Große Fahrt auf „kleinem Meer“

Hausbootferien auf Mecklenburgs Seen

Text: Axel Pinck, Fotos: Peter Frischmuth / argus

Paul ist Kapitän, Entdecker und Pirat zugleich. Vor allem aber ist er glücklich. Angetan mit einer gelben Schwimmweste steht der Sechsjährige mit kühnem Blick am Bug der „Kormoran“, bereit für große Abenteuer. Die Steuerfrau, wie es der Zufall will die eigene Mutter, erhält knappe Anweisungen. Der Kurs muss schließlich stimmen. Es geht mit dem Hausboot für eine Woche durch die weit verzweigte Seenlandschaft der Müritz, dem Herzstück der Mecklenburgischen Seenplatte.

Mecklenburg-Vorpommern - Hausboot

Weite Felder und Viehweiden ziehen sich über grüne sanfte Hügel, unterbrochen von Misch- und Nadelwäldern. Dazwischen glitzern immer wieder Tümpel, Seen, Flüsschen und Verbindungskanäle. Wer nur die Küste Mecklenburg-Vorpommerns kennt, hat nicht einmal die Hälfte der Naturschönheiten und Attraktionen dieses norddeutschen Bundeslandes gesehen. Gewaltige Gletscher der letzen Eiszeit frästen vor rund 20.000 Jahren Kerben in den Untergrund und schoben das Erdreich zu Hügelketten zusammen. Als das Eis schmolz, füllten sich die Vertiefungen mit Wasser. Morcze, „kleines Meer“, nannten slawische Siedler einst die amphibische Landschaft. Die Müritz gilt mit einer Fläche von 117 qm² heute größter Binnensee innerhalb der Grenzen Deutschlands. Zusammen mit dem Plauer See, dem Fleesensee, dem Kölpinsee und Hunderter weiterer Gewässer bildet er die die Mecklenburgische Seenplatte, das „Land der 1000 Seen“.

Meckenburg-Vorpommern - Seenplatte

Wenn sie von „ihrem“ Revier sprechen, kommen auch Andrea Nagel und Marita Klemmer vom Tourismusverband „Mecklenburgische Seenplatte“ ins Schwärmen, „es ist das größte Wassersportparadies in Mitteleuropa!“ Über ein weit verzweigtes Wasserstraßennetz können Freizeitkapitäne von Berlin über die Havel und von Hamburg über die Elbe und ab Dömitz auf der Müritz-Elde-Wasserstraße anreisen. Waren am Nordufer der Müritz und mit 22.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt der Region, liegt jeweils rund 200 km von beiden Metropolen entfernt.

Leinen los!

Bei herrlichem Bootswetter legt die „Kormoran“ in der Marina ab. Bei gemütlichem Tempo von weniger als 12 km/h zieht das Seepanorama am Boot vorbei. Baden, sonnen, dösen, lesen, die Beine ins Wasser baumeln lassen. Der Alltagsstress verabschiedet sich schnell und grußlos, die Freiheit beginnt. Ein neues Gefühl von Geschwindigkeit oder besser von Langsamkeit macht sich breit. Einige Enten protestieren kurz, aber lautstark gegen die Belästigung. Zwei Schwäne scheint das Boot weniger zu stören, sie halten eine Zeit lang mühelos mit.

Schifffahrtszeichen gilt es zu beachten. Die Müritz weist zwar eine Tiefe bis zu 31 m auf, aber an dem durch den Nationalpark geschützten Ostufer mit seinen Feuchtgebüschen und Schilfzonen ist sie weiträumig nur einen Meter tief. Rote und grüne Tonnen begrenzen die Fahrrinne, ein weißes Quadrat, das auf der Spitze steht, markiert die Ausfahrt aus dem See. Und auch das Befahren der engen Schleusen will gelernt sein. Gut, das jeder vor der Übergabe beim Bootsverleiher die Schulbank drücken muss. Mindestens drei Stunden dauert die gründliche Einweisung in die Technik an Bord und Grundregeln des Wasserstraßenverkehrs. Mit der danach ausgestellten Charterbescheinigung dürfen Urlauber seit 2003 mit einigen Schiffstypen auch ohne Bootsführerschein auf den Binnengewässern „herumschippern“.

Mecklenburg-Vorpommern - Schippern mit dem Hausboot

Nicht nur Paul, auch seine Geschwister wollen Kapitän sein. Sie kommen bald aus dem Staunen nicht mehr heraus. Nur wenige Menschen, dafür aber viele nur vom Zoobesuch bekannte Tiere lassen sich blicken: Reiher, Kraniche, Rotwild, sogar Wildschweine. In der Luft kreisen See- und Fischadler auf der Suche nach Beute. Auch an Bord werden nun die Angeln aus dem Gepäck geholt. Wer einen Touristen-Angelschein (20 Euro) erworben hat, kann den abendlichen Speisezettel mit Hecht, Zander oder Maräne bereichern und muss keine Dosenwürstchen heiß machen.

Meckenburg-Vorpommern - Mecklenburger Seenplatte - Rotwild

Vom Ufer grüßen Märchenschlösser herüber. Schloss Klink, auf einem schmalen Landstreifen zwischen Müritz und Kölpinsee errichtet, wurde nach dem II. Weltkrieg als Erholungsheim genutzt. Nach aufwändiger Sanierung beherbergt es heute ein luxuriöses Hotel. Nicht weit vom Seeort Röbel, dessen überdachte Müritz-Therme auch bei schlechtem Wetter Badespaß auf 3000 m² verspricht, zeigt das über 1000 Jahre alte Ludorf mit einem 1698 im Stil der dänischen Klinkerrenaissance errichteten Herrenhaus, dass der mecklenburgische Landadel zu leben verstand. Im sorgsam restaurierten Gebäude empfangen heute ein Hotel und ein Feinschmeckerrestaurant zahlende Gäste.

Mecklenburg-Vorpommern - Schloss Klink

Schloss Klink

Weiter geht’s nach Waren am Nordufer der Müritz und schon seit Theodor Fontanes Zeiten vor rund 100 Jahren Sommerfrische für Berliner Stadtbewohner. „Baden, Wandern, Wasserfahren – nirgends schöner als in Waren“ warb der örtliche Fremdenverkehrsverein schon in den 1920er Jahren, als der Tourismus noch in den Kinderschuhen steckte. Im Spätsommer 2007 wurde die neueste Attraktion, das mit großem Aufwand neu errichtete „Müritzeum“ eingeweiht, ein Natur- und Erlebniszentrum mit Riesenaquarium und typischen Biotopen, nachgestalteten Seelandschaften. Das Original beginnt gleich südöstlich der Stadtgrenzen, mit dem 322 km² großen Müritz-Nationalpark und seinen mehr als 100 Seen und ursprünglichen Moore, mit Naturwiesen und Wäldern von großem Wildreichtum und dazu Brutplätzen für Fisch- und Seeadler. In verschwiegenen Buchten blühen im Sommer Hunderte weißer und gelber Seerosen.

Abends sucht die „Kormoran“ in einer der Marinas Schutz. In den letzten Jahren sind fast 32.000 Liegeplätze für Freizeitboote aller Art entstanden. In der von einer leichten Abendbrise gekräuselten Wasseroberfläche spiegelt sich die untergehende Sonne in unbeschreiblichen rot-rosa-orange Farbtönen. Danach kehrt Ruhe ein, nur Frösche und Nachtvögel sind noch zu hören. Am wolkenklaren Himmel zeigt sich die Milchstraße in glitzernder Pracht. Fast ein wenig kitschig oder einfach nur schön.

Mecklenburg-Vorpommern - schlafen auf dem Hausboot

 

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