REIHE UNTERWEGS

Süsse Konkurrenz für Wein und Sauerkraut

Zur Weihnachtszeit auf der Schokoladenstraße im Elsass

Text und Fotos: Ulrich Traub

Christophe Meyer ist ein Besessener – im besten Sinne des Wortes. Normal ist für ihn die Suche nach dem Außergewöhnlichen, das ständige Ausprobieren. Der wie ein Wasserfall und mit Händen und Füßen redende Straßburger mit den funkelnden Augen ist Maître Chocolatier, ein Schokoladenmeister. Zu seinen Kreationen gehören Pralinen aus Zypressensamen und Eis mit Brie und Trüffeln. In seiner Heimat, in der Genuss nicht mit Viel und Billig gleichgesetzt wird, ist Christophe so etwas wie ein Star.

Frankreich - Elsass - Immer auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen: Maître Chocolatier Christophe Meyer mit Eis- und Kuchen-Kreationen

Immer auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen: Maître Chocolatier Christophe Meyer mit Eis- und Kuchen-Kreationen

Das Elsass ist bekannt als Genießerparadies. Weil das so ist, bringen touristische Straßen den Reisenden Themen wie Wein und Sauerkraut nahe. Nun gibt es sozusagen den Nachtisch. Seit ein paar Jahren führt die Route du Chocolat et des Douceurs d’Alsace, die Straße der Schokolade und elsässischen Genüsse, durch die Region zwischen Rhein und Vogesen. Insgesamt 39 Stationen warten auf weniger kalorienbewusste Reisende. Zwischen Bad Bergzabern in der Pfalz und dem Sundgau an der Schweizer Grenze laden Konfiserien und Konditoreien, Lebkuchenbäcker und Konfitürenproduzenten auch zu Verkostungen und Schauvorführungen.

„Es war uns wichtig zu zeigen, dass weit mehr ausgezeichnete Produkte aus dem Elsass kommen als Wein und Sauerkraut“, erklärt André Stengel, einer der Initiatoren der Schokoladenstraße. „Das Bewusstsein für Qualität ist hier sehr ausgeprägt“, weiß er. Eine EU-Richtlinie, die erlaubt, bei der Schokoladenherstellung fünf Prozent pflanzliche Fette zu verwenden, bot den konkreten Anlass. „Die Schokolade, die in den Betrieben der Schokoladenstraße hergestellt wird, besteht zu hundert Prozent aus Kakaobutter“, informiert Stengel, der selber eine Kakaoplantage in Vietnam betreibt. „Schokolade als billiges Massenprodukt, das ist unseren Chocolatiers fremd“, betont der Elsässer.

Frankreich - Elsass - Mit ihm ist gut Kirschen essen: Bernard Antoni in seinem Geschäft

Mit ihm ist gut Kirschen essen: Bernard Antoni in seinem Geschäft

Zwar muss der Rohstoff der Schokolade weite Wege bis ins Elsass zurücklegen. Dafür stammen aber die Zutaten nicht selten aus der Region. Das Ladenlokal von Bernard Antoni wird von der Farbe Rot dominiert, dem Rot der Kirschen. Die Früchte, die in vielen seiner Produkte verarbeitet werden, bezieht der Chocolatier aus dem Elsass. Auch die Obstbrände, die manche seiner Leckereien gehaltvoller machen, werden von einem Destillateur in der Nachbarschaft gebrannt. „Gute Zutaten sind das A und O unserer Erzeugnisse“, meint Antoni und zeigt aus dem Fenster seines Geschäfts in Avolsheim (1) in Richtung Weinberge. „Wo Wein gedeiht, wird meistens auch Wert auf gute Nahrungsmittel gelegt.“ Und dazu gehören im Elsass eben die Süßigkeiten.

Frankreich - Elsass - Gut bewacht: In Obernai findet der Weihnachtsmarkt zu Füßen des alten Wehrturms statt

Gut bewacht: In Obernai findet der Weihnachtsmarkt zu Füßen des alten Wehrturms statt

Auch Christophe Meyer ist ein Fan der heimischen Produkte, aber auf etwas andere Weise, als man denken mag. „Auf meinen Wanderungen finde ich fast immer etwas, das ich verarbeiten kann.“ Zuletzt habe er frisches Tannengrün mitgebracht und daraus einen Teeaufguss bereitet. Der kam dann angereichert mit Tannenhonig als Füllung in einen Schokoladenmantel. „Fertig war meine neue Weihnachtspraline.“

Wer vor Weihnachten, nicht die schlechteste Jahreszeit, um Entdeckungen auf der Schokoladenstraße zu machen, das Elsass ansteuert, ist in Obernai (2) an einer besonders schönen und zentralen Adresse. Das hübsche und geschäftige Städtchen mit stimmungsvollen Plätzen und historischen Gassen, die noch von der alten Stadtmauer umschlossen sind, entspricht als romantische Kulisse den schönsten Vorstellungen. Und dann gibt es ja auch noch den Gastronomischen Weihnachtsmarkt an Rathaus und Glockenturm, der zu lukullischen Entdeckungen einlädt.

Ein Gläschen beim „Colonel“ genannten Winzer und schon ist man mitten im Marktgeschehen. Der Besuch beim Käsestand sei Pflicht, meint der Senior. Außerdem müsse er den Mikrobrauer empfehlen, auch wenn er ihm mit seinem süffigen Weihnachtsbier Konkurrenz mache. „Aber unbedingt probieren sollten Sie unser Lebkuchenbrot“, rät der „Colonel“ und winkt zum Stand hinüber. „Alle Produkte kommen übrigens ganz aus der Nähe“, betont er nicht ohne Stolz. Die Bäckerin freut sich, wenn man kostet. Viele gingen achtlos an den Probierhäppchen vorbei. Ein Fehler: Das Lebkuchenbrot schmeckt köstlich. Zu Recht hat sie sich das Rezept patentieren lassen. Wem der Sinn nach weiteren süßen Entdeckungen steht, wird in den Gassen Obernais, das am Schnittpunkt von Wein- und Schokoladenstraße liegt, die nötigen Kalorien finden.

Frankreich - Elsass - Im Elsässer Lebkuchenmekka: Geschäft in Gertwiller

Im Elsässer Lebkuchenmekka: Geschäft in Gertwiller

Geleitet vom Storch, der eine Tafel Schokolade im Schnabel trägt, dem Symbol der neuen Route, führt der Weg nach Gertwiller (3), dem Elsässer Lebkuchenmekka. Die beiden Traditionsbetriebe des Ortes haben nicht nur ein reichhaltiges Sortiment, sondern laden in kleinen Museen auch zu informativen und interaktiven Ausflügen in die Welt des Lebkuchens, Einblicke in die Backstuben inklusive.

Frankreich - Elsass - Installation im Schokoladenmuseum zur Herkunft der Schokolade

Installation im Schokoladenmuseum zur Herkunft der Schokolade

Keine Frage, auch ein Schokoladen-Museum darf im Elsass nicht fehlen. In Geispolsheim (4) wird der Weg von der Kakaobohne bis zum fertigen Produkt historisch, wissenschaftlich und praktisch anschaulich gemacht – einschließlich eines Chocolatiers, der die Schokolade fönt, damit sie flüssig wird, um in eine Form zu passen.

Frankreich - Elsass - Gewusst wie: Mathieu Schmitt, Chocolatier im Schokoladenmuseum,  verflüssigt die Schokolade mit einem Fön

Gewusst wie: Mathieu Schmitt, Chocolatier im Schokoladenmuseum, verflüssigt die Schokolade mit einem Fön

Wer von hier ins nahe Straßburg (5) weiterfahren möchte, braucht starke Nerven. Die Stadt bietet unter anderem mit zwölf Märkten Weihnachtsstimmung im XXL-Format – mit allem Für und Wider. Andererseits sind Christophes Chocolaterie und sein Café alleine schon einen Besuch wert. Wer sich dort eine der diversen Trinkschokoladen schmecken lässt, wird wissen, warum die Serviererin dazu ein „Bon appetit“ gewünscht hat.

Frankreich - Elsass - Bon Appetit: Eine gute Tasse Schokolade ist im Elsass eine kleine Mahlzeit

Bon Appetit: Eine gute Tasse Schokolade ist im Elsass eine kleine Mahlzeit

 

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