Wo der Papst zuhause ist

Der Vatikan: Mini-Staat mit bunter Streitmacht

Text und Fotos: Karsten-Thilo Raab

Mit einer Hellebarde steht ein Wachmann in einer plüschigen, gelb, rot und blau gestreiften Uniform vor dem schweren Bronzetor. Es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben. Das Mittelalter lässt grüßen - und dies im 21. Jahrhundert. Ein merkwürdiger Anblick, der sich hier auftut. Der Soldat ist nicht Teil eines Museums, sondern gehört zur kleinsten und unumstritten farbenprächtigsten Streitmacht der Welt, der Schweizer Garde. Die ungewöhnliche Elitetruppe wacht über einen ebenso ungewöhnlichen Staat: den Vatikan.

Vatikan Petersdom und Brücke

Wie eine Insel liegt der kleinste Staat der Erde im Herzen von Rom, der Hauptstadt Italiens. Fälschlicherweise glauben viele, der Vatikan sei Teil der ewigen Stadt am Tiber. Doch weit gefehlt. Seit 1929 ist die Wahlmonarchie als souveräner Staat anerkannt.

Nicht größer als 60 Fußballplätze

Dabei entpuppt sich der Zwergstaat als eine Miniwelt voller Superlative. Bei einer Fläche von 0,44 Quadratkilometern ist der Vatikan gerade einmal so groß wie sechzig Fußballplätze. Nur ein kleiner Teil der Staatsfläche ist für Besucher zugänglich - etwa der Petersplatz mit seinen faszinierenden Säulengängen oder der prachtvolle Petersdom. Der Rest liegt hinter dicken Mauern versteckt. Davor wacht die kleinste Armee der Welt, dahinter liegt der Amtssitz des Papstes, des Oberhauptes von rund 860 Millionen Gläubigen weltweit.

Petersplatz mit Säulengängen

Muss man es erwähnen? - Der Petersplatz

Der Vatikan, dessen offizielle Staatssprachen Lateinisch und Italienisch sind, nennt einen Radiosender sein eigen, verfügt über einen eigenen Bahnhof, eine eigene Post, gibt eigene Briefmarken heraus und dazu die wegen ihrer geringen Auflage begehrten Euromünzen. Sogar eine eigene zivile Polizei, "Corpo di Vigilanza" genannt, und eine Tankstelle mit drei Zapfsäulen dürfen nicht fehlen.

Wer führt den Vatikan?

Nationalfeiertag ist seit 1978 der 16. Oktober. An jenem Tag nämlich verkündete weißer Rauch "habemus papam". Jener Tag also, an dem der damals 58-jährige Pole Karol Wojtyla als 264. Papst unter dem Namen Johannes Paul II. auf den Heiligen Stuhl gewählt wurde. Das Oberhaupt der katholischen Kirche ist zugleich das Staatsoberhaupt des Vatikans. Das Kardinalskollegium, Konsistorium genannt, ist das höchste politische Gremium des Kleinstaats und zeichnet unter anderem für die Beratung und die Wahl des Papstes verantwortlich. Dem Konsistorium gehören rund 170 Mitglieder aus 54 Staaten an.

Vatikan Peterspaltz bei Nacht

Der nächtliche Petersplatz

Das religiöse Zentrum für 860 Millionen Menschen auf der ganzen Welt zählt gerade einmal 550 Einwohner. Die vatikanische Staatsangehörigkeit besitzen alle Kardinäle und Prälaten, die im Vatikan wohnen oder wichtige Funktionen bekleiden. Hinzu kommen die diplomatischen Vertreter des Heiligen Stuhls im Ausland, ungefähr fünfzig Laien sowie natürlich die Mitglieder der Schweizer Garde. Deren Tradition reicht rund fünfhundert Jahre zurück, als furchtlose Schweizer Söldner die Fürsten Europas für ein stattliches Salär beschützten. Papst Julius II. hatte 1506 nach Verhandlungen mit den Schweizer Kantonen Zürich und Luzern die tapferen Kämpfer als permanentes Korps von Wachsoldaten vor der päpstlichen Residenz verpflichtet.

Schweizer Garde: „Immer tapfer und treu“

Bis zum heutigen Tag fußt die Sonderstellung der Elitetruppe auf einem historischen Ereignis: Am 6. Mai 1527 verteidigten die wehrhaften Gardisten in einem blutigen Massaker das Leben von Papst Clemens VII. gegen eine Übermacht spanischer und deutscher Landsknechte. Von 189 Gardesoldaten ließen dabei 147 ihr Leben. Den übrigen 42 gelang es, den Heiligen Vater in die nahe gelegene Engelsburg in Sicherheit zu bringen. Seither bürgt die Schweizer Garde im Vatikan und bei Auslandsreisen für die Sicherheit des Papstes. Der Wahlspruch der "Guardia Svizzera Pontificia" so der offizielle Titel der Miniarmee, lautet: "Immer tapfer und treu".

Vatikan Schweizer Garde

Die bunte Streitmacht des Vatikan

Nahezu unverändert blieb im Laufe der Jahrhunderte das Anforderungsprofil an die Gardesoldaten: Sie müssen Angehörige des römisch-katholischen Glaubens, ledig und jünger als dreißig Jahre sein. Außerdem müssen die Anwärter die Staatsbürgerschaft der Eidgenossen besitzen und in der Schweiz ihren Militärdienst abgeleistet haben, um in die schmucken Renaissance-Uniformen schlüpfen zu dürfen. Diese sind übrigens nicht, wie gerüchteweise verbreitet wird, von Michelangelo entworfen worden. Auf jeden Fall aber sind die Männer in der farbenfrohen Kluft zu einem Markenzeichen für einen Ministaat geworden, hinter dessen Mauern viel Interessantes zu entdecken ist.

Audienz beim Papst?

Übrigens: Jeden Mittwoch um zehn Uhr gewährt der Heilige Vater auf dem Petersplatz oder in der Audienzhalle Paolo VI eine Generalaudienz, das hat sich natürlich auch unter dem deutschen Papst Benedikt XVI. nicht geändert. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldeformulare können im Internet unter heruntergeladen werden.

Vatikan Detail am Petersplatz

Am Petersplatz

Immer sonntags um zwölf Uhr mittags spricht der Papst zudem das Angelus-Gebet mit allen Pilgern und Gläubigen auf dem Petersplatz. Anschließend hält er eine kleine Ansprache und erteilt den päpstlichen Segen. Zur Teilnahme ist kein Ticket notwendig.

Reiseinformationen zum Vatikan

Informationen:
www.vatican.va
www.schweizergarde.org

Anmeldung für die Generalaudienz: www.pilgerzentrum.de

Vatikan Säulengang bei Nacht

 

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