Ganz zügig durch die Wildnis

Im Zug durch Alaska

Text und Fotos: Dagmar Krappe

Alaska - Cook Inlet - Turn Again Arm bei Portage

Cook Inlet - Turn Again Arm bei Portage

 

Alaska - von Seward bis Fairbanks schlängelt sich die Alaska Railroad über 750 Kilometer durch Amerikas 49. Bundesstaat. Panoramawagen bieten beste Aussichten.

 

Alaska - Anchorange - Angler am Ship Creek

Anglerglück am Ship Creek

Dustin Slinker ist ein Meister des Filetierens. Lachse sind sein Metier. Um sie fachgerecht zu zerteilen, wetzt er während der Sommersaison von früh bis spät das Messer. In Anchorage beginnt die Wildnis mitten in der Stadt. Am Ufer des schlammigen Ship Creek stehen Einheimische und Touristen in langen Gummistiefeln oder Wathosen. Alle hoffen auf den großen Fang. Meist müssen sie nicht lange darauf warten. Das Gewässer ist voll von Königs-, Silber-, Rotlachsen und Forellen. „Zehn Pfund bringen sie mindestens auf die Waage. Richtig dicke Brummer bis zu 30“, sagt Dustin: „Die fischreichsten Monate sind Mai und Juni. Am besten wirft man die Angel zwei Stunden vor Einsetzen der Flut aus.“ Als Fallschirmspringer bei der U.S. Army sprang Dustin irgendwann auch über Alaska ab und verliebte sich in den flächenmäßig größten amerikanischen Bundesstaat. Seit sieben Jahren betreibt er seine „Köderhütte“, „The Bait Shack“, direkt am Ship Creek. Dort verkauft er nicht nur Angelscheine, verleiht Ruten und Gummistiefel, sondern portioniert den frischen Fang auch gleich für seine Kunden.

Alaska - Anchorange - Dustin Slinker filetiert Lachse am Ship Creek

Dustin Slinker filetiert Lachse am Ship Creek

Nur ein paar Schritte vom Ufer entfernt leuchtet das weiße Bahnhofsgebäude der Alaska Railroad (ARR). 1904 erfolgte der erste Spatenstich für die normalspurige Linie, denn in Fairbanks setzte der Goldrausch ein und in der Gegend um Matanuska und Healy wartete Kohle auf ihren Abtransport. Seward im Süden des Landes an der eisfreien Resurrection Bay war der ideale Ort, um die Güter per Dampfschiff weiterzubefördern. Doch die ersten beiden privaten Betreibergesellschaften gingen pleite.

Alaska - Anchorange - Banhofsgebäude

Bahnhofsgebäude in Anchorage

Unter Federführung der amerikanischen Regierung ging es schließlich weiter. Am Ship Creek entstand ein Camp für Ingenieure und Bauarbeiter. 1915 erhielt die Zeltstadt den Namen Anchorage - heute mit über 300.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt des 49. Bundestaates. 5.000 Arbeiter benötigten acht Jahre für den Bau der Bahntrasse. Erdrutsche, Permafrost, Lawinen und Steinschlag waren die schlimmsten Hindernisse. Am 15. Juli 1923 schlug der damalige Präsident Warren Harding in Nenana zunächst zweimal daneben, aber dann doch den „goldenen Nagel“ ein. Die 750 Kilometer lange Route vom Tiefseehafen Seward auf der Halbinsel Kenai durchs Hinterland bis Fairbanks war eröffnet.

Alaska - Coastal Classic Train in Girdwood

"Coastal Classic Train" in Girdwood

Der betriebsamste Bahnhof ist Anchorage nicht: Von Mai bis September starten täglich nur drei Züge. Zwei gen Süden, einer gen Norden. Sie werden von mächtigen blau-gelb lackierten Stahlkolossen gezogen. Schon früh am Morgen zuckelt der „Coastal Classic Train“ in vier Stunden bis in die kleine Hafenstadt Seward. Im Zug hat Conductor Vern Gillis das Sagen. Als „Conductor“ ist er Zugführer und Schaffner in einer Person. „Die Alaska Railroad ist mein Zimmer mit Aussicht“, scherzt er. Die Strecke führt ein ganzes Stück am Seward Highway entlang, der die schneebedeckten Chugach Mountains vom Cook Inlet trennt. Der Engländer Captain James Cook segelte 1778 als erster Europäer in die Bucht, die einige Jahre später nach ihm benannt wurde. Kurzer Zwischenstopp im ehemaligen Goldminenstädtchen Girdwood.

Alaska - Coastal Classic Train - Conductor

Conductor Vern Gillis

Die „Crow Creek Mine“ erinnert heute noch daran. Längst lebt der Ort vom weißen Gold. Er entwickelte sich zu Alaskas Hauptwintersportresort. Seward verdankt seinen Namen einem amerikanischen Außenminister. „Die ersten Siedler der Gemeinde waren Russen, denn bis 1867 gehörte Alaska noch zum Zarenreich. Im 18. Jahrhundert entdeckten russische Pelztierjäger das Gebiet. Mit der Zeit ging die Zahl der Felltiere zurück“, informiert Vern: „Das weit entfernte Territorium war für Russland immer schwieriger zu halten. Zudem musste die Staatskasse nach dem verlorenen Krimkrieg aufgefüllt werden. Also einigten sich Zar Alexander II. und US-Außenminister William Seward per Vertrag, dass Russland den „Eisblock“ Alaska für 7,2 Millionen Dollar an Amerika verscherbelt.“ Die zahlreichen Bodenschätze wie Gold, Silber, Kohle und vor allem Erdöl wurden erst Jahrzehnte später entdeckt.

Alaska - Denali Star - Lokführer Charles Jones

Lokführer Charles Jones vor der Lok 4321

Die Bahn, die die längste Route befährt, verlässt Anchorage Richtung Norden. Es ist der „Denali Star Train“. 1985 kaufte der Staat Alaska die ARR der amerikanischen Bundesregierung ab. Nach wie vor ist der Gütertransport die Hauptaufgabe, aber in den letzten 30 Jahren entwickelte sich die Alaska Railroad immer mehr zur Touristenattraktion. Lokführer Charles Jones startet die schwere Diesellok mit der Nummer 4321. Seit 27 Jahren ist der Mann aus Chicago für die Alaska Railroad auf der Schiene. Mit maximal 50 Kilometern pro Stunde rattert der „Denali Star“ am Eklutna entlang. „Er ist der Abfluss des türkisfarbenen gleichnamigen Sees“, erläutert Conductor George Huling: „Der See liefert Trinkwasser und ist ein tolles Revier für Kanuten und Radler.“ Die Region um Matanuska, einst vom Kohleabbau geprägt, ist heute Weideland und der Gemüsegarten Alaskas. „Besonders beliebt bei Elchen sind Brokkoli, Erbsen und Rüben, weshalb alle Felder mit hohen Zäunen umgeben sind“, so George.

Alaska - See Eklutna

Der Eklutna ist ideal für Kanuten und Radler

Einige Meilen von Wassila, dem nächsten Haltepunkt, entfernt, lebt Martin Buser seinen amerikanischen Traum am „Big Lake“. Vor 65 Jahren wurde er in Winterthur in der Schweiz geboren. Als junger Mann wanderte er nach Alaska aus. Schon als Teenager faszinierten ihn Schlittenhunde. „Darüber wollte ich ein Jahr lang etwas mehr in Alaska lernen und blieb für immer“, erzählt er: „Ich wurde Schlittenhundesportler und begann Huskies zu züchten.“ 1980 bestritt er sein erstes „Iditarod-Rennen“, das seit 1973 jedes Jahr zwischen Anchorage und der ehemaligen Goldgräberstadt Nome an der Beringsee stattfindet. Viermal ging er als Sieger hervor. Seine Frau Kathy teilt seine Hundeleidenschaft, und die beiden Söhne, Nikolai und Rohn, erhielten Namen nach kleinen Ortschaften, die entlang der Strecke liegen.

Alaska - Martin Buser

Martin Buser und Husky Rock

Die „Iditarod Sled Dog Race“, das mit zirka 1.800 Kilometern längste Schlittenhunderennen der Welt, beginnt immer am ersten Sonnabend im März. „Damit wollen wir die Hundeschlittenkultur aufrecht erhalten, und es soll an die Hundeschlittenstaffeln erinnern, die einst auf dem Iditarod-Pfad zwischen Seward und Nome Waren und Post transportierten“, berichtet Martin. Auch dem „Serum Run to Nome“, dem „Rennen auf Leben und Tod“ von 1925, wird mit dem Lauf gedacht. Damals brach in der Goldgräberstadt Nome Diphtherie aus. Um eine Epidemie zu verhindern, wurde dringend Impfstoff benötigt. Drei Flugzeuge, die das Serum hätten transportieren können, waren im harten Winter nicht einsatzbereit. Also brachte die Alaska Railroad den lebensrettenden Stoff von Anchorage bis Nenana. Ab dort beförderten ihn zwanzig Musher mit ihren Hunden in fünfeinhalb Tagen tapfer weiter durch eisige Landschaft und unwegsames Gelände und retteten hunderten Menschen das Leben.

Alaska - Denali Star Train entlang des Chulitna

Mit dem "Denali Star Train" entlang des Chulitna

Über 100 Kilometer schlängelt sich der Susitna, der sandige Fluss, neben der Bahnlinie her. Wenn das Wetter mitspielt, ist kurz vor Talkeetna bei Meilenstein 224 der Mount McKinley oder Denali über die Wipfel der grünen Mischwälder hinweg zu erkennen, hatte Zugchef George verkündet. Doch „der Hohe“ (6.190 Meter), was Denali auf Athapaskisch bedeutet, hüllt sich in eine schützende weißgraue Nebeldecke. Von Talkeetna starten Touristengruppen zu Rundflügen über den Denali-Nationalpark oder gehen eine Runde Gold waschen. Der blau-gelbe Lindwurm tuckert weiter - inzwischen am Chulitna entlang. Durch Schlamm und Granulat, das die Gletscher ins Wasser spülen, haben sich in der Mitte des Flusses Sandbänke gebildet, auf denen niedrige moosgrüne Büsche im Wind hin und her wippen. Plötzlich drosselt Lokführer Charles die Geschwindigkeit. Der „Denali Star“ überquert die längste und höchste Stahlbrücke der Trasse, die „Hurricane Gulch Bridge“, die seit 1921 die Schlucht überspannt. 90 Meter tiefer plätschert der Fluss wie ein Rinnsal zwischen den schroffen Felswänden.

Alaska - Blick vom Zug in die Hurricane-Schlucht

Blick vom Zug in die Hurricane-Schlucht

Die meisten Fahrgäste steigen am Denali-Nationalpark-Bahnhof aus. Vor 100 Jahren eröffnete man das Gelände unter dem Namen „Mount McKinley Nationalpark“. Mit dem Bau der Alaska Railroad kamen die Besucherströme, um lichte Wälder, schneebedeckte Gipfel, Bären, Elche, Rentiere und andere wilde Tiere zu sehen. Wer ausreichend Zeit hat, bleibt einige Tage. Wer wenig Zeit hat, besteigt am nächsten Mittag den „Denali Star“, der aus Fairbanks heranrauscht. Mit lautem Gehupe trifft er nach achtstündiger Fahrt wieder in Anchorage ein. Es schallt hinüber zum Ship Creek. Dort wird immer noch gefischt. Zwei erfolgreiche Angler schleppen ihre prächtigen Lachse zu Dustins Holzhütte. Dieser schärft kurz das Messer und macht sich wieder ans Filetieren.

Alaska - Bär

In Alaska kann man jederzeit auf Bären treffen

 

Die Reise wurde von Visit Anchorage (www.anchorage.net) unterstützt.

 

Informationen

 

Allgemeine Informationen zu Anchorage und Alaska

www.anchorage.net

www.alaskatravel.com

 

Alaska Railroad: www.alaskarailroad.com

Auf allen Alaska Railroad Strecken gibt es die preiswertere „Adventure Class“ (Waggons mit großen Panoramascheiben, z.T. auch Dom Cars (Aussichtswaggons mit Glaskuppeldach), Bistro, Reiseleitung). Im „Coastal Classic“ und „Denali Star“ kann man zusätzlich den „Goldstar Service“ buchen (Aussichtswaggons mit Glaskuppeldach, offene Aussichtsplattform, Frühstück, Mittag-/Abendessen und Getränke inklusive im Speisewagen, Reiseleitung). Für Senioren ab 65 gibt es zu bestimmten Zeiten günstige Raten.

Denali Star Train

Anchorage – Wasilla - Talkeetna – Denali – Fairbanks

(Mitte Mai bis Mitte September täglich ein Zug pro Richtung, Fahrtdauer 12 Std.)
Im Winter ist der Zug an Wochenenden und bestimmten Wochentagen als „Aurora Winter Train“ zwischen Anchorage und Fairbanks unterwegs.

Coastal Classic Train

Anchorage – Girdwood – Seward

(Mitte Mai bis Mitte September täglich ein Zug pro Richtung, Fahrtdauer 4 Std.)

Glacier Discovery Train

Anchorage – Girdwood – Portage – Whittier (oder weiter bis Spencer Glacer / Grandview)

(Ende Mai bis Mitte September ein Zug täglich zwischen Anchorage und Whittier (Fahrtdauer 2 Std., weitere Verbindungen ab Portage)

 

Übernachtungen

Anchorage

Historic Anchorage Hotel
Im Stadtzentrum und in Bahnhofsnähe gelegen. Gegründet 1916. Jetziges Haus von 1936. Eines der wenigen Gebäude, das beim Erdbeben 1964 erhalten blieb. www.historicanchoragehotel.com

Lakefront Hotel
Direkt am Lake Hood, dem weltweit größten Wasserflugzeug-Airport gelegen.
Terrasse mit Aussicht auf die startenden und landenden Flugzeuge.
www.millenniumhotels.com/en/anchorage/the-lakefront-anchorage

Denali

Denali Bluffs Hotel
Lodge-Hotelanlage mit Aussicht auf den Denali-Nationalpark. Modern eingerichtete Zimmer in zwölf Holzhausblöcken am Berghang. Üppiges Frühstücksbüfett. Regelmäßiger Bustransfer zum Bahnhof der Alaska Railroad und zum Denali-Nationalpark. www.denalialaska.com

 

Ausflugstipps

Anchorage

Lachsfischen am Ship Creek: www.thebaitshackak.com

Anchorage Museum – Geschichte und Kultur Alaskas: www.anchoragemuseum.org

Alaska Native Heritage Center - Museum über die Kultur der Ureinwohner Alaskas: www.alaskanative.net

Alaska Aviation Museum am Lake Hood – Museum über Alaskas Luftfahrtgeschichte: www.alaskaairmuseum.org

Girdwood

Ehemalige Goldmine: www.crowcreekmine.com

Portage

Alaska Wildlife Conservation Center – Heimat für verwaiste oder verletzte Landtiere: www.alaskawildlife.org

Big Lake

Happy Trails Kennels – Husky-Züchtung Martin Buser – Hundeschlitten-Vorführungen und Informationen über den Iditarod Trail: www.buserdog.com

Iditarod-Hundeschlittenrennen – „the last great race“, www.iditarod.com

Denali-Nationalpark

Nationalparkgelände rund um den höchsten Berg Nordamerikas, den Denali (Mount McKinley). Aktivitäten: Wildtierbeobachtungen, Wandern, Bergsteigen, Besucherzentrum mit Informationen zur Parkentstehung: www.nps.gov/dena/index.htm

 

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