Reiseführer Andalusien: Die Kathedrale von Sevilla
Von der UNESCO 1987 zum Weltkulturerbe erklärt, erstreckt sich auf einer Fläche von über 23 000 m² die weltweit drittgrößte Kirche nach dem Petersdom in Rom und der St. Pauls Cathedral in London. Fünf Langschiffe und neun Querschiffe zählt der Bau, und obwohl vom Typus her eine Basilika, hinterläßt die Kirche einen hallenartigen Eindruck, wie man es von der deutschen Gotik her kennt. 70 gotische Gewölbe können gezählt werden, sowie 32 riesige freistehende achteckige Pfeiler.
Einst stand an dieser Stelle die Hauptmoschee der Almohaden, mit deren Bau 1172 begonnen worden war. 1401 beschloß man deren Abriß, von ihr blieben nur noch der Giralda sowie der Orangenhof (Patio de los Naranjos) bestehen. Man wollte auf den Fundamenten der Moschee eine Kirche errichten, „dass ihr keine andere gleichkomme“. Von wem die Pläne für das Gotteshaus stammen, blieb nicht erhalten, bekannt sind jedoch zahlreiche der mit ihrem Bau beschäftigten Baumeister: Alonso Martínez und Pedro García, der Flame Ysambret und Simon von Köln, Francisco Rodriguez und Juan des Hoces. Erst hundert Jahre nach Baubeginn war die Kathedrale fertiggestellt, einmal ganz abgesehen von Erweiterungen und Ergänzungen in den folgenden Jahrhunderten.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die äußere Gestalt. Die Hauptfassade wendet sich der Avenida de la Constitución zu, die drei Portale sind mit Skulpturen geschmückt, wobei das Hauptportal in der Mitte (Mariä-Himmelfahrts-Portal) erst aus dem vergangenen Jahrhundert stammt. Geburt und Taufe Jesu stehen im Zentrum der beiden flankierenden Portale. Die Skulpturen der beiden Seitenportalge sind übrigens aus gebranntem Ton und waren früher bunt bemalt. Die Fassade zur Calle Alemanes hin trägt noch deutlich die Spuren des almohadischen Vorgängerbaus. Die Zedernholztüren des zentralen Verzeihungsportals, das den Zugang zum Orangenhof eröffnet, tragen noch Lobpreisungen Allahs in kufischer Schrift. Die beiden großen Skulpturen stellen Petrus und Paulus dar, das Relief über dem Tor zeigt die Vertreibung der Händler aus dem Tempel. Die Ostfassade grenzt an die meist vielbevölkerte Plaza Virgen de los Reyes und die Plaza del Triunfo. Zu beiden Seiten der Apsiskapellen öffnen sich zwei Portale: Nächst der Giralda das Palos-Portal mit der Anbetung der Hl. Drei Könige im Tympanon, auf der anderen Seite das sogenannte Glöckchenportal, gekrönt vom Einzug Jesu in Jerusalem. Reliefs und Figuren beider Portale stammen von Miguel Perrin und entstanden Anfang des 16. Jh. Im Zentrum der Südfassade steht das Christophorus-Portal, auch Portal des Prinzen genannt, da durch diesen Eingang einst die Könige Einzug hielten. Es wurde erst Ende des 19. Jh. von Alfonso Fernández Casanova errichtet.
Detail des Westportals
Der Orangenhof war einst Ort der rituellen Waschungen der Moscheebesucher, die heute noch erhaltene Brunnenschale stammt allerdings noch aus westgotischer Zeit. Das reich verzierte Empfängnisportal, Eingang zur Kathedrale und ebenfalls ein Werk von Fernando Casanova aus der Zeit um 1900, birgt Skulpturen von Joaquin Bilbao, Adolfo López und Eduardo Munoz, dargestellt werden Jesus und die Apostel sowie zahlreiche Heilige.
Im Inneren der Kathedrale
Beachtung verdienen neben den herrlichen Fußbodenarbeiten die 81 Glasfenster, die den Innenraum in ein besonderes Licht hüllen. Sie stammen aus dem 15. – 19 Jh. von Künstlern wie Arnao de Vergara, Arnao de Flandes und Enríque Alemán. Die zahlreichen Seitenkapellen bergen eine Vielzahl von Grabmälern und Gemälden, im folgenden werden nur einige der herausragendsten Werke vorgestellt.
Grabmal des Kolumbus
Bis heute ist umstritten, ob der Sarkophag tatsächlich die sterblichen Überreste des 1509 gestorbenen Entdeckers Christoph Kolumbus enthält. Der Sarkophag wird von vier Gestalten getragen, die die spanischen Königreiche Aragon, León, Navarra und Kastilien symbolisieren.
Chor
Freistehend in der Mitte der Kirche, im 4. Und 5. Mittelschiffjoch des Langhauses, erhebt sich der prächtige Chor. Von drei Seiten ist er von Mauerwerk begrenzt, zum Altar hin bildet ein vergoldetes schmiedeeisernes Gitter den Abschluß. Der 20 mal 14 Meter große Chorraum ist vor allem aufgrund seines Gestühl von Interesse, ganz im spätgotischen mudejaren Stil gehalten, reihen sich 117 reich mit Intarsienarbeiten und Holzfiguren verzierte Sitze aneinander, geschaffen in der Hauptsache von Nufro Sanchez und Diego Guillén im 15. Und 16. Jh. Beachtung verdient auch das mächtige Chorpult aus Holz und Bronze von Bautista Vázquez und Juan Marín (16. Jh.). Den Abschluß nach Westen hin bildet ein reich gestalteter Trascoro, mit zahlreichen Steinen, Gemälden und Skulpturen geschmückt. Darunter eines der bedeutendsten Marienbilder der Kirche, Virgen de los Remedios (um 1400), darunter eine Bronzearbeit von Francisco Pacheco (1633), die „Übergabe Sevillas an Ferdinand“. Von den vier den Chor einrahmenden Seitenkapellen, aufgrund des verwendeten Materials auch Alabasterkapellen genannt, birgt der Altar der rechten Südkapelle, die Kapelle der Unbefleckten Empfängnis, Meisterwerke von Juan Martínez Montanes aus dem 17. Jh, darunter eines seiner schönsten Werke, die Cieguecita, eine Marienfigur, die aufgrund ihrer niedergeschlagenen Augen diesen Beinamen (Die kleine Blinde) erhielt.
Altarraum
Wie der Chor mitten in der Kirche errichtet, nimmt die Capilla Mayor zusammen mit einer Sakristei das 7. Und 8. Mittelschiffjoch ein. An drei Seiten wird der Altar von vergoldeten schmiedeeisernen Gittern begrenzt, der Renaissance verpflichtete Arbeiten von Bartolomé de Jaén, Fray Francisco de Salamanca, Sancho Munoz und Diego de Huidobro (16. Jh.). Allgemein lenkt jedoch der Hauptalter, Retablo Mayor, das Hauptinteresse auf sich. Mit einer bemalten Holzfläche von 18 mal 27 Metern ist er der größte gotische Altar der Welt. Die Entwürfe dafür stammen von dem Flamen Pieter Dancart, die Ausführung stammt von verschiedenen Meistern, darunter Roque de Balduque, Juan Bautista Vázquez d.Ä und Pedro Millán. Das vergoldete gotische Schnitzwerk besteht aus mehreren Bildreihen mit Dutzenden von Hochreliefs und Skulpturen. Im Zentrum stehen Szenen aus dem Leben Jesu und Marias. Eine der wertvollsten Figuren ist die Virgen de la Sede, eine Sitzmadonna aus der Mitte des 13. Jh. aus bemaltem Zypressenholz und Silber.
Königskapelle
Die aus dem 16. Jh. stammende Capilla Real schließt das Mittelschiff an seiner Ostseite ab. Im Mittelpunkt des Altars steht die Virgen de los Reyes, Schutzheilige der Stadt, vermutlich eine französische Arbeit aus dem 14. Jh. Arme und Hände dieser Figur sind mit Gelenken ausgestattet und deshalb beweglich. Der barocke Sarkophag vor dem Altar enthält die einbalsamierten sterblichen Überreste von Ferdinand III., links davon fanden Ferdinands Sohn, Alfons X., rechts davon Ferdinands Frau, Beatrix von Schwaben ihre letzte Ruhestätte.
Stufen führen von hier aus in die Krypta hinab, wo die sterblichen Überreste von Peter I. (Der Grausame), seiner Geliebten María de Padilla sowie mehrerer Infanten zu finden sind.
St. Petrus-Kapelle
Unmittelbar links der Königskapelle birgt der Altar eine beachtenswerte Gemäldesammlung Zurbaráns mit Stationen aus dem Leben des hl. Petrus.
Sala Capitular
Der herrliche Renaissanceraum aus der Mitte des 16. Jh. ist von ovaler Gestalt, bevor man den Blick nach oben wendet, sollte man dem wunderbar gearbeiteten Fußboden Beachtung schenken. Im Zentrum der Malereien im Gewölbe steht Murillos „Unbefleckte Empfängnis“, eine seiner wichtigsten Arbeiten.
Hauptsakristei
Drei herausragende Gemälde zieren die Altäre dieser Sakristei: „Die Kreuzabnahme Christi“ von Pedro de Campana (1547), „Hl. Teresa“ von Zurbarán, und „Das Martyrium des hl. Lorenz“ von Lucas Jordán. Unter der 33 Meter hohen Kuppel gibt es jedoch noch weitere Kunstschätze zu entdecken. Ein fast vier Meter hohe Silbermonstranz von Juan de Arfe, 475 kg schwer; die Prozessionsfigur San Fernando des Sevillaner Bildhauers Pedro Roldán aus derm Mitte des 17. Jh. sowie riesige Kandelabern. Zu beiden Seiten der Sakristei ist der Kirchenschatz untergebracht.
Kelch-Sakristei
Wichtigstes Kunstwerk dieses Raumes ist das Kruzifix „Cristo de la Clemencia“, 1603 von Juan Martínez Montanes hergestellt, eines der überzeugendsten Werke barocker Bildhauerkunst. Zu den interessanten Gemälden des Raumes zählen „Justa und Rufina“ von Francisco de Goya, „Johannes der Täufer „ von Zurbarán (1640), „Die Befreiung Petrus‘ durch einen Engel“ von Valdés Leal (1656), eine Pietà mit dem hl. Vinzenz und dem hl. Michael von Juan Núnez (1480).
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