St. Aurelius in Hirsau
Die meisten Besucherinnen und Besucher der Hirsauer Klosterruine versäumen es, anschliessend den fünfminütigen Fußweg über die Nagoldbrücke zu nehmen und St.Aurelius zu besichtigen, sicherlich eines der beeindruckendsten romanischen Bauwerke in Württemberg.
Die Wiederherstellung des Langhauses der ehemals wesentlich größeren Kirche gilt als besonders geglücktes Beispiel von Denkmalpflege. In dem Raum mit den mächtigen Säulen, der bewußt im Halbdunkel gehalten ist, haben namhafte Künstler an der Ausstattung mitgewirkt: Der Bildhauer Otto Herbert Hajek aus Stuttgart, der das Reliquiar (den Heiligenschrein) in Kastenform geschaffen hat, und Kunstmaler Prof. Wilhelm Geyer aus Ulm, der die neun Glasfenster entwarf. Hajek erarbeitete auch die beiden Figurenreliefs hinter dem Altar, ein Monolith aus Alpirsbach im Schwarzwald.
Die Altarplatte im linken Seitenschiff mit der Holzfigur einer spanischen Madonna (um 1400) zeigt einen Gesimsstein aus dem zerstörten St.Peter und Paul-Kloster mit dem sog. Hirsauer Schachbrett-Muster.
Anläßlich der Renovierung der Kirche machte man 1955 einen aufsehenerregenden Fund, als Flechtwerkplatten, wohl langobardischen Ursprungs, mit Schnurornamentik entdeckt wurden.
Seinen
düsteren Charakter hat der Torso der romanischen St.Aureliuskirche,
heute wieder katholisches Gotteshaus, auch nach der Renovierung behalten,
was den baulich großartigen Eindruck nur noch verstärkt.
Ein
Vorschlag des Papstes
Die Reliquien des Heiligen Aurelius waren um 830 von Mailand nach
Hirsau überführt worden. Von 838 bis um 1000 bestand dort eine erste
Aureliuskirche. Vom Kloster-Neubau überzeugte Papst Leo IX. um 1050
seinen Neffen, den Grafen Adalbert II. von Calw. 1059 bis 1071 wurde
eine dreischiffige Basilika mit zwei Westtürmen errichtet. Ein Abt
und zwölf Benediktinermönche kamen 1065 aus Mariä Einsiedeln in der
Schweiz in den Nordschwarzwald. Mit der Klosterreform wurde St.Aurelius
zu klein, der Neubau des Klosters St.Peter und Paul auf dem gegenüberliegenden
Nagoldufer entstand.
Eine
Kirche als Autogarage
Nachdem das Aureliuskloster württembergischer Besitz geworden war,
ließ Herzog Ludwig 1585 die Türme, den Chor und das Querschiff abbrechen.
Ins Langschiff zog die Forstverwaltung mit einem Magazin ein. Die
"steinerne Scheuer", tatsächlich ein romanisches Baudenkmal,
wurde 1813 sogar auf Abbruch verkauft, blieb aber glücklicherweise
erhalten, wenn auch als Stall, Saffranfabrik-Lager, Turnhalle, Autogarage
u.a.m. zweckentfremdet. 1955/56 endlich erfolgte die Renovierung und
Neuweihe als katholische Gemeindekirche; die Reliquie wurde aus Zwiefalten
auf der Schwäbischen Alb ins Nagoldtal rücküberführt.
Am Ort des ehemaligen
Kreuzganges von St. Aurelius wurde nach mittelalterlichem Vorbild
ein Klostergärtlein mit 50 verschiedenen Pflanzen angelegt.
Die Kirche St. Aurelius ist von Mo-So von 10-17 Uhr geöffnet.