Reiseführer Andalusien: Mezquita


Mezquita


Neben der Alhambra in Granada ist die Mezquita von Cordoba ohne Zweifel der kunstgeschichtliche Höhepunkt jedes Andalusienaufenthalts. Nicht nur als Meilenstein der mittelalterlichen Baugeschichte, sondern auch als einzigartiges Miteinander von Moschee und Kathedrale in einem einzigen Gebäude. Nicht umsonst wurde das Ensemble zusammen mit der Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Geschichte

Bereits in römischer Zeit befanden sich an dieser Stelle religiöse Stätten, unter den Westgoten erhob sich hier eine dem hl. Vinzenz geweihte Kirche. Nachdem die Mauren Cordoba eingenommen hatten, wurde der Kirchenbau von beiden Religionen gleichermaßen genutzt, durchaus keine Seltenheit in der damaligen moslemischen Welt. Mit der zunehmenden Erweiterung der moslemischen Gemeinde einigte man sich mit den Christen über den Verkauf der Kirche an die Moslems. Nach Abriß des Gotteshauses entstand dann unter Abd-ar-Rahman I. ab 785 die erste Moschee mit elf Schiffen, in den kommenden 200 Jahren sollten drei Erweiterungen folgen. Der zweite Bauabschnitt, eine Verlängerung nach Süden, erfolgte unter Abd-ar-Rahman II. (821-852). Unter Al-Hakem II. (961-976) erfolgte ein weiterer Ausbau in südlicher Richtung (3. Bauabschnitt), Almansur gab schließlich die letzte große Erweiterung, diesmal in östlicher Richtung, in Auftrag, damit war im Jahre 1009 die jetzige Grundfläche der Moschee von 175 Meter Länge und 130 Meter Breite einschließlich des Moscheehofes erreicht.

Nach der christlichen Eroberung Cordobas beschloß die Kirche gegen den heftigen Widerstand der Bevölkerung, mitten in der Moschee eine repräsentative Kathedrale zu errichten. Ein Vorgang, der nicht nur unter kunstgeschichtlichen Aspekten als Akt der Barbarei bezeichnet werden kann. Diesem Fremdkörper inmitten eines harmonischen Baukörpers fiel ein Teil der Moschee zum Opfer, beraubte sie ihres einzigartigen harmonischen Charakters. Berühmt wurde der Karl V. in den Mund gelegte Ausspruch nach einem Besuch Cordobas: “Hätte ich gewusst, was ihr vorhabt, ihr hättet es nicht getan. Was ihr gemacht habt, hätte man überall tun können, war ihr zerstörtet, war einmalig auf der Welt“. Doch auch heute noch vermag ein Besuch der Mezquita eine Vorstellung vom einstmaligen Ganzen zu geben.

Rundgang

Das große Rechteck der Moschee wird von einer mächtigen zinnenbewehrten Mauer von 12 Meter Höhe umschlossen, von einst 21 Toren blieben noch 19 erhalten. Sie sind vielfach ornamental verziert, wurden jedoch in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach restauriert und verändert. Die Puerta de San Esteban zur Calle de Torrijos hin ist das älteste aus maurischer Zeit stammende Tor aus der Mitte des 19. Jh. Den Haupteingang bildet die Puerta del Perdón auf der Nordseite zur Calle Cardenal Herrero hin. Gleich daneben erhebt sich der barocke, 70 Meter hohe Glockenturm, der in seinem Inneren die Reste des einst 48 Meter hohen Minaretts umschließt (s. Foto). Von oben kann man einen schönen Blick über die Dächer der Altstadt und die gesamte Mezquita genießen. Wir kommen in den Patio de los Naranjos (Orangenhof), den einstigen Moscheehof. Die Orangenbäume sind neueren Datums, zur Zeit der Mauren wuchsen hier Oliven-, Zypressen- und Lorbeerbäume. Auch die Anlagen für die rituellen Waschungen, die jeder Moslem vor dem Besuch der Moschee vornehmen muß, sind nicht mehr vorhanden. Die heutigen Arkadengänge stammen aus dem 16. Jh.

Mezquita


Bevor man die eigentliche Moschee betritt sollte man wissen, dass die heute den Zugang versperrende Mauer unter den Mauren nicht vorhanden war, also Licht in den Gebetsraum eindringen konnte, der wohl bisweilen zusätzlich durch hunderte von Öllampen erleuchtet wurde. Der Anblick, der sich beim Betreten durch die Puerta de las Palmas bietet, ist atemberaubend. Um es gleich vorweg zu sagen: Jede Beschreibung verblasst hinter der Wirklichkeit, dies ist ein Ort, der nur durch das eigene Erleben fassbar wird.

Mezquita


Man steht vor einem Wald von Säulen, über 800 der einst mehr als 900 Säulen blieben erhalten, die doppelten Bögen verlieren sich in der Entfernung in einem scheinbar unentwirrbaren Durcheinander. Je nach Standpunkt verändert sich die Perspektive, der Säulenwald ist auf keine bestimmte Blickrichtung zugeschnitten, frei kann das Auge umherschweifen. Trotz der Größe der Moschee behält der Raumeindruck menschliche Dimensionen, die endlose Höhe gotischer Kathedralen fehlt, die Horizontale dominiert. Eleganz und Leichtigkeit bestimmen den Raumeindruck. Die nicht auf ein dominierendes Heiligtum zugeschnittene Weite dieses Betraums in seiner beeindruckenden Schlichtheit entspricht der moslemischen Auffassung der Gleichheit aller vor Gott. Die Rundsäulen in diesem ersten Bauabschnitt aus dem 8. Jh. sind ganz individuell. Es handelt sich um römische und westgotische Säulen, zum Teil auf Basen postiert, zum Teil in den Boden eingelassen und mit unterschiedlichen Kapitellen versehen. Die besondere Ästhetik diese Säulenwaldes ergibt sich aus zwei Tatsachen: Zum einen aus der abwechselnden Verwendung von Sandstein und Ziegeln, eine schon vorher bekannte Bauweise mit interessanten Farbeffekten. Darüber hinaus sollte diese Bauweise mögliche Erdbebenschäden verhindern. Das Besondere war jedoch das Aufsetzen viereckiger Säulen mit Rundbogen auf die untere Reihe der Hufeisenbögen. Ein System von Doppelbögen entstand, das auch in den Erweiterungsbauten fortgesetzt wurde.

Der sich nach Süden hin anschließende erste Erweiterungsbau unter Abd-ar-Rahman II.ist durch den Einbau der Kathedrale in seiner Wirkung beeinträchtigt. Deutlich erkennbar die jetzt verwendeten korinthischen Kapitelle der Säulen. In der zweiten Hälfte des 10. Jh. entstand die zweite Erweiterung nach Süden hin. Mit der Capilla de Villaviciosa, dem einstigen mihrab der Moschee, sehen wir die erste von vier prachtvollen Kuppeln, die sozusagen eine Revolution in der Architekturgeschichte einläuten. Das von den Baumeistern ausgetüftelte steinerne Rippengewölbe war der erste gelungene Versuch, ein großes Viereck mit einer Kuppel abzuschließen. Eine Technik, die den christlichen Baumeistern erst knapp 200 Jahre später gelang mit der Verwendung von Kreuzrippengewölben in gotischen Kathedralen. Der Zugang zur christlichen Capilla Real gleich daneben ist im Normalfall nicht möglich, Gitter geben den Blick frei auf eine vielfältige Stuckverzierung der Wände, die im 13. Jh. von maurischen Handwerkern ausgeführt wurde.

Den Höhepunkt maurischer Architektur und baumeisterlichen Könnens erreicht man mit dem Mihrab an der Südmauer sowie dem davorliegenden Raum, der sog. Maqsura. Der Mihrab selbst ist ein kleiner, achteckiger, prunkvoll geschmückter Raum, dessen Kuppel aus einem einzigen Marmorblock besteht, eine naturgetreue Nachbildung einer Muschelschale. Der Mihrab öffnet sich über einem reich verzierten Hufeisenbogen, die herrlichen Mosaikarbeiten stammen von byzantinischen Meistern. Der dreigeteilte Vorraum des mihrab endet in einer Kuppel mit sich überkreuzenden Rippen, ein Meisterwerk der Statik und Ästhetik gleichermaßen.

Der letzte Erweiterungsbau während der maurischen Herrschaft nach Osten hin symbolisiert fast so etwas wie einen Niedergang architektonischer Kunstfertigkeit. Obwohl auf den ersten Blick die Grundkonzeption beibehalten wurde, das System der doppelten Bögen, ist die Ausführung einförmiger und schlichter, der Farbwechsel der Bögen beruht nur auf Bemalung.

In der Sakristei neben dem mihrab werden Teile des Kirchenschatzes aufbewahrt, darunter silberne Monstranzen, Kruzifixe und wertvolle Handschriften.

63 Säulen mussten der von Hernán Ruiz errichteten gotischen Kathedrale weichen, deren Ausstattung neben den maurischen Arbeiten verblasst. Das reich verzierte barocke Chorgestühl ist ein Werk Pedro Cornejos aus dem 18. Jh. Den Hochaltar aus rotem Marmor zieren Gemälde von Antonio Palomino aus Cordoba.


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