Panama im Überblick
Es war ein verwegener Plan und ein alter Traum der seefahrenden Menschheit: Atlantik und Pazifik mit einem Schifffahrtskanal miteinander zu verbinden. Nach einem gescheiterten Projekt der Franzosen nahmen die US-Amerikaner die Sache zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Hand. 1903 schlossen die Nordamerikaner mit Panama einen Vertrag ab, der sie ermächtigte, den Panamakanal durch den Isthmus von Panama zu bauen. Bis zur offiziellen Freigabe 1914 beschäftigte das titanische Werk Heerscharen von Ingenieuren und Arbeitern und forderte - angesichts all der Unfälle, Gelbfieber-, Malaria- und Ruhrepidemien - sage und schreibe 25.000 Menschenleben.
Voraus
die spektakulärste Schmalstelle des Panamkanals:
der Gaillard Cut
Der
erstreckt sich über eine Länge
von 81,6 Kilometern und erreicht im 13 Kilometer langen Gaillard Cut seine engsten und spektakulärsten Stellen.
Dort, wo heute die ausgebaggerte Fahrrinne liegt, musste seinerzeit
inmitten der kontinentalen Wasserscheide ein bis zu 100 Meter hoher
Gebirgszug durchtrennt werden. Sowohl an der atlantischen Einfahrt bei Cristóbal als auch bei der pazifischen
Einfahrt in Balboa warten Schiffe auf grünes
Licht und begeben sich auf eine Kanalreise von rund zehn Stunden, die
- im Falle eines Bananendampfers auf der Reise von Ecuador nach Europa
- immerhin 8.000 Kilometer Seeweg ersparen. Dafür werden allerdings
einige zehntausend US-Dollar Kanalgebühren fällig.
Das Besondere: Der Panama- ist ein Schleusenkanal, bei dem die kleinsten
Segelboote und die größten Oceanliner Marke "Traumschiff"
wie Fliegengewichte 26 Meter über Meereshöhe gehoben und 26
Meter abgesenkt werden. Zwischen den Miraflores-Schleusen und der Schleuse Pedro Miguel durchquert
man den kleinen Miraflores-See, zwischen
dem Gaillard Cut und den Gatún-Schleusen erstreckt sich der ebenfalls künstliche angelegte Gatún-See. Da das gesamte Gebiet im Zuge des Kanalbaus
geflutet wurde, waren die heutigen üppig-grünen Inseln im
Gatún-See einst nichts anderes als Hügelspitzen.
Das östliche
Wassereinzugsgebiet des Panamakanals nimmt der Parque
Nacional Soberanía ein, ein langgestreckter Nationalpark
mit einer vielgesichtigen Vogelwelt. Weiter östlich schließt
sich der Parque Nacional Chagres an, der
für seinen Wasserreichtum und seine schwer zugänglichen Regenwaldgebiete
bekannt ist. Mitten im Gatún-See liegt die zum Naturschutzgebiet
erhobene Isla Barro Colorado, eine von
tropischem Regenwald überzogene Insel mit einer erstaunlichen Vogel-
und Schmetterlingsvielfalt.
Eine gute Möglichkeit, den Ablauf im Kanalbetrieb von der Landseite
aus zu verfolgen, besteht an den Miraflores-Schleusen.
Hier gibt es einen Besucherpavillon und überdachte Aussichtstribünen
genau an den Schleusen. Besonders eindrucksvoll ist es, wenn schwerbeladene
Containerschiffe die gewaltigen Schleusentore in Millimeterarbeit passieren.
In den Schleusenkammern geht es stets langsam voran, wobei die Schiffe
an beiden Seiten über Stahlseile mit Lokomotiven (mulas) verbunden,
stabilisiert und vorangezogen werden.
Markanter Punkt über der pazifischen Kanaleinfahrt von Balboa ist
die Puente de las Américas, eine
riesige Brücke, über die die Carretera Interamericana verläuft,
die "Traumstraße der Welt". Östlich des Kanals
fällt der Blick auf die weite Bucht von Panama mit den gigantischen Hochhaussilhouetten der Bank- und Bürozentren
von Panama-Stadt. Irgendwo hier muss im Jahre 1513 der spanische Konquistador
Vasco Núñez de Balboa (1475-1517) über den Landweg
an die Weite des Meeres gelangt sein, dem er den Namen "Südsee"
gab. So hat Balboa als erster europäischer Entdecker des Pazifiks
Einzug in die Geschichtsbücher gehalten; an der Seepromenade von
Panama-Stadt erinnert ein großes Denkmal an ihn, in Händen
hält er eine Flagge und ein himmelwärts gerichtetes Schwert.
Traumhafter
Palmen- und Badestrand auf der zum
San-Blas-Archipel gehörigen Insel Porvenir
Die Millionenmetropole Panama-Stadt bietet
ein seltsames Miteinander von Ansichten: Hochhäuser, Ruinen und
koloniales Gepräge. Das Ruinenareal ist als Panamá Vieja bekannt und legt Zeugnis von der ersten Ansiedlung
ab, die im Jahre 1519 gegründet wurde. Im Jahre 1671 war es der
berühmt-berüchtigte Pirat Henry Morgan, der es auf die Reichtümer
abgesehen hatte und die Stadt dem Erdboden gleichmachte. Heute schlendert
man zwischen wild verstreuten Haus-, Mauer- und Kirchenfundamenten umher
- eine interessante Reise durch die Vergangenheit. Den Neuaufbau nahmen
die Kolonialisten rund um eine kleine Landzunge vor, die sich in die
Bucht von Panama schiebt. Trotz vieler verrotteter Straßenzüge
und Fassaden hat sich die Altstadt, Casco Viejo,
ihr koloniales Gepräge bewahrt und ist von der Unesco zum Weltkulturerbe
der Menschheit erhoben worden. Zum historischen Viertel gehören
die an der Plaza de la Independencia gelegene Kathedrale, das Nationaltheater,
Klosterruinen, die Kirche San José mit ihrem vergoldeten Altar
sowie Bollwerke und Festungsmauern, von denen aus man bis hinüber
zur Skyline der modernen Hauptstadt schaut. Gen Südwesten schweift
der Blick bis zur Interamericana-Brücke und ins hinterliegende
grüne Hügelland. Dringender Hinweis: Selbst bei Streifzügen
über Tag ist das Altstadtviertel von Panama-Stadt nicht ganz ungefährlich.
Ein beliebter Bootsausflug führt ab Panama-Stadt zur Isla Taboga, einem 11-km²-Inselchen voller Farbtupfer: allüberall
Blumen und dazu die pastellfarbenen Häuschen im Örtchen Pueblo.
Eine etwas aufwändigere Anreise, nämlich einen etwa halbstündigen
Flug, erfordert ein besonders lohnendes Inselziel: die zum Las-Perlas-Archipel gehörige Isla
Contadora mit ihren Palmenhainen und puderweißen Stränden.
Panama setzt auf Ökotourismus und hat in dieser Hinsicht mit all
seinen Dschungelgebieten, Buchten, Stränden, Inseln, Bergregenwäldern,
Savannen und Korallenriffen viel zu bieten. Dennoch steckt manche Entwicklung
noch in den Kinderschuhen - für Entdeckungsfreudige gerade der
richtige Anreiz. Rund ein Drittel der Landmasse stehen als Nationalparks,
Forst- und Wildlifereservate unter Schutz. Hier ist die Heimat von über
10.000 Pflanzen-, 950 Vogel-, 225 Säugetier- und rund 210 Reptilienarten.
Zu den stattlichsten Vertretern der Fauna zählen Kaimane, Tapire,
Jaguare, Ameisen- und Nasenbären sowie verschiedene Meeresschildkröten.
Bekanntestes und größtes Schutzgebiet ist der von der Unesco
zum Weltnaturerbe deklarierte Parque Nacional
Darién, dessen 579.000 Hektar an die Grenze zu Kolumbien
stoßen. Papageien, Ozelote und Tapire sind dort ebenso beheimatet
wie die Harpyie, ein adlerartiger Greif- und gleichzeitig Nationalvogel
Panamas. Im Darién-Nationalpark findet man ausgedehnte Tieflandregenwälder,
Mangrovenforst, Sandstrände und Berge wie den knapp 1.900 Meter
hoch aufragenden Cerro Tacarcuna. Ausgangspunkt für Exkursionen
in den Park ist das Örtchen El Real,
das von Panama-Stadt aus regelmäßig angeflogen wird.
Weitere
interessante Naturschutzgebiete sind der nordöstlich von Panamas
zweitgrößter und alles andere als heimeligen Stadt Colón gelegene Parque Nacional Portobelo (tropischer
Regenwald, karibische Buchten, vorgelagerte Korallenriffe), der in der
Landesmitte gelegene Parque Nacional Altos de
Campana (Nadel- und Bergwälder, Heimat von Tapiren und vielerlei
Amphibien), der rund 240 Kilometer südwestlich von Panama-Stadt
entfernte Parque Nacional Sarigua (Trockenvegetation,
Salzböden), der im äußersten Süden gelegene Parque
Nacional Cerro Hoya (Flussquellgebiete, Lebensraum von Papageien),
der an die mittlere Karibikküste stoßende Parque Nacional El Cope (Nebelwald- und Quellgebiete), der im
extremen Nordwesten nahe Bocas del Toro zu findende Parque Nacional Marino Isla Bastimentos (maritime Ökosysteme, Strände, Riffe, Eiablegeplätze
von Meeresschildkröten) sowie der Parque
Nacional Isla de Coiba, der die gleichnamige Insel und fantastische
Korallenriffe umfasst und der westlichen Pazifikküste vorgelagert
ist.
Richtung Grenze zu Costa Rica stößt man auf weitere
wichtige Nationalparks: den Parque Nacional La
Amistad (greift mit seinen unberührten Regenwäldern
ins Nachbarland über) sowie den Parque Nacional
Volcán Barú, der sich um den gleichnamigen 3.475
Meter hohen Vulkanriesen legt und Lebensraum des berühmten Quetzal-Vogels
ist.
Bunte Stoffarbeiten sind ein beliebtes Mitbringsel
Panama ist nicht nur die Heimat des Panamahuts und ein Freihandels- und Shoppingparadies, sondern auch von wichtigen Ethnien, die in den Strömen der Zeit nicht untergegangen sind. So wie die im Dschungel von Darién beheimateten und - ganz bezeichnend - die Kuna im karibischen San-Blas-Archipel. Die Kuna haben den Tourismus als lukrative und kontrollierte Einnahmequelle erschlossen und heißen Besucher auf einem Traumeiland wie El Porvenir willkommen. Dort gibt es eine Landepiste für Propellermaschinen ab Panama-Stadt, kleine palmenbestandene Strände und ein winziges Hotel, in dem man fernab der Zivilisation die Seele baumeln lassen kann. Die richtigen Kunasiedlungen aus Holz und Stroh liegen auf anderen Inseln, nach El Porvenir treibt sie vor allem der Geschäftsinstinkt. Besuchern verkaufen sie farbenfrohe Wandbehänge, Tücher und Wickelröcke (molas) und stellen sich, wenn's denn sein muss, den Fotografen zur Schau. Mit festem Tarif: ein Foto ein Dollar.
Andreas Drouve
Mehr zu Panama
Reportagen
- Stolz statt Scham. Dank der Touristen bewahren die Emberas in Panama ihre traditionelle Kultur
- Medizin aus dem Regenwald
- Mit der BREMEN durch den Panamakanal