Kanu, Karten oder Ukulele
In Arklow scheinen alle Jugendlichen im örtlichen Ruderclub zu sein. Eben lassen sie in kurzen Hosen ihre Boote zu Wasser. Alleine vom Zusehen kriege ich schon Gänsehaut. Es hat 12 Grad, ich flüchte mich ins Pub „Joey‘s Bridge“, nehme die falsche Tür… und stehe plötzlich mitten in einem Damen-Ukulele-Orchester. Soweit ich das so schnell überblicken kann, sind hier zwischen sieben und 70 alle Altersgruppen vertreten. Eine Schwingtür führt ins eigentliche Pub, wo die Herren ihr Hobby pflegen: Karten spielen. Und ich? „Ja, also, ich fahre Fahrrad“, erkläre ich mein Hobby und ernte anerkennende Kommentare: „Bis Cork?“ „Oh!“ Aber vielleicht sollte ich Ukulele lernen? Laut geht‘s zu. Der Fernseher brüllt (Fußball), aus der Konserve ertönt Musik (Rock) und von nebenan höre ich die Probe der Gruppe. Solch eine Mischung stört die Iren nicht. Im Gegenteil. Man ist dann eben selbst ein bisschen lauter.
Drachenbaum in Arklow
Wexford ist sicher keine Beauty-Queen, aber nett ist die Main Street, und wir lieben es, wie die Einheimischen auf und ab zu spazieren, vorbei an Shops und Pubs und zu den Resten der ehemaligen Stadtmauer. Doch Achtung: Die Stadt nennt ein grandioses Opernhaus sein eigen, in dem alljährlich im Sommer ein hochkarätig besetztes Opernfestival stattfindet.
Auf der Hook-Halbinsel
Ab Wexford fahren wir nach Rosslare, von wo man per Fähre nach Fishguard in Wales übersetzen und auf dem „Celtic Trail“ oder der Eurovelo 1 weiter radeln könnte. Die 1 nehmen wir jetzt auch, aber Richtung Waterford. Auf kleinen Nebenstraßen und Feldwegen geht es unbehelligt von starkem Verkehr durchs Land und auf die hübsche und ruhige Hook-Halbinsel mit Tintern Abbey, einer ehemaligen Zisterzienserabtei, und Loftus Hall. Obacht, Letzteres ist „the most haunted house in Ireland“! Und schließlich kommen wir zum schwarz-weiß gestreiften Leuchtturm Hook Head. „800 Jahre alt ist er und vielleicht der älteste in der Welt, der immer besetzt war“, sagt Leuchtturmführer Paul. Auf den Turm mit seinen vier Meter dicken Mauern kraxeln wir über 115 Stufen hinauf. Hier befinden sich die ehemaligen Zellen der Mönche, die das Leuchtfeuer einst am Laufen hielten, was auch ein alter Wandteppich zeigt. Die Laterne wurde mit Kohlen, dann Walöl, später Paraffinöl und schließlich mit Gas befeuert. Seit 1972 ist Strom die Energie und seit 1996 läuft alles automatisch. Das Nebelhorn wiederum war ab 2012 nicht mehr nötig. „Es war komisch, als es abgebaut wurde, Wir waren so daran gewöhnt!“, sagt Paul. Alle drei Sekunden blinkt das Licht in der Nacht. So weiß jeder, dass es der Leuchtturm von Hook Head ist. Seiner Meinung nach sind in Irland sowieso die besten Leuchttürme der Welt: Der schönste, der modernste und ein umgedrehter auf Rathlin Island. Nötig sind sie allemal für das Land am Rande Europas, das dem Meer trotzt. „Hier um die Ecke sind die drei Schwestern. Das sind drei Flüsse, die sich ins Meer ergießen, was schwierige Strömungen hervorruft. Dazu der ständig wechselnde Wind. Es liegen bestimmt 1.000 Schiffe auf Grund!“, erzählt Paul und dass wir immer Respekt vor der See haben sollen.
Waterford, Reginald‘s Tower
Auch Duncannon liegt an einem feinen Strand. In „Roches Bar“ gibt‘s köstliche Linguini mit frischem Seafood und im Hotel Fort Conan fallen wir bei überaus warmherzigen Gastgebern ins Bett, bevor es am nächsten Morgen ein Lachs-Frühstück gibt und wir auf die Passage East Fähre rollen. Zwei Euro und man ist drüben überm Fluss Suir und schon fast in Waterford mit seinem Reginald‘s Tower aus dem 11. Jahrhundert, einst Teil der Stadtbefestigung und heute Museum.
Kilmacthomas Viadukt am Waterford Greenway
Nur ein Stück weiter den Suir entlang beginnt der 46 Kilometer lange Waterford Greenway. Der Grüne Weg führt auf einer ehemaligen, nun asphaltierten Bahntrasse über drei spektakuläre Viadukte und durch den Ballyvole Tunnel. In Kilmeaden an der Station der Waterford & Suir Valley Railway kehren wir ein auf einen heißen Tee ins Eisenbahnwaggon-Café. Bis hierher zuckelt die Schmalspurbahn an gewissen Terminen immer noch parallel zum Weg. „Tuuut!“ macht‘s und mit einem kleinen Ruck geht‘s los. Wir aber schwingen uns wieder auf die Räder, denn die Strecke ist einfach nur traumhaft. Richtig spektakulär wird es, als wir kurz vor Ende in Dungarvan, einem Marktstädtchen mit Hafen, entlang der Küste einfahren. (Am Kai sind jede Menge Kneipen und Kulturinteressierte können die Burg und ein Museum besichtigen.)
Heißer Tee im Eisenbahnwaggon-Café
Ab hier führt unsere Route entlang der in diesem Abschnitt leider noch nicht fertig gestellten Eurovelo 1 durch die auf einer Halbinsel gelegene Gaeltacht na nDéise und weiter ins hübsche Youghal an einer großen Bucht, wo der Blackwater-Fluss ins Meer mündet. Eine echte Überraschung für uns! Wir entdecken den Clock Gate Tower, einen Uhrturm aus dem Jahre 1777 und die Saint Mary‘s Chruch, die außer Kirche auch Museum ist. Fähnchen knattern im Wind, als wir den Strand entlang radeln und weiter über die grüne Halbinsel mit ihren kleinen Dörfern und gefühlt mehr Kühen als Menschen bis Midleton. Hier liegt das Mekka der Whiskey-Liebhaber: das Jameson Heritage Center. Rundherum steppt der Bär, gerade biegt wieder ein Reisebus um die Ecke.
Clock Gate Tower in Youghal
Wir fahren über Fota Island und Great Island und abermals auf eine Fähre, die Passage West, bevor wir schließlich einen Greenway entlang nach Cork, Coreaigh, rollen. Die Stadt ist lebhaft, Kanäle und Flussarme winden sich durch, Menschen strömen in Kunstgalerien und Kneipen. Rory Gallagher ist hier aufgewachsen. Er und andere Rockgrößen zieren eine Hauswand.
Wandmalereien berühmter Rockgrößen in Cork, hier Rory Gallagher
„The real capital“ wie die Stadt auch genannt wird, nennt sicher den schönsten Markt des Landes ihr eigen: Den English Market in einer viktorianischen Markthalle, wo frischer Fisch in der Auslage liegt. Bei „O Connell“ hat angeblich sogar die Queen eingekauft. Da Cork außerdem als heimliche Gourmethauptstadt gilt, verspeisen wir in der „Cask Bar“ des Hotel Isaacs eine irische Käseplatte. Hm! Drüben im Hafen legt die Fähre nach Roscoff ab. Was für eine Idee! Und weiter ginge es auf der Vélodyssée.
Fisch auf dem English Market in Cork
Suchen bei schwarzaufweiss
Das könnte Sie auch interessieren
Reiseveranstalter Irland bei schwarzaufweiss
Die "Grüne Insel" gilt als Inbegriff von Natur, faszinierenden Landschaften, Ruhe, reicher Geschichte und ebensolcher Kulturdenkmäler.
Mehr lesen ...
Die Vielfalt der irischen Landschaft kann süchtig machen: die goldgelben, im Spiel von rasch wechselndem Licht immer neue Konturen gewinnenden Sandstrände, die zu einsamen Spaziergängen einladen; in felsige Spitzen auslaufende Halbinseln, die von einem einsamen Leuchtturm bewacht werden; schroffe Klippenlandschaften, wo tosende Wellen und krächzende Seevögel fast zwangsläufig verstummen lassen.
Mehr lesen ...
Viele irische Farmen vermieten Pferd und Karavan für einen Urlaub im Zigeunerwagen. Eine von ihnen ist die Kilvahan Horse Drawn Caravan in Coolrain, nur eine Stunde entfernt vom Dubliner Flughafen. Julia und Hans, zwei Pferdenarren aus Deutschland, bewirtschaften die Farm seit 15 Jahren. Für die Fahrt mit dem Planwagen sind keine Pferdekenntnisse erforderlich. Die Bereitschaft sich auf ein neues Abenteuer einzulassen und die Liebe zum Pferd sind die einzigen Voraussetzungen für den Urlaub im Zigeunerwagen – den Rest übernimmt der vierbeinige Partner.
Mehr lesen ...
Nordirland. Über 1.000 Meilen ausgeschilderte Radwege des britischen National Cycle Network durchziehen die landschaftlich, kulturell und geschichtlich interessante Region. Aufregendes Neuland für deutsche Radfahrer.
Mehr lesen ...