Text und Fotos: Judith Weibrecht
Auf der Azoreninsel São Miguel führen Radtouren zu Naturschauspielen wie Vulkanseen, Thermalquellen, paradiesischen Gärten, endemischen Pflanzen und an den Atlantik.
Strelitzien
Immer wieder spannt sich ein Regenbogen weit über der Insel São Miguel aus. Was das bedeutet, ist klar: Regen und Sonne. Darauf muss man auf den Azoren eingestellt sein. Die Wetterwechsel sind heftig und schnell, und es wird behauptet, dass man hier alle Jahreszeiten an einem Tag erleben könne.
In Ponta Delgada
São Miguel ist mit 774,7 qkm und um die 138.000 Einwohner die größte der azoreanischen Inseln. In der Hauptstadt Ponta Delgada bewundern Touristen die weiß gekalkten, mit dunklen Lavasteinen durchsetzten Häuser rund um den Rathausplatz. Der Autoverkehr an der Uferpromenade davor ist zwar nicht allzu heftig, aber aus der Hauptstadt hinaus nehmen wir trotzdem lieber eine kleine Straße die Küste entlang und biegen dann ab ins Inland. Grüne Wiesen und Weiden mit Kühen darauf trifft man überall. Die Azoren sind quasi die Milchkammer Portugals. Auf jeden Einwohner kommen 1,3 Rinder. Die verschiedenen lokalen Käsesorten zeugen davon. Für Radfahrer heißt das: Es gibt in jeder noch so kleinen Bar am Wegesrand bombige Käsesandwiches und Milchkaffee.
Kühe trifft man immer
Grüner und blauer See
Der Kuhduft begleitet uns auf den Höhenmetern zum Pico do Carvão, von wo aus man eine grandiose Aussicht auf die Nordküste hat, und weiter nach Sete Cidades zu den beiden mystisch wirkenden Kraterseen: Grüner und blauer See, Lagoa Azul und Lagoa Verde, heißen sie. Der Sage nach liebte eine Prinzessin ganz unstandesgemäß einen Hirtenjungen. Dort, wo heute eine kleine Brücke die beiden Seen verbindet, trafen sie sich immer heimlich. Doch dann hielt beim König von Sete Cidades ein Prinz um die Hand seiner Tochter an. Der König schlug ein und untersagte der Prinzessin, weiterhin den Hirten zu sehen. Zum Abschied trafen sich Hirte und Prinzessin ein letztes Mal, und weinten sich beide die Augen aus: Aus den blauen Augen der Prinzessin flossen blaue Tränen und aus den grünen Augen des Jungen grüne.
Lagoa Azul (Sete Cidades)
Rund um die beiden Seen lässt sich auch eine E-Mountainbike-Tour auf erdigen Waldwegen mit steilen Anstiegen erleben. So kommt man dem grünen und dem blauen Tränensee noch näher und kann sich von deren Magie in aller Stille verzaubern lassen, ohne an den Aussichtspunkten von anderen gestört zu werden wie am Vista do Rei, dem Aussichtspunkt des Königs. Den Weg haben wir fast ganz für uns. Nur ab und an kommen ein paar Wanderer vorbei, die ebenfalls vor Erstaunen tief ausatmen und den faszinierenden Blick in sich einsaugen.
E-Mountainbike-Tour im Naturpark Tronqueira, endemische Pflanzen
Mit E-Mountainbikes radeln wir auch durch den Naturpark Tronqueira ab Nordeste Richtung Faial da Terra. Hier gibt es endemische Pflanzen wie den Cedro-do-Mato, zu Deutsch den kurzblättrigen Wacholder, der durch ein Programm wieder aufgeforstet werden soll. Auf einem nicht asphaltierten Forstweg geht es im Nebel durch den würzig duftenden Wald. In Faial heißt es dann runter vom Rad, denn der kleine Pfad zum Wasserfall Salto do Prego ist nur für Wanderer gedacht. Mutige wagen sich in das kalte Wasser des natürlichen Pools zu seinen Füßen. Auf dem Rückweg besuchen wir das verlassene Dorf Sanguinho, das derzeit restauriert und zu liebevoll bemalten Ferienhäuschen umgebaut wird. Eine steiler, kopfsteingepflasterter Serpentinenweg zeigt, dass das Dorf nur zu Fuß erreichbar ist. Man setzt auf Ökotourismus.
Blicke vom Miradouro do Escalvado aus
Immer wieder locken die liebevoll gestalteten Miradouros (Aussichtspunkte) mit Picknickplätzen, die wie fantastische Gärten wirken. Dies ist eine Insel für Naturliebhaber, so viel ist offensichtlich. Die meterhohen Wogen des Atlantiks branden unterhalb der Straße auf die rauen, schwarzen Vulkanfelsen. Man kann noch genau erkennen, wo einst die nun erkaltete Lava entlang lief. Am Wegesrand wachsen weiße Callas, gelber Zieringwer und hellblaue Hortensien, und immer wieder zieht einen das Grün der saftigen Wiesen und das tiefe Blau des Atlantiks in seinen Bann. Der ist zwar kalt, doch in Ferraria kommt er aufgewärmt daher: Heiße Quellen bzw. Fumarole wärmen das natürliche Meerwasserschwimmbecken an. Gleich nebenan befindet sich außerdem ein zu den Thermen von Ferraria Spa gehöriger Pool mit einer Wassertemperatur von 37 °C. Ein echter Spaß nach der Radtour mit den vielen Höhenmetern!
Am Meerwasserpool bei den Termas de Ferraria
Ab Ponta Delgada fahren wir gen Osten und zunächst auf einem Radweg, der am Hafen beginnt, die Dörfer entlang zu kleinen Sandbuchten und Klippen. Schließlich führt die Route weiter auf der alten Landstraße. In Lagoa weist ein Schild auf die Keramikmanufaktur Vieira hin, wo seit 1862 von Hand gefertigt wird. Eine Töpferin erzählt, dass sie seit 35 Jahren hier arbeitet. Erstaunlich, wie schnell und mit ruhiger Hand sie die Muster auf die Azulejos pinselt.
Vier Kirchen mit einem Blick umfassen, ohne seinen Standpunkt zu verlassen, das geht in Vila Franca do Campo. Man muss sich nur um sich selbst drehen. Eine davon ist links und rechts vom Altar mit blau-weiß-bemalten Azulejos bedeckt. Azulejos heißen die typischen portugiesischen Fliesen. Ursprünglich kam diese Kunst der Mauren im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert durch Importe von Spanien nach Portugal. Der Name Azulejo leitet sich vom Arabischen „al zulij“ ab, was soviel bedeutet wie kleiner, polierter Stein.
Heiße Quellen und Schwefelgeruch
Vor dem Anstieg nach Furnas besuchen wir noch eine Bar auf einen Milchkaffee. Fünf Herren debattieren eifrig über unsere Räder und wie man denn mit Trekkingrädern und Packtaschen den Berg hinaufkäme. Wenn überhaupt, ist man hierzulande eher an Rennradfahrer gewöhnt. Plötzlich knallt einer von ihnen ein Bündel Zwergbananen auf den Nirostatresen. „That's for you!“, sagt er, grinst schelmisch und seine dunkelbraunen Augen blitzen, als er unsere freudige Überraschung bemerkt.
Cozido de Furnas, das Spezialgericht der Gegend
Nach dem Anstieg werden wir reichlich belohnt: Schon bevor der eigentliche Ort namens Furnas beginnt, geht es auf einer Allee durch eine exotische, parkähnliche Landschaft. Bereits von Weitem sieht und riecht man, dass der ganze Ort unter Dampf steht: Fumarole rauchen und verbreiten Schwefelgeruch. In denen wird auch der berühmte Cozido gegart, ein Eintopf aus Schweine- und Rindfleisch, Huhn, Wurst, Kartoffeln, Möhren, Yams und Weißkraut, der in den heißen, schwefeligen Erdlöchern steckt und dadurch einen besonderen, leicht rauchigen Geschmack erhält. Danach sollte man allerdings nicht mehr aufs Rad steigen, sondern lieber den paradiesischen Terra-Nostra-Park mit seinem Warmwasserbecken besuchen. Im orangeroten, 38 °C warmen Wasser tummeln sich allerhand Menschen. Auf 12 Hektar sollen sich hier um die 2.500 exotische Bäume befinden und vielerlei exotische Blumen wie Azaleen, Bromelien und Camelien. Zwischen Zischen, Blubbern und Dampfen entspannen wir mit Cozido im Bauch.
Parque Terra Nostra mit dampfenden Thermalbecken
Reiseveranstalter Portugal bei schwarzaufweiss
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