Text und Fotos: Beate Schümann
Wenn in Lissabon die Nacht kommt, kommt auch der Fado. In den engen Gassen der Altstadtquartiere Mouraria, Alfama und Bairro Alto dreht sich dann alles um Gefühl und Schmerz.
Typische Gasse in der Alfama
Im Restaurant „Clube de Fado“ dimmt einer das Licht, der Raum wird dunkel, das Stimmengewirr verstummt. Zwei Musiker schlängeln sich mit ihren Instrumenten durch die Tischreihen und nehmen auf den beiden Stühlen unter der rötlich leuchtenden Straßenlaterne Platz. Ihnen folgt die Fadosängerin ganz in Schwarz, stellt sich hinter ihnen auf. Mit ernster Miene wartet Maria Emilia auf die ersten Klänge. Einer spielt die dickbauchige zwölfsaitige Guitarra Portuguesa, die metallisch wie eine Zither klingt, sein Nebenmann zupft sanft die Saiten des Kontrabasses. Sie schließt die Augen, legt den Kopf in den Nacken und hebt mit klarer, voluminöser Stimme zum Wehmutsgesang an. Das Publikum schmilzt.
Fado-Konzert im "Clube de Fado"
Maria Emilia gehört zur Nachwuchsgeneration, die dem Fado ein junges schönes Gesicht gibt. Aufrecht die Körperhaltung, ekstatisch ihr Ausdruck, die Hände vor der Brust weit geöffnet. Sehnsucht nach Leben sprudelt aus ihr heraus. „Vor zwölf Jahren habe ich mich in die Musik verliebt und konnte nicht wieder aufhören“, erzählt sie in der Pause.
Maria Emilia singt Fado im Clube de Fado
Fado ist eine Form des Seins: „Bin ich glücklich, singe ich heitere Stücke, bin ich traurig, traurige“, sagt die Sechsundzwanzigjährige. Die Studentin, die am Tage Psychologie büffelt, verehrt Amália Rodrigues, sucht aber noch einem eigenen Stil. Wer allerdings in der Rua São João da Praça 94 auftritt, steht bereits auf der Erfolgsleiter. Das Restaurant des Star-Gitarristen Mário Pacheco gilt als Talentschmiede.
Wieder tritt Maria Emilia ins Licht der Laterne. Die Fadista – so heißen die Fadosängerinnen und –sänger - gibt sich der Melancholie genießerisch hin. Leise Zurufe kommen aus dem Publikum: Ah boca linda! (Welch schöne Stimme!) oder É assim mesmo! (Genauso ist es richtig!) angefeuert. Hat das Trio den Saal verlassen, sind die Kellner wieder dran. Es wird geredet und gegessen – bis zum Auftritt der nächsten Fadista.
Eines ist sicher: Eine lange Nacht steht bevor. Immer wieder kommen neue Interpreten, die die Vielfalt des Genres beschreiben. Auch Sänger sind darunter, die leidenschaftliche Lieder mit großer Hingabe vortragen. „Schöne Musik ist immer traurig“, sagt Mário Pacheco, der seit gut vierzig Jahren Fadistas auf der Gitarre begleitet. Traurige Musik berühre das Herz. Seine Mission sieht er heute darin, das Original zu bewahren. „Fadosingen kann nicht jeder“, betont er. „Das bedeutet, wahrhaftig zu sein, das kann man nicht lernen.“
Eines der vielen unbekannteren Fado-Lokale, in denen Amateure auftreten
Viele der neuen Fadistas, die vom Rock, Blues oder Jazz kommen, trällern zwar die Hits, verstünden aber nichts von den Wurzeln und der Poesie. Nicht jeder kann sich in die Frau eines Seemanns hineinversetzen, die ihren Mann mit dem Schiff verschwinden sieht und vielleicht nie wieder kommt. Fado leitet sich von fatum ab, dem lateinischen Wort für Schicksal. Wer nie harte Zeiten, Krisen, Zusammenbrüche erlebt hat, wer Angst vor tiefen Gefühlen hat, so Pacheco, werde ihn nie verstehen.
Viel später, wenn die Vorstellungen beendet sind, ziehen die Fadistas noch weiter, um Freunde und Kollegen zu treffen, um zu improvisieren und experimentieren. Neben den bekannten Fado-Locations gibt es eine Insider-Szene, Clubs mit privatem Flair, die überwiegend von Portugiesen besucht werden. Diese Orte leben von der Spontaneität. Jeder darf singen oder zur Gitarre greifen. Ob gut oder nicht, spielt keine Rolle – auf die Leidenschaft kommt es an.
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