Ausstellungsorte in
Leipzig Musikinstrumentenmuseum / Museum der Bildenden Künste /Zum Arabischen Coffe Baum/ Grassimuseum
Leipzig
Zum Arabischen Coffe Baum
• Zur Geschichte von Kaffee und Kaffeehauskultur laufend
text: ferdinand dupuis-panther
Der "Kaffeegott" der Portalplastik lädt ins Museum, Foto
Thilo Kühne
Europa und Arabia felix
In den obersten Etagen des äußerlich schlicht gestalteten Hauses
ist das Museum »Zum Arabischen Coffe Baum« untergebracht,
das sich mit der Geschichte des Kaffeehauses und des Kaffees beschäftigt.
Vom Leipziger Poeten Wilhelm Zachariä stammen folgende Zeilen über
den »Arabischen Coffe Baum«: »So streckt das stolze
Haus den Giebel in die Lüfte/Und hüllt das hohe Dach in ewgen
Hauch und Düfte/Der Eingang zeigt sogleich in einer Schilderey/ Daß
dies des Kaffeegottes Tempel sey ...« Zu sehen ist als Hausschild
die plastische Darstellung eines herausgeputzten arabischen Kaufmanns,
der sich vom Liebesgott Amor mit Kaffee verwöhnen lässt, derweil
er sich im Schatten eines Kaffeestrauches bequem niedergelassen hat. Dieses
Hauszeichen stellt gleichsam die Begegnung zwischen Europa und Arabia
Felix dar. Stifter der opulent gestalteten Plastik soll August der Starke
gewesen sein, der mit der Wirtin Lehmann eine Tändelei gehabt haben
soll. Der prächtige Hauschmuck sollte wohl eine Art Liebeslohn sein.
Vom Strauch zur Bohne
In verschiedenen winzigen Räumen in den obersten Geschossen kann
der Besucher einen Blick in eine orientalische Kaffeestube und eine orientalische
Küche werfen. Doch zuvor sollte man sich die Videopräsentation
ansehen, erfährt man darin doch Wissenswertes über Anbau und
Ernte der Kaffeebohnen, vom Trocknen und vom Rösten. Wer weiß
schon, dass allein in Kolumbien jedes Jahr 12 Mio. Säcke à
60 Kilogramm verkauft werden.
Die besten Bohnen dienen der Sicherung des Bestandes. Bereits nach acht Monaten ist die Pflanze plantagentauglich. Schon in den ersten beiden Jahren trägt der Kaffeestrauch Früchte und ist für die nächsten 25 Jahre ertragreich. Weltweit entspricht übrigens der Kaffeeverbrauch 100 Mio. Säcken Rohkaffee, glaubt man den Ausführungen der Videodokumentation des Hauses.
Historische Kaffeewerbung,
(c) Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Kaffeeröster und Kaffeeschälchen
Nun widmen wir uns beim Gang durch die zweite und dritte Etage dem »Schälchen
Heeßen«, das dem herausgeputzten Osmanen über dem Eingang
auch mundete. Nein, Duft von geröstetem Kaffee dringt dem Besucher
nicht in die Nase, wenn er vor der orientalischen Küche steht, wenn
auch ein Pfannenröster auf dem Herd steht. Die Kaffeegefäße
stehen ungefüllt auf dem Regal. Kaffeemörser und Kaffeeschälchen
gehören zur Kaffeehauskultur ebenso wie das Damespiel, dem man im
arabischen Kaffeehaus nachging. Statt Porzellantassen trank man bisweilen
aus verzierten Kürbisschalen und schenkte den Kaffee mit einer Messingkanne
(Marokko um 1900) ein.
Blick in die orientalische Küche, Foto Thilo Kühne
Wie kam der Kaffee nach Arabia felix?
Nach wie vor ungeklärt ist, wer eigentlich den Kaffeestrauch auf
die Arabische Halbinsel gebracht hat. Klar ist nur, dass sich zwischen
1450 und 1600 die Kultivierung der Pflanze von Südjemen ausgehend
über die gesamte arabische Welt ausbreitete. Dass man die aromatische
Kaffeebohne für die Herstellung eines leckeren Heißgetränks
nutzen konnte, war, so wird überliefet, nur dem Umstand zu verdanken,
dass man beim Abbrennen eines Kaffeestrauchs auf den intensiven Kaffeegeruch
stieß. Das Rösten über einem Feuer, das Zerkleinern der
Bohnen und Übergießen mit heißem Wasser war die Lösung
für die Gewinnung von Kaffee.
Kaffee wurde in Europa im 18. Jahrhundert besonders populär. Gleichzeitig entstand ein Boom in der Herstellung von Kaffeemühlen, auch in Leipzig. Eine kleine Sammlung gibt einen Einblick in unterschiedliche Formen von Kaffeemühlen. Man stellte sie aus Eisenblech ebenso her wie aus Bakelit. Zumeist waren es Handmühlen mit Kegelmahlwerk. Auch Schoßmühlen mit feinen Intarsien wurden angefertigt.
Freimaurerinsignien und -anzug (c) Stadtgeschichtliches
Museum Leipzig
Freimaurertreffpunkt Kaffeehaus
Cafés waren ab 1800 beliebte Treffpunkte der Leipziger Freimauer.
Mitglieder der Loge Minerva von den drei Palmen und Balduin zur Linde
trafen sich in Cafés, um ihre geheimen Versammlungen abzuhalten.
Kein Außenstehender hatte Einblick in die Rituale der Freimaurer.
Freimaurer war auch der Schöpfer von »Nathan, dem Weisen«.
Lessing war in seiner Leipziger Zeit häufig Gast im »Arabischen
Coffe Baum«. Legendär war der Leipziger Kaffeehauswirt Georg
Schrepler, der mit seinem Geisterapparat in einer Winkelloge Kontakt mit
dem Jenseits aufnahm – so glaubten seine unbedarften »Opfer«..
Glücksspiele und Damenkränzchen
Schwarz-Weiß-Aufnahmen vom Café Panorama und Café
Jägerhof aus der Zeit um 1900 vermitteln einen ersten Eindruck von
der Kaffeehauskultur jener Wendezeit. Nach der Pogromnacht am 9. November
1938, als es Bürgern mosaischen Glaubens untersagt war, Lokale und
Cafés zu besuchen, hielt in Leipzig allein die Gaststätte
Silberstein ihre Türen für jüdische Mitbürger geöffnet.
Espresso-Maschine Marke Moka Efti, Foto Thilo Kühne
Glückspiele und Kartenspiele waren im 18. Jahrhundert verboten,
doch gespielt wurde dennoch: Rauschen, Würfeln und Bassetta. Beliebt
war auch das Schachspiel. Damen trafen sich nicht zum Kartenspiel, sondern
zum Kaffeeklatsch. Mit der Entwicklung der Kaffeehauskultur im 19. Jahrhundert
ging auch die vermehrte Herstellung von Porzellanfiguren und Kaffee- und
Teeservicen einher. Sehr beeindruckend ist das ausgestellte Service mit
rötlichem Korallendekor, das zwischen 1846 und 1857 produziert wurde.
Nicht nur Sammeltassen
Dem Thema Porzellan, das weiße Gold, widmet sich ein eigener Rundgang.
Gezeigt werden nicht nur Porträt- und Sammeltassen, sondern auch
Porzellan aus Meißen. Man stellte sogar ein besonderes Service fürs
Boudoir, diesem Zimmerchen zwischen Schlaf- und Wohnzimmer, her. Hier
zogen sich die Herrschaften im Morgenmantel und Negligé zurück,
um die erste Tasse Kaffee am Morgen zu genießen.
Bachs Kaffeehauskantate
Und gehört nicht das Lesen von Kaffeesatzfiguren zur Geschichte des
Kaffeehauses? Diese Figuren diente dazu, unter anderem das Glück
in Kürze vorherzusagen. Und was wäre schließlich die Geschichte
des Kaffeehauses ohne Bachs Kaffeehauskantate, die selbstverständlich
im Museum gewürdigt wird. Entstanden ist sie in einem der bekannten
Leipziger Kaffeehäuser, Zimmermanns Kaffeehaus in der Katharinenstraße.
Die dramatische Kantate mit Schlendrian und Lieschen als Hauptpersonen
endet mit dem Schlusschor: » Die Katze
läßt das Mausen nicht,/ Die Jungfern bleiben Kaffeeschwestern./
Die Mutter liebt den Kaffeebrauch,/ Die Großmama trank solchen auch,/
Wer will nun auf die Töchter lästern!« Mit
dieser Kantate, die eher an eine Moritat erinnert, kann man den Besuch
im »Arabischen Coffe Baum« ausklingen lassen, allerdings nicht,
ehe man zuvor, Leipziger Lerchen und eine Tasse Kaffee genossen hat. Doch
warum hört man nicht Mozarts: »C, A F, F, E, E ... trink nicht
so viel Caffee/Nicht für Kinder ist der Türkentrank, / schwächt
die Nerven, macht dich blass und krank. / Sei doch kein Muselman, der
ihn nicht lassen kann ...«?
Museum Zum Arabischen Coffe Baum
http://www.coffe-baum.de/museum/index.php
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