbeiter bei der Ausmalung der Stanzen im Vatikan zeigt. Tintorettos „Bildnis eines Prälaten“ ist zu bewundern und Tizians „Salome mit dem Haupt des Täufers“. Immer umlagert ist Velázquez` berühmtes Meisterwerk von 1650 „Bildnis des Papstes Innozenz X.“, der eigentlich Giovanni Battista Pamphili hieß und nicht sehr angetan war von seinem Abbild. Es sei troppo vero (allzu wahr).

Am eindrucksvollsten präsentiert sich der Palazzo an der Via del Corso, wo seine Fassade „römische Monumentalität mit der Anmut und Bewegtheit des Rokoko“ verbindet. Gabriele Valvassori schuf sie 1731-1734. Ein anderer noch längerer Trakt begleitet die Via del Plebiscito, ohne, wie es heißt, die „Grandezza“ der Fassade am Corso zu erreichen. Sie entstand 1740/43 unter Paolo Ameli. Wo beide Trakte sich an der Südostecke näherkommen, hat sich ein kleiner Palazzo wie eine Enklave eingenistet. Es ist der Palazzo Bonaparte. Hier lebte in komfortablem Asyl, das ihr Papst Pius VII. gewährt hatte,

Maria Laetitia Ramolino, auch „Madame Mère“ genannt, die Mutter von Napoleon I. Vom dunkelgrünen, über Eck reichenden gedeckten Holzbalkon aus beobachtete sie das Treiben auf dem Platz und dem Corso. Sie starb hier 1836.

(Via del Corso 305)





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