REIHE UNTERWEGS

Feine Perlung

Ein Streifzug durch die Welt des Champagners

Text und Fotos: Dagmar Krappe

Frankreich - Champagner-Reben

Champagner-Reben

1772 gründete Philippe Clicquot in Reims einen Weinhandel. Als sein Sohn 1805 starb, übernahm die junge Witwe („Veuve“) Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin das Geschäft. Sie war eine leidenschaftliche Unternehmerin und inspizierte selbst nachts ihre Weinkeller, um die Entwicklung der Cuvée zu kontrollieren. „Ihr schwäbischer Kellermeister Anton von Müller erfand 1813 das Rüttelverfahren für die Flaschengärung, damit sich die Hefe im Flaschenhals sammeln kann“, erklärt Seminarleiterin und Sommeliere Yvonne Heistermann. Drei Tage lang streift sie mit einer Gruppe Champagner-Liebhaber durch die Katakomben der französischen Kreidekeller und durch die Reben der Regionen Montagne de Reims, Vallée de la Marne und Côte des Blancs. 34.000 Hektar Kreideböden umfasst das Weinanbaugebiet der Champagne. 330 Millionen Flaschen des Edelgetränks werden jährlich produziert.

In den Bergen um Reims ist 70 Prozent der Fläche mit der Rotweintraube Pinot Noir (Spätburgunder) bestockt. Pinot Meunier (Schwarzriesling oder Müllerrebe) reift verstärkt an der Marne. An der Côte des Blancs wächst die Weißweintraube Chardonnay. „Für die Herstellung von Champagner werden nur diese drei Rebsorten in unterschiedlicher Zusammensetzung verwendet“, erläutert Yvonne Heistermann: „Pinot Noir gibt dem Wein die Fülle, Chardonnay die Finesse und Pinot Meunier die Fruchtigkeit.“ Nur wenige Produzenten verwenden zusätzlich noch ein paar alte Traubensorten wie Arbane oder Petit Meslier. Das alles wird die Gruppe in den nächsten Tagen bei diversen Champagnerverkostungen herausfinden und auch Inge aus Köln wird lernen, dass eine Müllerrebe kein Müller-Thurgau ist. „4.000 kg Trauben ergeben 2.050 Liter Saft bei der ersten Pressung. Es entsteht die Cuvée“, informiert Yvonne Heistermann: „Bei der zweiten Pressung bilden sich noch einmal 500 Liter Saft, die Taille. Sie enthält mehr Bitterstoffe. Hieraus werden größtenteils die günstigen Champagner für die Discountläden hergestellt.“

Frankreich - Haus Ayala in Ay

Haus Ayala in Ay

Ay (1) ist ein verträumtes Städtchen im Vallée de la Marne, knapp 30 Kilometer südlich von Reims. Einheimische strömen am Sonntagvormittag in die einzige Boulangerie im Ort, um frisches Baguette zu kaufen. Touristen begeben sich vom Place de la Libération auf Besichtigungstour durch den Ort und die Weinhänge. 19 Schautafeln bringen ihnen dabei die Welt des Champagners näher. Der Weg führt zu berühmten Kellereien wie Bollinger, deren Champagner schon diverse James-Bond-Darsteller und ihre Gespielinnen schlürfen durften. Die Häuser Ayala und Deutz befinden sich in der Rue Jeanson genauso wie Henri Goutorbe. „22 Hektar bewirtschaften wir“, erzählt Nicole Goutorbe beim Rundgang durch die Crayères (Kreidekeller): „Die erste Gärung erfolgt im Edelstahltank oder Eichenfass, die zweite unter Zusatz von Hefen und Zucker in der Flasche.“ Gesetzlich muss sie mindestens 15 Monate dauern, die meisten Champagner reifen aber länger. Ein Champagner altert nicht, so lange er noch auf der Hefe liegt. „Als Faustregel gilt, so lange wie er auf der Hefe lag, kann man ihn hinterher auch aufheben“, meint die Winzerin. Der älteste Champagner, den er jemals getrunken habe, stammte aus dem Jahre 1879, ergänzt ihr Mann René. Klamm ist es im Keller. Die Wände sind feucht. Die Temperatur beträgt 12 bis 14 Grad. Da es draußen – wie so oft in der Champagne – regnet, ist der Temperaturunterschied jedoch gar nicht unangenehm spürbar. In den langen Gängen stehen die Rüttelpulte, in denen noch heute Flaschen ab Magnum-Größe (1,5-Liter Inhalt) per Hand gedreht werden. „Ein guter Rüttler schafft 50.000 Flaschen am Tag“, weiß René Goutorbe.

Frankreich - Ay - Rüttelpulte

Rüttelpulte

100 Stufen geht es nach unten in die 20 Meter tiefen Stollen des Champagner-Hauses Ayala. Glühbirnen werfen ein rötliches Licht auf die schwarz-feuchten Wände. Auch hier ruhen Tausende Flaschen des prickelnden Getränks in den Labyrinthen. Auf Schiefertafeln sind die Daten der Champagner vermerkt. Ein Signalton durchbricht die Stille. Die automatische Rüttelmaschine für die normale Flaschengröße (0,75 Liter) beginnt zu arbeiten. Die Flaschen stehen in Drahtkäfigen, den Gyropaletten. Diese werden so lange gedreht und schräg gestellt, bis die Flaschen auf dem Kopf stehen.

Frankreich - Ay - Gyropaletten

Gyropaletten

An der Abfüllanlage herrscht ohrenbetäubender Lärm. Zum Degorgieren schiebt ein Greifarm die „reifen“ Champagner-Flaschen in ein Eisbad von minus 25 Grad. Der Hefepfropf gefriert und schießt durch den Überdruck aus der Flasche. Um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, wird die Versanddosage zugesetzt. Sie bestimmt den Süßegrad des Champagners und ist das Geheimnis des Önologen oder Kellermeisters.

Frankreich - Champagner-Haus Perrier - Jouët in Epernay

Champagner-Haus Perrier - Jouët in Epernay

In der Avenue de Champagne in Epernay (2) reiht sich ein Champagner-Haus ans andere. Namen wie Moët & Chandon, Perrier - Jouët, Pol Roger, Esterlin, Boizel prangen über den ehrwürdigen Eingängen. In der Kellerei de Castellane in der Rue de Verdun ist in die Kreidekeller ein Museum integriert. Als es noch keine Rüttelpulte gab, wurden die Flaschen kopfüber in Sand gesteckt und gedreht. Zum Entfernen des Hefepfropfens mussten Arbeiter eine Metallmaske aufsetzen, um sich nicht zu verletzen, wenn er herausschoss.

Champagner ist wie Musik

Frankreich - Ambonnay - Ökoweinbauer Erik Rodez

Ökoweinbauer Erik Rodez

Erik Rodez ist in Ambonnay (3) zu Hause. Er ist Ökoweinbauer und bewirtschaftet einen sechs Hektar großen Grand-Cru-Weinberg. „Champagner ist wie Musik“, meint der 52-Jährige, während er zunächst einen Blanc de Noirs, einen reinen Pinot Noir-Champagner und danach einen fruchtigen weißgelben Blanc de Blancs aus Chardonnay-Trauben kredenzt: „Musik soll langsam beginnen und sich dann steigern. Originalität und Wiedererkennungswert sind wichtig. Genauso muss es auch beim Genuss eines Champagners sein.“ Zur Schädlingsbekämpfung verwendet Rodez nur Schwefel, Kupfer, bestimmte Pflanzen und ätherische Öle. „Das Wichtigste beim Weinbau aber ist die Leidenschaft“, sagt er und prostet seinen Gästen zu.

35 Meter tief hinunter geht es am letzten Tag in die Kreideminen des Champagner-Unternehmens Ruinart in Reims (4). Der Tuchhändler Nicolas Ruinart gründete es 1729, und es rühmt sich, das älteste Champagner-Haus zu sein. Wer das Getränk bisher nur zu Begrüßung oder zum Anstoßen auf ein besonderes Ereignis kannte, der wird hier eines Besseren belehrt. Beim abendlichen Degustations-Menü wird zu jedem der fünf Gänge ein anderer Champagner serviert.

verschiedene Champagner

Verschiedene Champagner

 

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