Text und Fotos: Judith Weibrecht
Die Weinland Steiermark Radtour ist eine Rundtour und führt auf 400 Kilometern durch die Region, doch geht es beileibe nicht nur um Wein. Einsteigen kann man an jedem Ort mit Bahnstation.
Auf Etappe 3 (Lieboch – Graz) fährt man über den höchsten Punkt der Tour bei Stiwoll und genießt fantastische Ausblicke
Weintraube, Apfel, Kürbiskern – alle drei sind mehr oder weniger rund, aber eine Steigerung in der Größe. Dem Dreigestirn wird man auf dieser Tour immer wieder begegnen. Um Essen und Trinken kommt man in diesem gesegneten/begnadeten Landstrich nicht herum, das wird schnell klar. Deshalb empfehle ich, den Etappenvorschlägen der „Weinland Steiermark Radtour klassisch“ zu folgen, die einem mit ca. 50 Kilometern pro Tag Zeit lassen für Sehens- und Probierenswertes links und rechts des Wegs. Ab und zu ein Tag Pause in einem der Thermenorte oder in Graz sei ein weiterer Tipp.
Häuser in Graz
Alles Apfel, oder was? Der Name der Tour weist eher auf Weintrauben hin, doch zunächst radeln wir ab St. Ruprecht an der Raab auf Etappe 5 durchs steirische Apfelland, das größte Apfelanbaugebiet Österreichs, ins Apfeldorf Puch und landen beim Obst- und Weinbau Kelz. 5,5 Hektar Obstbau gibt es hier, doch beileibe keine Monokultur, sondern auch Kirschen, Aronia und Holunder. Jetzt im Herbst duftet es herrlich, denn die Äpfel sind reif und momentan wird gebrockt, also geerntet. „Das pannonische Klima“, sagt Ploni Kelz, „ist sehr gut für die Äpfel, denn hier ist es fast immer warm oder heiß.“
Apfelernte beim Obstbauern Josef Kelz
Der Kaiser in Wien fragte einst schon, wenn man ihm einen anbot: „Ist der Apfel auch aus Puch?“, denn es waren seiner Meinung nach die besten, und Schriftsteller Peter Rosegger sprach gar vom Pucher Paradies. Dort spielte der Apfel ja auch eine Rolle, wie er überhaupt in der Mythologie immer wieder zu Ehren kam. Im „Haus des Apfels“ gleich nebenan erfahren wir: Avalon, das Apfelland, war bei den Kelten ein Symbol für Liebesfreude und Frühling, und in der Antike galt die Frucht als Sinnbild für Liebe und Fruchtbarkeit. Bereits zur Römerzeit gab es vor Ort Apfelanbau. Ein römischer Grabstein in der Kirchhofmauer, der eine Frau mit einem Apfel in der Hand zeigt, weist darauf hin.
Abakus - Apfelbrand aus Puch
Geheimnisse und Mythen bedient man hier gerne: Die 15 Apfelmänner von Puch sperren sich einmal pro Jahr drei Tage und zwei Nächte in einem Keller ein und brennen einen ganz besonderen Apfelschnaps namens Abakus. Zur Erntezeit muss nämlich die in diesem Jahr beste Sorte herausgefunden werden. Eine schwierige Arbeit, die standhafte Mannsbilder erfordert, (die vielleicht gar nicht so standhaft sind und sich deshalb verstecken, wird gemunkelt). Zur Abstimmung dient ein Abakus. 1444 Flaschen pro Jahr werden vom „Abakus“ hergestellt, denn das ist das Gründungsjahr der Pucher Kirche. Sepp, der Kellermeister, sagt, dass jedes Jahr an der Kirchenmauer eine Flasche eingemauert wird, die erst nach 100 Jahren oder wenn ein Papst nach Puch kommt, geöffnet werden darf. So steht es im strengen Regelwerk, das die Apfelmänner befolgen müssen. Diese z. B. ist am Abakuskeller angeschlagen:
Achte Regel der Apfelmänner
Neben den geistigen wird auch den irdischen Genüssen genüge getan: Ploni Kelz serviert den besten Apfelstrudel meines Lebens, dazu Apfelwein und Apfelsaft oder Gespritzten. „Wir waren auch im Guinness Buch der Rekorde“, erzählt Bürgermeisterin Gerlinde Schneider stolz, die im Mostschank mit am Tisch sitzt, „und zwar mit dem längsten Apfelstrudel der Welt!“ Über drei Kilometer maß er.
Ploni Kelz serviert Apfelstrudel
Auch ein paar Kilometer weiter, im Wirtshaus Meissl an der steirischen Apfelstraße dreht sich alles um die Frucht. Kunststück, Wirtin Petra Meissl, im mit Äpfeln bedruckten Rock, ist stellvertretende Obfrau der Steirischen Apfelstraße.
Fruchtomat
Genug geapfelt. Was uns als nächstes begegnet, ist ein Fruchtomat, gefüllt mit Himbeeren. Das Feld liegt direkt hinter der Maschine. Weiter geht‘s an den 40 Hektar großen Stubenbergsee, wo einige Schwimmer und Stand-up-Paddler zu beobachten sind, und durch die von der Feistritz durchflossene Stubenbergklamm in den Naturpark Pöllauer Tal und auf einen Abstecher zur Ölmühle Fandler.
Subenbergsee
Wir verkosten verschiedene der hier an die 50 mit einer Stempelpresse gewonnenen Öle: Lein-, Mandel-, Haselnuss-, Chia-, Hanföl. Kürbiskernöl, um das es in der Steiermark hauptsächlich geht, gibt es natürlich auch, aber eben nicht hauptsächlich. Die Ölspur zieht sich durch die gesamte Radtour, heute abend im „Gasthof Pack“ in Hartberg in Form einer Kürbiscremesuppe, auf der selbstverständlich ein Klecks des tief grünbraunen Kürbiskernöls prangt – der Gesundheit und des nussigen Geschmacks wegen.
Kürbisernte
Rechts vom Radweg werden die Kürbisse gerade geerntet. Fotostopp. „I bin der Dschosi!“, sagt da der Radguide Josi Thaller, „und i komm aus Fürstenfeld!“ Das sieht man, denn auf dem Rücken seines Fahrradtrikots prangt „I wui ham nach Fürstenfeld!“ Ein Hit, der das Städtchen bekannt gemacht hat. Vom hübschen Hartberg aus radeln wir mit ihm auf dem Thermenradweg gen seiner Heimat. Am Thermenradweg R12, der Teil der Weinland Steiermark Rundtour ist, reihen sich die die Bäder aneinander wie Perlen an einer Schnur.
Rogner Bad Blumau
Die H2O-Therme in Bad Waltersdorf, eher für Familien mit Kindern konzipiert, die ruhigere Heiltherme Bad Waltersdorf und das Rogner Bad Blumau mit seinen fantasievollen, farbenfrohen Bauten von Friedensreich Hundertwasser, auf denen Bäume wachsen. Es ist das größte bewachte Gesamtkunstwerk von Hundertwasser weltweit, scherzen die Steirer.
Hundertwasser-Bauten
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Immer ein Jodeln auf den Lippen, die stämmigen Waden in kniekurzen Lederhosen zur Schau gestellt, forschen Schrittes die Alm überquerend - so ähnlich stellt man sich jenseits der Alpen die Österreicher oft vor. Man findet solche Klischees natürlich auch in der Wirklichkeit, aber nicht alle auf einen Haufen und vielerorts aus Marketinggründen gehegt und gepflegt. Genauso wenig wie alle Bewohner der Nordseeküste pfeifenrauchende Seebären sind, sind alle Österreicher trachtentragende Bergfexe. In Österreich ist die Zeit nicht stehen geblieben, das Land ist ein moderner Kleinstaat, seit der Öffnung des Ostens wieder ins Herz Europas gerückt.
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Flachlandtiroler seien gewarnt, denn wellige Kuppen mit lang gezogenen Anstiegen erfordern ein gewisses Stehvermögen. Salzburg mit der Hohensalzburg ist Ausgangs- und Endpunkt der Tour – und das Weltkulturerbe sollte man nicht nur bei einem nachmittäglichen Bummel durch die Gassen des „bürgerlichen“ und des „geistlichen Salzburg“ genießen.
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„An einem Regentag beginnen die Farben zu leuchten“, so lautete das Motto des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser. Heute regnet es nicht, sondern die vergoldeten Kugeln, die die blauen Säulen der lilafarbenen MS Vindobona zieren, glitzern prachtvoll in der Sonne. 1995 wurde das mittlerweile 30 Jahre alte Fahrgastschiff nach den Vorschlägen Hundertwassers umgestaltet und lädt seit dem zu Fahrten auf der Donau und im Donaukanal rund um Wien ein.
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Italienische Baumeister waren es, die im 17. und 18. Jahrhundert die zahlreichen Kirchen der Stadt Linz entwarfen, darunter auch Pietro Francesco Carlone, dem der Alte Dom zu verdanken ist. Hier war der Komponist Anton Bruckner mehr als ein Jahrzehnt lang als Domorganist tätig. Diesem berühmten Sohn der Stadt war ursprünglich das alljährlich im September/Oktober stattfindende Brucknerfest gewidmet, das sich unterdessen nicht mehr ausschließlich dem Erbe Bruckners verschrieben hat.
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