Die Gärten von Salagon und Thomassin

Die blühende Hochprovence

Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther

Das Frühjahr ist genau die richtige Zeit, um die Flora der Hochprovence zu genießen: gelb und blau blühenden Lein, weiß und rosa blühende Orchideen, gelb blühenden Ginster, roter Klatschmohn und gelber Rainfarn, rosaviolettes Ziströschen oder sonnengelb blühendes Etruskisches Geißblatt. Gärten wie der der Priorat von Salagon sind nicht nur ein Königreich der Düfte und Farben, sondern zugleich ein „Juwel der Botanik“, bewahren sie doch Schätze der Gartenkultur vergangener Zeiten. Vergessene Pflanzen zu erhalten ist Aufgabe des Hauses der Biodiversität am Rande von Manosque, in dessen Garten einige hundert verschiedene Obstsorten für die Nachwelt erhalten werden. Und wer mit einem sachkundigen Führer von CPIE in der Natur unterwegs ist, der erfährt von endemischen Misteln, von Helm- und anderen Orchideen und der Langsamkeit, mit der ein Wacholder wächst.

Frankreich - Provence - Kalksteingebilde in Les Mourres

Pilzförmige Kalksteingebilde in Les Mourres

In der Nähe von Limans stößt man auf bizarre Kalksteingebilde, die pilzförmigen Felsen von Mourres. Aber auch liegende Schafe, ein Krokodil oder gar Helmut Kohl meint man mit viel Fantasie in den erodierten Kalkformationen zu erkennen. Wer mit Remi, einem durchtrainierten und in der Botanik bewanderten Bergführer von CPIE unterwegs ist, der sollte des Französischen mächtig sein. Alle anderen sollten im Tourismusbüro des Pays de Forcalquier nach englischsprachigen oder deutschsprachigen Führungen fragen.

Frankreich - Provence - Wilder Lein

Wilder Lein – aus den Stängeln gewinnt man Flachs zur Tuchherstellung

Blauer Lein, Zedernwacholder und Tausendfüßer

Während Remi unterwegs noch einige Schauergeschichten über das Einwandern der Schwarzen Witwe und handtellergroßer Spinnen zum Besten gibt, stoßen wir auf einen unterirdischen Ameisenbau, dessen trichterförmiger Eingang mitten auf dem Trampelpfad errichtet wurde. Den Bau vergleicht Remi mit einem Eisberg, da 9/10 des Baus unterirdisch angelegt sind und dieser aus einem ausgefeilten Wegenetz besteht. Einige Schritte weiter bückt der sich, zupft eine blaue Blüte vom Stängel und steckt sich diese in den Mund. Bei der Blüte handelt es sich um  wild wachsende Blaue Binse, die nur deshalb hier vorkommt, weil der Verbiss von Ziegen und Schafen fehlt. Kocht man die Blüten dieser Pflanze, so Remi, kann man nach dem Zusetzen von Alaun Tinte herstellen.

Frankreich - Provence - Blauer Lein

Wie der Gelbe so liebt auch der Blaue Lein sonnige Kalktrockenhänge

Die in Les Mourres vorkommenden Pflanzen gehören zur Trockenrasen- und Heidegesellschaft, wie wir beim aufmerksamen Zuhören erfahren. Recht typisch für diesen Vegetationstyp ist der Backenklee mit kleinen weißen Blüten. Nur Schritte entfernt stößt man auf gelb blühenden Lein, dessen Blüte unter Sonneneinstrahlung ihre Farbe nach Tiefgelb und Zartblau ändern kann. Die Blüten sind ähnlich wie die der Gartenkresse essbar. Aus den Stängeln gewinnt man Flachs für das Weben von Stoffen.

Frankreich - Provence - alter Wacholder

300 Jahre alt ist dieser Wacholder

Dass nicht nur eine Art des Wacholders auf kalkhaltigem  Boden gedeiht, sondern gleich zwei, erfahren wir dank der Sachkunde von Remi. Der Gemeine Wacholder ist daran zu erkennen, dass auf der Innenseite des „Nadelblattes“ ein weißer Streifen vorhanden ist, beim gleichfalls in Les Mourres vorkommenden Zedern-Wacholder jedoch zwei zu sehen sind. Wacholderpulver eignet sich , so unser „Bergführer“, als Insektenvertilgungsmittel und zur Mottenabwehr. Da ein Zedern-Wacholder nur fünf bis sieben Millimeter im Jahr wächst, ist der dreihundert Jahre alte Wacholder, den Remi uns zeigt, nur etwa fünf Meter hoch.

Neben winterharten Steineichen – die Schneedecke kann schon mal bis zu 50 Zentimeter Höhe ausmachen – finden wir auf unserer Wanderung wilden Thymian, wilden Rosmarin, Johanniskraut und Lavendel. Eher selten sind Österreichische Schwarzkiefern. Vereinzelt steht auf einigen Flächen tiefrotes Helmknabenkraut. Der wissenschaftliche Name dieser zum Knabenkraut rechnenden Orchideenart verweist auf „Hoden“ (orchis). Die beiden haarigen Knollen der Pflanzen erinnern tatsächlich an die männlichen Geschlechtsorgane. Wundert es dann, dass man aus dem Mehl der Knollen meinte ein Potenzmittel herstellen zu können? Neben Knabenkrautarten finden wir in Les Mourres Gehörntes Ragwurz und Hummel-Ragwurz; beide sind gleichfalls wilde Orchideenarten.

Frankreich - Provence - wilde Orchidee - Ragwurz

Auch eine wilde Orchidee: Ragwurz

Ein Tausendfüßer, der unseren Weg kreuzt, wird kurzerhand zum Forschungsobjekt und verschwindet in einer kleinen Lupendose. Remi schüttelt den kleinen Kerl kräftigt durch, der daraufhin eine stinkenden Duft absetzt – eine Warnung an seine Fressfeinde.

Frankreich - Provence - Wacholdermistel

Diese Mistel kommt nur in Les Mourres vor

Eine Besonderheit in Les Mourres ist eine nur hier vorkommende Wacholdermistel, die man einst aberntete, um ein Heilmittel gegen Depressionen zu gewinnen. Während in der Ferne ein Roter Milan durch die Lüfte schwebt, berichtet Remi davon, dass es auch Bartgeier in der Gegend gebe. Weiterlaufend weist er uns auf weißen Lein hin und erwähnt die Wichtigkeit der Wacholderbeere als Nahrungsquelle für Vögel. Während wir noch das Sonnenröschen bestaunen. streut Remi in seine Erläuterungen zur hiesigen Botanik ein, dass wild wachsendes Bohnenkraut als Aphrodisiakum gilt und bei Prostatastörungen hilft. „Viagra der Provence“ nennt man daher das in Alkohol eingelegte Kraut. Mit dem Weißdorn, auch Liebesapfel genannt, gedeiht in Les Mourres eine weitere „Liebesdroge“ - diesmal für die holde Weiblichkeit bestimmt.

Noch voller Eindrücke von den zahlreichen Wildpflanzen steuern wir die Gärten von Salagon an, in denen alte Kultur- und Wildpflanzen zu sehen sind.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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