Lissabon

 

Lissabon zählt zu den schönsten Metropolen der Welt. Wie eine Diva ruht die legendäre "weiße Stadt" elegant am Tejo-Ufer zwischen den sieben Hügeln, auf denen sie erbaut wurde. Wenn man vom Fluß her kommend auf die Praça de Comércio zufährt, zeigt sie sich von ihrer allebesten Seite: die gelben, hufeisenförmigen Barockgebäude, der Cais das Colunas (Kai der Säulen), das Reiterstandbild von König Dom José I. und der Triumphbogen - einfach umwerfend.

Praca de Comércio mit Reiterstandbild und Triumpfbogen

Der unsagbare Glanz, der von der einstigen Zentrale der Weltentdeckungen ausging, ihr sorgloser Lebensrhythmus, ein gewisser Hang zur Schwermut und eine betörende Form von Dekadenz hat ein Heer von Begeisterten auf ewig in ihren Bann gezogen.

Doch der rasante Takt der Moderne hat sich auch der alten Schönen bemächtigt. Neben alten Burgzinnen und Kirchenkuppeln wachsen die Glaspaläste von Banken, Versicherungen und Einkaufszentren amerikanischen Zuschnitts aus dem rotschimmernden Häusermeer hervor. Von fatalistischer Rückwärtsgewandheit, die den Portugiesen gern nachgesagt wird, ist in der Hauptstadt kaum noch etwas zu spüren. Auch die Wehmutsmelodie Fado findet unter jungen Leuten nur noch wenige Fans. Sie arbeiten hektisch am Umbau Lissabons in eine moderne, europäische Weltstadt. Mit der "Kulturhauptstadt Europas 1994" und die EXPO '98 erlebte Lissabon die größte urbane Revolution seit dem Erdbeben von 1755. Während das Zentrum für Milliarden auf Hochglanz gebracht wurde, trifft man am Stadtrand Verhältnisse an, die man in der Dritten Welt vermutet, nicht aber in einem EU-Land: Slums, die sich wie ein Gürtel um Lissabon legen. Sie sind das Erbe der Kolonialmacht, die ihr Land nicht ernährte und ihre Kolonien erst 1975 in die Freiheit entließ.

Im Zentrum spürt man davon freilich nichts. Wer das Herz der quirligen Stadt schlagen hören will, fährt zum Rossio. Er ist wieder der Lieblingsplatz der Lisboetas, und sie sind froh, daß die jahrelangen Bauarbeiten an der Metro endlich abgeschlossen sind.

In einem der traditionellen Cafés, wie etwa dem "Nicola" (Foto oben), lassen sie genüßlich etwas Zeit verstreichen, schauen zu, wie die Metroschächte die Menschenmengen ausspucken, und hören blinde Losverkäufer mit rauher Stimme Zauberzahlen und Glücksverheißungen ausrufen. Zwischen Springbrunnen und Taxistand, Nationaltheater und Blumenfrauen begegnen sich alle Gegensätze.

Auf dem Weg in die Moderne fehlt es der Stadt an Freiraum. Topographisch steht die hügelige, engmaschige Stadt sich selbst im Weg. Das Verkehrschaos zu entwirren, ist in den engen Straßen ein heilloses Unterfangen. Erkunden Sie, wo es geht, die Stadt zu Fuß, auch wenn man dabei ganz schön ins Schwitzen kommt. Denn Lissabon ist ausgerechnet dort am Schönsten, wo man zu Fuß schon alpine Kondition mitbringen muß - oben auf den Hügeln. Viele nehmen daher die schon legendäre Straßenbahnlinie "28", die einen komfortabel, gemütlich und sehr portugiesisch zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt bringt. Geht man vom Rossio durch die Fußgängerstraße Rua Augusta, die einen herrlichen Blick auf den Triumphbogen und am Ende auch auf die Praça de Comércio bietet, gelangt man zu ihrer Haltestelle in der Rua Sé Patriarcal.

Festa de Santo António in der geschmückten Alfama

Die wuchtige, fensterlose Kathedrale wurde nach der Vertreibung der Mauren aus Lissabon 1147 auf den Grundmauern der zerstörten Moschee als Wehrkirche errichtet. Dank sorgfältiger Restaurierung ist die Romanik praktisch unversehrt geblieben. Der schlichte Grundriß bildet ein lateinisches Kreuz, dem Mittelschiff ist ein Tonnengewölbe aufgesetzt. Auch im Innenraum fehlt ihr jeder übertriebene Schmuck. Aus dem Barock stammt der prächtige Chor, die Krippe von Machado de Castro in einer Seitenkapelle am Eingang ebenfalls; der Kreuzgang ist gotisch. Wegen Ausgrabungsarbeiten ist die Sé nur teilweise zugänglich. Largo da Sé

Castelo de São Jorge

Das Castelo ist einer der schönsten Aussichtspunkte der Stadt. Von hier aus hat man einen faszinierenden umfassenden Blick auf den Tejo, die rote Stahlbrücke Ponte do 25 de Abril, die Stadthügel und die Baixa. Hier oben hat man historischen Boden unter den Füßen: Die Burg war einst römisches Forum, westgotisches Kastell, Maurenfestung und Residenz der ersten portugiesischen Könige. Heute spazieren stolze Pfauen zwischen dem Denkmal des ersten Königs D. Afonso Henrique, alten Kanonen und Ruinenresten durch die parkähnliche Anlage.

Blick über die Altstadt und auf das Castelo de São Jorge

Auf der anderen Seite der Baixa: Igreja do Carmo

Von der Karmeliterkirche sind nur noch Ruinen übrig, ein Werk des schweren Erdbebens von 1755. Seine entleerten gotischen Gewölbebögen, die etwas gespenstisch über die Grundmauern hinausragen, tragen zur markanten Skyline Lissabons bei. Der Hohlraum wurde in ein archäologisches Freiluftmuseum umfunktioniert mit Sammlungen vorgeschichtlichen bis mittelalterlichen Fundstücken. Calçada do Carmo
Metro: Rossio

Igreja de São Roque

Die schönste Kirche Lissabons und Portugals. Schlicht ist ihre Struktur, ohne Querschiff und Chorabschluß, aufwendig dagegen die Innendekoration: Sie ist über und über mit weiß-blauen Fliesen geschmückt. Keine der acht Seitenkapellen gleicht der anderen; die wertvollste ist die Capela de São João Batista (die vierte von links), die verschwenderisch mit vergoldetem Holzschnitzwerk verziert ist.
Largo Trindade Coelho

Zu den Highlights von Lissabon gehört auch der Aqueduto das Águas Livres. Das Aquädukt mit seinen insgesamt 109 Bögen und 19 Kilometern Länge ist das monumentalste, was die Welt an vergleichbaren Konstruktionen zu bieten hat; man kann sogar auf ihm spazierengehen. Seine imposantesten Ausmaße erreicht das Aquädukt im Alcântara-Tal, das es mit vierzehn gotischen Spitzbögen bis zu 65 Metern hoch überspannt. Von der Grundsteinlegung 1732 bis zum letzten Stein vergingen mehr als hundert Jahre.

Palácio dos Marqueses da Fronteira

Zwischen 1650 und 1675 wurde ein Traum wahr: João de Mascarenhas ließ einen umwerfenden Palast im Stile italienischer Renaissance anlegen. Im Park beeindruckt neben kunstvoll geschnittene Hecken die überschwengliche Azulejo-Dekorationen an Wänden, Treppen, Galerien, Arkaden und Ruhebänken. Grotten, Brunnen und Marmorstatuen von Göttern und Nymphen. Das Schloßinnere ist nur teilweise zu besichtigen, da es von der Familie bewohnt wird.
Largo de São Domingos de Benfica, 1
Metro: Sete Rios
Führungen Juni-Sept tgl. 10.30, 11, 11.30 und 12 Uhr, von Okt-Mai 11 und 12 Uhr. So geschl.

Avenida da Liberdade

Trotz des unsäglichen Verkehrs im Stadtzentrum erkämpft sich die alte Prachtstraße, Straße der Freiheit genannt, immer wieder ihre Würde. Die 90 Meter breite, 1,5 Kilometer lange Allee wird von Palmenreihen gesäumt. Brunnen plätschern mit Autohupen um die Wette, auf den schattigen Bänken suchen Lisboetas und fußmüde Touristen Entspannung. Viele der hübschen alten Stadtvillen sind mittlerweile aus dem Bild verschwunden und protzigen Palästen von Banken und Versicherungen gewichen.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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