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Ausstellungsorte in München: Museum Brandhorst / Ägyptisches Museum / Lenbachhaus

München
Museum Brandhorst

Blick auf die Sammlung

Blick auf die Sammlung

Im Museum am Rande des Museumsareals ist das Who is Who der internationalen zeitgenössischen Kunst zu finden. Sigmar Polke, Georg Baselitz, Joseph Beuys, Cy Twombly, Damien Hirst, Francesco Clemente und Mario Merz sind einige der Künstler, deren Arbeiten zu sehen sind.

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Einem zweigeschossigen Riegel gleicht das Museum, das mit einer gefalteten Blechhaut überzogen ist. Vorgehängt sind der Fassade des Museum farbige schmale Keramikstäbe. Diese 36000 Stäbe in 23 verschiedenen Farben wurden vertikal angebracht. Schaut man das Haus an, so meint man, einem

Werk der konkreten Kunst gegenüberzustehen. Das vom Architektenbüro Sauerbruch Hutton entworfene Museum befindet sich dort, wo einstmals eine Kaserne stand. Nur das Tor dieser sogenannten Türkenkaserne - es diente als Unterkunft des bayrischen Leibregiments - steht noch und beherbergt heute die Skulptur des amerikanischen Künstlers Walter De Maria „Large Red Sphere", eine 25 Tonnen schwere rot-glänzende Granitkugel, in der sich bei Sonnenschein die Alte Pinakothek spiegelt.

Das Brandthorst-Museum schließt das Münchner Kunstareal zwischen Theresien-, Barer und Türkenstraße ab. Dieses Areal besteht neben dem Museum Brandhorst aus der Alten und der Neuen Pinakothek sowie der Pinakothek der Moderne und dem Museum Reich der Kristalle. Zukünftig wird auch die Hochschule für Fernsehen und Film und das Ägyptische Museum (ab 2013) in einem Neubau an der Gabelsberger Straße das Kunstareal bereichern.

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White Cube innen, farbig außen

Außen farbig und innen ganz und gar White Cube – das ist das Konzept eines Hauses, das auf die Stiftung des Sammlerehepaars Udo and Anette Brandhorst und dessen Sammlungsbestand von zeitgenössischer Kunst zurückgreifen kann. Damien Hirst ist ebenso im Haus vertreten wie der 2011 verstorbene Cy Twombly oder Andy Warhol, die bekannteste Ikone der amerikanischen Pop Art.

Mit "Riverside" von David Claerbout (*1969) stellt die Sammlung Brandhorst ihre jüngste Neuerwerbung im Bereich der Neuen Medien vor. Der belgische Video-Künstler greift mit der Zweikanalarbeit bewusst kunsthistorische Themen auf, die er jedoch verfremdet und auf ungewöhnliche Weise vergegenwärtigt. In "Riverside" ist es die Tradition der europäischen Landschaftsmalerei, die ihm als Hintergrund einer Reflexion über die Struktur von Zeit- und Raumerfahrung dient. Das manifestiert sich im Gehen und Verweilen und im Sehen und Hören, wobei die Aspekte von Bewegung und Wahrnehmung an zwei Personen delegiert und anschaulich gemacht werden. Um der Plausibilität willen bedient sich Claerbout eines Narrativs, das er auf zwei nebeneinander platzierte Filme und getrennte Tonspuren verteilt. Während die Bilder gleichzeitig wahrgenommen werden können, empfängt der Betrachter das jeweilige akustische Geschehen nur über Kopfhörer. Die Geschichte ist denkbar einfach: Ein junger Mann hat einen Fahrradunfall und ruft in der Einsamkeit per Handy um Hilfe. Eine junge Frau (seine Freundin?) nimmt den Anruf entgegen, steigt ins Auto und fährt in das abgelegene Tal. Da dort von dem Verunglückten nichts zu sehen und zu hören ist, macht sie sich auf die Suche, während er seinerseits in der Annahme, es komme niemand, bereits davon gehumpelt ist. Beide durchstreifen das beschaulich anmutende Gelände und folgen einem sich durch das Tal schlängelnden und gluckernden Bach. Beunruhigung und Schmerz beeinträchtigen jedoch den Blick auf die schöne, geläuterte Natur. Zu verschiedenen Zeiten gelangen sie an dieselben Stellen, verweilen beispielsweise länger auf einem über das Wasser gelegten Baumstamm, treffen sich jedoch nicht und gehen in verschiedenen Richtungen davon. Das alles erscheint, je länger der Film andauert, zunehmend unwahrscheinlich. Die so liebliche Landschaft gewinnt allmählich unheimliche Aspekte, und zwar ganz besonders, als Mann und Frau nacheinander auf eine verlassene Hütte mit einer blutenden Jagdbeute im Innern stoßen. Sie geistern ratlos und entmutigt weiter durch das spätherbstliche Land, ohne Ziel und ohne Chance, einander zu finden. Ihre Blicke richten sich auf Nahes oder Fernes und erfassen lauter Bilder, die wie Postkarten wirken und alle Klischees traditioneller Landschaftsdarstellungen aufrufen. Und auch akustisch ist ihre Wahrnehmung auf das linke bzw. rechte Ohr beschränkt.

Zerbeultes Autoblech sowie Hammer und Sichel

Weitgehend luftig gehängt präsentiert sich die Sammlung. Dank des offenen Galeriekonzepts sind vielfältige Blicke auf die Sammlungsexponate möglich. So kann man vom Treppenhaus aus den ersten kurzen Blick auf Mario Merz' Umgang mit der Fibonacci-Zahlenreihe werfen. Verchromtes und bemaltes zerbeultes und geknautschtes Autoblech lenkt im Treppenhaus zudem die Blicke der Besucher auf sich. John Chamberlain ist „Piece Pockets“ geschuldet. Diese wie auch andere Arbeiten des amerikanischen Künstlers werden aus Karosserieblech und glänzenden Stoßstangen von amerikanischen Straßenkreuzern gefertigt. Aus diesem Material entstehen neue skulpturale Werke in „organischer Formensprache“. Mit gestischem Duktus hat Andy Warhol Hammer und Sichel auf die Leinwand gemalt „Champion No 13“ ist auf dem Sichelgriff zu entziffern. Entstanden ist dieses „Stillleben“ 1976. Es hebt sich wohltuend von den bekannten seriellen Arbeiten Warhols, ob „Mao“ oder „Monroe“ ab. Zu Warhol gesellt sich Georg Baselitz, dessen Apfelbäume Kopf stehen, aber der „Kopfstand“ ist für Baselitz ja ein „Markenzeichen“, ohne dass deutlich wird, ob Baselitz damit eine besondere Botschaft verbindet oder sich nur aus der Menge der zeitgenössischen deutschen Maler wie Immendorf, Polke oder Lüpertz abzuheben versucht

Filz muss es sein

Der „Altmeister“ deutscher Nachkriegskunst, Joseph Beuys, ist auch in der Sammlung vertreten. Eine an den Ecken mit Filz ausgepufferte Kupferkiste wurde in Beuys' Händen zum Kunstwerk „Dumme Kiste“. Rotes Segeltuch hat an einer der Raumwände seinen Platz. Dabei handelt es sich um eine unbetitelte Arbeit von Richard Tuttle, der gleichsam ein zweidimensionales Zeltdach schuf. „Minimalistisch“ ist auch das Werk von James Lee Byars bestehend aus einer kirschholzfarbenen Vitrine, in der eine Kugel aus Berner Sandstein zur Schau gestellt wird: „The Lucky Stone“ nannte der Künstler seine Arbeit.

Nein, nicht seine bekannten Cut outs zeigt man in München, sondern andere Arbeiten, die Alex Katz' Handschrift zeigen, so seinen nächtlichen West Palm Beach mit konischen Lichtreflexionen im Wasser. Melancholisch und wenig verliebt sind Mann und Frau in Katz' Gemälde „Couple“. Gespenstisch und in der Manier von Magritte erscheint dem Betrachter das Gemälde „City Landscape“ - eine menschenleere nächtliche Szenerie: Zwischen blattlosen Bäumen dringt das grelle Großstadtlicht durch. Inzest oder nicht – das ist die Frage beim Anblick von Eric Fischls Gemälde „Daddys Girl“: Daddy im Liegestuhl nackt liegend umklammert seine ebenfalls splitterfasernackte Tochter. Im Hintergrund erblickt man das Familiendomizil für den Sommer: einen Strandbungalow ganz im International Style.

Beim weiteren Rundgang stoßen die Besucher des Museums auf eine weitere zum Sammlungsbestand des Hauses gehörende „Skulptur“ aus Autoblech: Es handelt sich um Chamberlains dreiteilige Arbeit „Lilith (Full, Quarter, and no Moon)“. Während Francesco Clemente uns in die Wüste New Mexicos entführt, konfrontiert uns Mario Merz in seiner Arbeit „Numeri in Colonna“ mit der Mathematik des Herrn Fibonacci, der sich mit der Vermehrungsrate von Karnickeln befasste. In grellem Neonblau leuchten die Ziffern 1, 1 2, 3, 5, 8, 13, 27, 36 und 55 auf – und der Besucher steht staunend und grübelnd davor. Wer war denn nochmal Fibonacci, denkt er vielleicht und versucht sich an Mathematikstunden zu erinnern, die lange zurückliegen. Merz verdanken wir auch einen aus Stoffkissen gestalteten Iglu, auf dem in blauer Neonschrift in Italienisch zu lesen ist: „Nie Stein auf Stein gehoben“ - zutreffend für einen Iglu, der ja aus Schnee- oder Eisblocks gebaut wird.

Bunte Pillen und Medizinabfall

Hatte der eine oder andere gehofft, nicht auf Warhols Serienarbeiten zu stoßen, wird sich angesichts von „Last Supper“ die Augen reiben: Man sieht Jesus gleich mehrfach kopiert, aber nicht seine Jünger wie in da Vincis berühmten Gemälde „Das letzte Abendmahl“. Sigmar Polke „antwortet“ auf das „Letzte Abendmahl“ mit seiner Punkt für Punkt gerasterten „Marienerscheinung“. Auch Joseph Beuys begegnet der Besucher erneut, diesmal in Gestalt eines Porträts, das Warhol schuf. Die „Beglückungen der Menschheit“ durch die vielfältigen Produkte der Pharmakonzerne nahmDamien Hirst aufs Korn, als er sein riesiges Regal mit bunten Pillen schuf: "In this terrible Moment we are victims clinging helplessly to an environment that refuses to acknowledge the soul" lautet der sperrige Titel der „Installation“. Mit „Waste Twice“ bleibt Hirst beim Thema Medizin: In zwei Glasvitrinen ist medizinischer Abfall wie Einmalspritzen, Bandagen, Plastikhandschuhe, Kanülen, Pflaster und Spatel gesammelt worden. Angesichts der Müllberge fragt man sich, in welchem Zeitraum eine solche Menge Müll, teilweise Sondermüll, angefallen ist.

Die Schlacht von Lepanto

Das Highlight der Sammlung ist das mehrteilige, als „Panoramagemälde“ konzipierte Werk „Lepanto“ von Cy Twombly. Mit Hilfe einer naiven, an Felsritzungen erinnernden Gestaltung des Schlachtengetümmels im Golf von Patras im Jahr 1571 schuf Twombly eine moderne Version eines Historiengemäldes. Zwölf Teile machen das Werk aus, in dem zwar keine der 8000 toten Soldaten des spanischen und päpstlichen Heeres zu sehen sind, aber mittels der grellen gelben und roten Farbdrippings der Kugelhagel und die Brände eingefangen wurden, die das Schlachtgetümmel erahnen lassen . Abschließend sei auf Twomblys zahlreiche großformatige Stillleben mit Rosen hingewiesen, die ebenfalls im Bestand des Museums sind. (c) fdp

Museum Brandhorst
museum-brandhorst.de/en.html

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