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Ausstellungsorte in Leipzig Musikinstrumentenmuseum / Museum der Bildenden Künste /Zum Arabischen Coffe Baum/ Grassimuseum

Leipzig
Zum Arabischen Coffe Baum

• Zur Geschichte von Kaffee und Kaffeehauskultur laufend
text: ferdinand dupuis-panther

Im Herzen der Leipziger Altstadt befindet sich eines der ältesten Kaffeehäuser Deutschlands. Seit 1711 wird hier der Sachsen liebstes Getränk, der Kaffee, ausgeschenkt. Das außergewöhnliche Hauszeichen gab dem Haus seinen Namen »Zum Arabischen Coffe Baum«. In den historischen Gasträumen verbrachte Robert Schumann zwischen 1828 und 1844 ungezählte Stunden. Penibel notierte er in seinem Tagebuch, wen er hier traf und wie viel Geld er beim Wirt gelassen hat. Zu den berühmten Gästen des Hauses gehörten außerdem der Maler Max Klinger, aber auch Dichter wie Gotthold Ephraim Lessing oder Friedrich Gottlob Klopstock. Illuster war auch die Schar derer, die sich in der ersten Etage traf, als die Studentenverbindung Lusatia sich dort eingemietet hatte. Später war dann das Leipziger Künstlercafé in den Räumlichkeiten untergebracht.


Der "Kaffeegott" der Portalplastik lädt ins Museum, Foto Thilo Kühne

Europa und Arabia felix
In den obersten Etagen des äußerlich schlicht gestalteten Hauses ist das Museum »Zum Arabischen Coffe Baum« untergebracht, das sich mit der Geschichte des Kaffeehauses und des Kaffees beschäftigt. Vom Leipziger Poeten Wilhelm Zachariä stammen folgende Zeilen über den »Arabischen Coffe Baum«: »So streckt das stolze Haus den Giebel in die Lüfte/Und hüllt das hohe Dach in ewgen Hauch und Düfte/Der Eingang zeigt sogleich in einer Schilderey/ Daß dies des Kaffeegottes Tempel sey ...« Zu sehen ist als Hausschild die plastische Darstellung eines herausgeputzten arabischen Kaufmanns, der sich vom Liebesgott Amor mit Kaffee verwöhnen lässt, derweil er sich im Schatten eines Kaffeestrauches bequem niedergelassen hat. Dieses Hauszeichen stellt gleichsam die Begegnung zwischen Europa und Arabia Felix dar. Stifter der opulent gestalteten Plastik soll August der Starke gewesen sein, der mit der Wirtin Lehmann eine Tändelei gehabt haben soll. Der prächtige Hauschmuck sollte wohl eine Art Liebeslohn sein.

Vom Strauch zur Bohne
In verschiedenen winzigen Räumen in den obersten Geschossen kann der Besucher einen Blick in eine orientalische Kaffeestube und eine orientalische Küche werfen. Doch zuvor sollte man sich die Videopräsentation ansehen, erfährt man darin doch Wissenswertes über Anbau und Ernte der Kaffeebohnen, vom Trocknen und vom Rösten. Wer weiß schon, dass allein in Kolumbien jedes Jahr 12 Mio. Säcke à 60 Kilogramm verkauft werden.

Die besten Bohnen dienen der Sicherung des Bestandes. Bereits nach acht Monaten ist die Pflanze plantagentauglich. Schon in den ersten beiden Jahren trägt der Kaffeestrauch Früchte und ist für die nächsten 25 Jahre ertragreich. Weltweit entspricht übrigens der Kaffeeverbrauch 100 Mio. Säcken Rohkaffee, glaubt man den Ausführungen der Videodokumentation des Hauses.


Historische Kaffeewerbung,
(c) Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

Kaffeeröster und Kaffeeschälchen
Nun widmen wir uns beim Gang durch die zweite und dritte Etage dem »Schälchen Heeßen«, das dem herausgeputzten Osmanen über dem Eingang auch mundete. Nein, Duft von geröstetem Kaffee dringt dem Besucher nicht in die Nase, wenn er vor der orientalischen Küche steht, wenn auch ein Pfannenröster auf dem Herd steht. Die Kaffeegefäße stehen ungefüllt auf dem Regal. Kaffeemörser und Kaffeeschälchen gehören zur Kaffeehauskultur ebenso wie das Damespiel, dem man im arabischen Kaffeehaus nachging. Statt Porzellantassen trank man bisweilen aus verzierten Kürbisschalen und schenkte den Kaffee mit einer Messingkanne (Marokko um 1900) ein.


Blick in die orientalische Küche, Foto Thilo Kühne

Wie kam der Kaffee nach Arabia felix?
Nach wie vor ungeklärt ist, wer eigentlich den Kaffeestrauch auf die Arabische Halbinsel gebracht hat. Klar ist nur, dass sich zwischen 1450 und 1600 die Kultivierung der Pflanze von Südjemen ausgehend über die gesamte arabische Welt ausbreitete. Dass man die aromatische Kaffeebohne für die Herstellung eines leckeren Heißgetränks nutzen konnte, war, so wird überliefet, nur dem Umstand zu verdanken, dass man beim Abbrennen eines Kaffeestrauchs auf den intensiven Kaffeegeruch stieß. Das Rösten über einem Feuer, das Zerkleinern der Bohnen und Übergießen mit heißem Wasser war die Lösung für die Gewinnung von Kaffee.

Kaffee wurde in Europa im 18. Jahrhundert besonders populär. Gleichzeitig entstand ein Boom in der Herstellung von Kaffeemühlen, auch in Leipzig. Eine kleine Sammlung gibt einen Einblick in unterschiedliche Formen von Kaffeemühlen. Man stellte sie aus Eisenblech ebenso her wie aus Bakelit. Zumeist waren es Handmühlen mit Kegelmahlwerk. Auch Schoßmühlen mit feinen Intarsien wurden angefertigt.


Freimaurerinsignien und -anzug (c) Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

Freimaurertreffpunkt Kaffeehaus
Cafés waren ab 1800 beliebte Treffpunkte der Leipziger Freimauer. Mitglieder der Loge Minerva von den drei Palmen und Balduin zur Linde trafen sich in Cafés, um ihre geheimen Versammlungen abzuhalten. Kein Außenstehender hatte Einblick in die Rituale der Freimaurer. Freimaurer war auch der Schöpfer von »Nathan, dem Weisen«. Lessing war in seiner Leipziger Zeit häufig Gast im »Arabischen Coffe Baum«. Legendär war der Leipziger Kaffeehauswirt Georg Schrepler, der mit seinem Geisterapparat in einer Winkelloge Kontakt mit dem Jenseits aufnahm – so glaubten seine unbedarften »Opfer«..

Glücksspiele und Damenkränzchen
Schwarz-Weiß-Aufnahmen vom Café Panorama und Café Jägerhof aus der Zeit um 1900 vermitteln einen ersten Eindruck von der Kaffeehauskultur jener Wendezeit. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938, als es Bürgern mosaischen Glaubens untersagt war, Lokale und Cafés zu besuchen, hielt in Leipzig allein die Gaststätte Silberstein ihre Türen für jüdische Mitbürger geöffnet.


Espresso-Maschine Marke Moka Efti, Foto Thilo Kühne

Glückspiele und Kartenspiele waren im 18. Jahrhundert verboten, doch gespielt wurde dennoch: Rauschen, Würfeln und Bassetta. Beliebt war auch das Schachspiel. Damen trafen sich nicht zum Kartenspiel, sondern zum Kaffeeklatsch. Mit der Entwicklung der Kaffeehauskultur im 19. Jahrhundert ging auch die vermehrte Herstellung von Porzellanfiguren und Kaffee- und Teeservicen einher. Sehr beeindruckend ist das ausgestellte Service mit rötlichem Korallendekor, das zwischen 1846 und 1857 produziert wurde.

Nicht nur Sammeltassen
Dem Thema Porzellan, das weiße Gold, widmet sich ein eigener Rundgang. Gezeigt werden nicht nur Porträt- und Sammeltassen, sondern auch Porzellan aus Meißen. Man stellte sogar ein besonderes Service fürs Boudoir, diesem Zimmerchen zwischen Schlaf- und Wohnzimmer, her. Hier zogen sich die Herrschaften im Morgenmantel und Negligé zurück, um die erste Tasse Kaffee am Morgen zu genießen.

Bachs Kaffeehauskantate
Und gehört nicht das Lesen von Kaffeesatzfiguren zur Geschichte des Kaffeehauses? Diese Figuren diente dazu, unter anderem das Glück in Kürze vorherzusagen. Und was wäre schließlich die Geschichte des Kaffeehauses ohne Bachs Kaffeehauskantate, die selbstverständlich im Museum gewürdigt wird. Entstanden ist sie in einem der bekannten Leipziger Kaffeehäuser, Zimmermanns Kaffeehaus in der Katharinenstraße. Die dramatische Kantate mit Schlendrian und Lieschen als Hauptpersonen endet mit dem Schlusschor: » Die Katze läßt das Mausen nicht,/ Die Jungfern bleiben Kaffeeschwestern./ Die Mutter liebt den Kaffeebrauch,/ Die Großmama trank solchen auch,/ Wer will nun auf die Töchter lästern!« Mit dieser Kantate, die eher an eine Moritat erinnert, kann man den Besuch im »Arabischen Coffe Baum« ausklingen lassen, allerdings nicht, ehe man zuvor, Leipziger Lerchen und eine Tasse Kaffee genossen hat. Doch warum hört man nicht Mozarts: »C, A F, F, E, E ... trink nicht so viel Caffee/Nicht für Kinder ist der Türkentrank, / schwächt die Nerven, macht dich blass und krank. / Sei doch kein Muselman, der ihn nicht lassen kann ...«?

Museum Zum Arabischen Coffe Baum
http://www.coffe-baum.de/museum/index.php

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