Reiseführer Belfast

Tour 2: Das Lagan-Ufer

Die im Text auftauchenden Zahlen in Klammern verweisen auf den Standort in unserer Belfast-Karte

Nur wenige hundert Meter weiter östlich wartet das Ufer des River Lagan mit zahlreichen Blickfängen auf. Das Custom House (4) am Donegall Quay, erbaut zwischen 1854 und 1857, wurde von Sir Charles Lanyon entworfen. Den Giebel zieren die Figuren von Britannia, Neptun und Merkur. Heute beherbergt das ehemalige Zollgebäude eine Sammlung von Gemälden mit vorwiegend maritimen Motiven. Anthony Trollope (1815-1882) soll viele Jahre als Inspektor im Custom House seinen Dienst getan haben. Bekannt wurde der Schriftsteller vor allem für seine Romanchroniken, die Barchester-Reihe und Palliser-Reihe, in denen er ein detailliertes Bild der Oberschicht in der viktorianischen Gesellschaft zeichnete.

Reiseführer Belfast - Custom House mit dem Big Fish

Das Custom House mit dem Big Fish

Vor dem Zollamt zieht eine monumentale Skulptur von John Kindness die Blicke auf sich: Big Fish, ein überdimensionaler blau-weißer Fisch, der an die Rückkehr der Lachse in den River Lagan erinnert, nachdem die Wasserqualität des Flusses merklich verbessert wurde. Überhaupt hat Belfast in den letzten anderthalb Jahrzehnten sein Uferviertel neu entdeckt und dem Gebiet um den gezeitenabhängigen Lagan mit gewaltigen Investitionen neues Leben eingehaucht.

Über Jahrzehnte war der Fluss vernachlässigt worden, war kaum mehr als eine matschige, verschmutzte Fahrrinne. Weil der Tidenhub bis zu drei Meter beträgt, war der Lagan nicht nur ein Schandfleck, sondern sorgte - vor allem in den Sommermonaten – für einen permanenten Gestank. Und so wurde binnen drei Jahren rund 80 Meter flussabwärts der Queen Elizabeth Bridge mit dem Lagan Weir (5) ein futuristisches Wehr errichtet. 30.000 Tonnen Beton wurden verbaut, 60.000 Steine zum Verfüllen herangekarrt, 100.000 Kubikmeter Schlamm abgetragen. Und – kleine Fußnote am Rande - die Bauarbeiter verbrauchten während der Bauzeit 84.763 Teebeutel! 1994 konnte Umweltminister Tim Smith das monumentale Bauwerk offiziell seiner Bestimmung übergeben. Mit Hilfe von fünf computergesteuerten Toren kann nun das Wasserniveau kontrolliert werden. Im oberen Flussabschnitt wurde zudem eine Umwälzanlage installiert, die Salz- und Frischwasser mischt und dem Ganzen Sauerstoff zuführt.

Parallel dazu entstanden an beiden Seiten des Ufers schicke Wohnkomplexe und Hotels sowie die 1997 eingeweihte Waterfront Hall (6) (Lanyon Place, Laganside), eine moderne Konzerthalle, deren Auditorium zweitausend Besuchern Platz bietet. Alles Wissenswerte zur Revitalisierung des Stadtteils und rund um die Umgestaltung des Lagan und seiner Uferzonen, aber auch zur Geschichte von Hafen und Handwerk in Belfast kann im Lagan Lookout Visitor Centre (7) (Donegall Quay, Eintritt frei)  am gleichnamigen Wehr erfahren werden.

An der gegenüberliegenden Flussseite öffnete im Jahre 2000 das Odyssey (8) (2 Queen's Quay) seine Pforten. Das Veranstaltungszentrum nennt neben einer multifunktionalen Arena mit 10.000 Plätzen, der Heimat des Eishockeyteams Belfast Giants, Bars, Restaurants und einen Kinokomplex sein Eigen.

Daneben ist in dem Freizeittempel das Whowhatwherewhenwhy, kurz W5 (2 Queen´s Quay, Öffnungszeiten: montags bis samstags 10-17 Uhr, sonntags 12-18 Uhr), angesiedelt. Bei der Namensgebung für das Wissenschaftsmuseum standen die fünf meist gebrauchten Fragewörter Pate: Wer? Was? Wo? Wann? Warum? Das interaktive Zentrum erklärt physikalische Gesetze, wobei die Themen Energie und Bewegung besondere Schwerpunkte bilden. Es macht mit der Welt der Sinne vertraut, insbesondere mit Licht und Ton. Das Zentrum erlaubt den Besuchern aller Altersgruppen, ihre kreativen Ideen auf vielerlei Art direkt zu erproben. So können kleine Engel mit der ”Laserharfe” spielen und Schwindler versuchen, einen Lügendetektor zu überlisten.

Nördlich des Odyssey schließt sich der Hartland & Wolff Shipyard (9) an. Wahrzeichen der Werft sind die beiden Hebekräne Samson and Goliath. Mit mehr als 90 Metern Höhe und einer Spannweite von 140 Metern gelten die von Krupp gefertigten Riesen als zweit- und drittgrößter Kran der Welt. Die einst größte Werft der Welt baute neben den Ozeanriesen Olympic und Britannic auch die Titanic.

Am 31. Mai 1911 um 12.13 Uhr rauschte der vermeintlich unsinkbare Koloss ins trübe Hafenbecken. Keine elf Monate später sank das Luxusschiff bei seiner Jungfernfahrt nach einer Kollision mit einem Eisberg vor Neufundland und nahm 1500 Passagiere mit in den Tod. Eine Tatsache, die der nordirischen Hauptstadt Hohn und Spott einbrachte. Denn immer wieder schießen insbesondere die Briten verbale Giftpfeile gen Belfast: “Ist es nicht seltsam, dass die Stadt für den Bau eines Schiffes bekannt ist, das gesunken ist und Tausende in den Tod riss?” Ein Stichelei, die am Lagan mit Humor hingenommen wird. Und so werden die Belfaster nicht müde zu kontern: “Als das Schiff Belfast verließ, war es noch heil...”.

Zur Blütezeit beschäftigte Hartland & Wolff 33.000 Mitarbeiter - heute sind es kaum mehr als 100. Der Schiffsbau ist in Billiglohnländer abgewandert. Stattdessen konzentrieren sich die Werftarbeiter auf die Reparatur von Bohrinseln. Geblieben ist neben einem Bürogebäude lediglich die Slippanlage, von der aus die Schiffe ins Wasser gelassen wurden - eine von Alteisen gesprenkelte Betonwüste. Derzeit entsteht auf dem ehemaligen Werftgelände unter dem Namen Titanic Quarter  ein Themenpark, der den Bau und die Geschichte des legendären Schiffes dokumentieren soll.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Lagan befindet sich am Corporation Square unweit des Seacat Terminals ein ungewöhnliches Gotteshaus: Sinclair´s Seaman´s Church (10) (Corporation Square). Die Kirche wurde 1857 von Sir Charles Lanyon erbaut. Augenfällig ist die maritime Innenausstattung. Fischerboote und Schlepper zieren die Buntglasfenster. Die Kanzel ist aus einem Schiffsbug gefertigt. Die Kollektenbehälter sind als Miniausgaben von Rettungsbooten gestaltet. An den Wänden hängen Schiffsmasten sowie Signallampen für Backbord und Steuerbord. Traditionell beginnt der Gottesdienst mit sechs Schlägen der Messingschiffsglocke der HMS Hood, einem Schiff, das während des 1. Weltkrieges von der deutschen Marine vor der englischen Küste versenkt wurde.

Wenige hundert Meter weiter südwestlich reckt sich der Turm der Saint Anne´s Cathedral (11) (Donegall Street, Eintritt frei) gen Himmel. Im Innern des 1904 geweihten Doms ist das größte keltische Kreuz des Landes zu bestaunen. Das Deckenmosaik der Taufkapelle setzt sich aus 150.000 Teilen zusammen und zeigt die Schöpfungsgeschichte.

Wer den Writer´s Square vor der Kathedrale überquert, tritt die berühmtesten Literaten von Belfast buchstäblich mit Füßen. Denn auf dem Boden des Platzes sind Zitate aus ihren Werken verewigt. Sie reichen vom deklamatorischen "Far fam´d Belfast" von James Orr (1770-1816) und "See Belfast, devout and profane and hard" von Louis MacNeice (1907-1965) bis hin zu "What a bloody environment for a man of imagination" von Joseph Tomelty (1916-1998).

 

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