Reiseführer Rom

Engelsburg

Kaiser Hadrian ließ das mächtige Bauwerk als Mausoleum für sich selbst, Familienangehörige und seine Nachfolger errichten. Als letzter Kaiser wurde hier Caracalla im Jahr 217 beigesetzt. Einer der Thronfolger, Aurelianus, baute den Koloss zu einem befestigten Brückenkopf um, der die nach ihm benannte Stadtmauer verstärkte. Den Päpsten dagegen diente der exponiert gelegene Bau seit dem Mittelalter als Fluchtburg und komfortable Residenz und seine unterirdischen Verliese als Gefängnis, Folterkammer und Richtstätte. So saß der Philosoph Giordano Bruno als „Ketzer und Magier“ hier sechs Jahre ein, ehe er auf dem Scheiterhaufen endete. Zu seinen Leidensgenossen zählten neben der unglücklichen Beatrice Cenci der Abenteurer Cagliostro wie auch der Renaissance-Künstler Benvenuto Cellini, in Ungnade gefallene Kirchenführer, Patrioten der italienischen Einigungsbewegung (Risorgimento) des 19. Jahrhunderts und unzählige Namenlose.

Engelsburg

1870 endete die Papstherrschaft über die Engelsburg. Der junge italienische Staat nutzte sie weiter als Gefängnis und als Giacomo Puccini den dramatischen Schlussakt seiner Oper „Tosca“ in die düsteren Verliese der Festung verlegte – Uraufführung 1900 – diente sie noch immer als Kerker. Erst im Jahr darauf besann man sich eines Besseren und favorisierte die Einrichtung eines Museums.

Nahezu zweitausend Jahre römischer Geschichte spiegeln sich in dem monumentalen Tumulus-Grab, das Kaiser Hadrian in den zwanziger Jahren des zweiten Jahrhunderts in Auftrag gab, da das seit eineinhalb Jahrhunderten genutzte Augustus-Mausoleum keinen Platz mehr für weitere Kaiserbestattungen bot. Im Jahr nach Hadrians Tod wurde das Mausoleum von seinem Nachfolger, Kaiser Antoninus Pius, vollendet (139).

Zu seinem noch heute gebräuchlichen Namen kam Castel Sant`Angelo im Jahr 590, als die Pest in Rom wütete und der damalige Papst Gregor d. Gr. eine Erscheinung des Erzengels Michael über dem Mausoleum erblickte, der „das Schwert des göttlichen Zorns in die Scheide zurücksteckte und so das Ende der Seuche ankündigte“. Seither spricht man von der Engelsburg.

Der von Hadrian initiierte Bau blieb in seinen wesentlichen Teilen bis heute erhalten – allerdings ist die ursprüngliche Marmorverkleidung verschwunden nachdem 1379 während des päpstlichen Exils in Avignon die Bürger von Rom sich daran machten, die Festung zu schleifen. Auf einem quadratischen Unterbau von 15 m Höhe und 89 m Seitenlänge, der strahlenförmig angeordnete Räume beherbergt, erhebt sich ein 21m hoher Zylinder mit einem Durchmesser von 64 m – der eigentliche Grabbau, erbaut aus opus caementitium („römischer Beton“) und verkleidet mit Peperin-, Tuff- und Travertinblöcken. Auf dem Zylinder war seinerzeit ähnlich einem etruskischen Tumulus ein Erdhügel aufgeschüttet worden, auf dem Zypressen angepflanzt waren, überragt von einer bronzenen Quadriga und Hadrian als Sonnengott Helios. Wohl an die 50 m Höhe erreichte der Bau nach seiner Fertigstellung. Den Umfassungswall mit vier Bastionen an seinen Ecken ließ der umstrittene Borgia-Papst Alexander VI. anlegen.

Engelsburg

Das als großartige antike Ingenieursleistung gerühmte Mausoleum erfuhr im Laufe der Jahrhunderte durch An- und Umbauten beträchtliche bauliche Veränderungen. So ließ Papst Nikolaus III. im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts mit dem „Passetto di Borgo“ einen gedeckten Verbindungsgang auf der alten Stadtmauer bauen, gedacht als geheimer Fluchtweg zwischen dem Apostolischen Palast und der Engelsburg, über den sich in folgenden Jahrhunderten wiederholt Päpste in Sicherheit bringen konnten.



Unter den Päpsten Bonifaz IX., Nikolaus V. und Alexander VI. erhielt die Engelsburg im 15. Jahrhundert weitere Befestigungen, während andere Kirchenoberhäupter mehr Wert darauf legten, die Ausstattung ihres Domizils als schmucke Renaissance-Residenz zu betonen. 1798 besetzten französische Truppen unter dem Kommando des jungen Generals Napoleon Bonaparte die Stadt Rom, übernahmen auch die Burg und zerschlugen dort zahlreiche päpstliche Wappen, die ihnen als Machtsymbole der römischen Kirche zuwider waren. Das Foto zeigt die Front der Engelsburg gegenüber der Engelsbrücke mit dem zerschlagenen Wappen Alexander VI. Darunter die Zeilen

Papst Alexander VI. hat (den Bau) erneuert im Jahre des Heils 1495

Einen Rundgang beginnt man gewöhnlich am Ticket-Shop und folgt dann dem Percorso di Visita, passiert die Bastione San Marco, wo der Passetto di Borgo endet, spaziert dann draußen am Zinnenkranz entlang vorbei an der Bastione San Giovanni. Der sanft ansteigende, tonnengewölbte, antike Gang beschreibt einen vollen Kreis und gewinnt dabei 10 m an Höhe. An seinem Ende trifft man auf einen weiteren breiten Gang, der das komplexe Bauwerk vollständig durchquert. Alexander VI. ließ ihn anlegen. Er führt zunächst in die Mitte des Mausoleums zur 8 X 8 m großen Grabkammer, in deren Wandnischen die Asche der Verstorbenen in Urnen aufbewahrt wurde. Und dann tritt man auf den Cortile dell`Angelo hinaus, auf den Engelshof, wo der von Raffael de Montelupo entworfene marmorne Engel steht, der Vorgänger (bis 1752) des jetzt die Burg bekrönenden Engels.

Engelsburg

Am Cortile dell`Angelo liegen die kostbar ausgestatteten Gemächer der Renaissancepäpste mit schönen Fresken, Kaminen, Deckengemälden, luxuriösen Badezimmern, großzügigen Loggien. Von der Loggia Julius II. steigt man zur Sala Paolina hinauf, dem wohl schönsten aller Säle mit illusionistischen Fresken von dem Architekten und Maler Pellegrino Tibaldi und von Perino del Vaga, einem Schüler Raffaels. Sehenswert sind auch die Sala dei Festoni und die Sala della Biblioteca und natürlich die Schatzkammer, Sala del Tesoro, die man von der Sala della Biblioteca erreicht. Schließlich tritt man auf die obere Plattform hinaus. Der „Terrazzo del Angelo“ mit seinem atemberaubenden Ausblick auf die Ewige Stadt wird überragt von der Bronzefigur des Erzengels Michael, 1748–1752 angefertigt von dem Flamen Peter Anton von Verschaffelt, der sich in Rom Pietro Fiammingo nannte.





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