Gran Canaria

 

Überblick

Ihren Namen erhielt die Insel - und dadurch das ganze Archipel - von dem römischen Naturforscher Plinius dem Älteren, der zwar die Inselgruppe in der antiken Tradition als "Insel der Seligen" bezeichnete, aber Gran Canaria wegen der zahlreichen, dort lebenden Hunde den Namen "Canaria" (Hundeinsel) gab. Tameran, Land der Tapferen, hieß Gran Canaria hingegen bei den alten Kanariern. Zurecht, denn lange Zeit blieb es den Spaniern versagt, sich auf der Insel festzusetzen, der Widerstand war zu heftig. Erst 1478 gelang es Juan Rejón, seine Stellung für längere Zeit zu behaupten. Im gleichen Jahr gründete er die heutige Hauptstadt als Villa Real de las Palmas. Fünf Jahre später war die Inselbevölkerung vollständig unterworfen.

Las Palmas - brodelnde Hafenstadt

Seit 1927 ist Las Palmas die Hauptstadt einer Provinz, zu der neben Gran Canaria auch Lanzarote und Fuerteventura gehören. Im Vergleich mit der eher vornehmen und würdevollen Hauptstadt der Nachbarprovinz, Santa Cruz de Tenerife, erscheint Las Palmas als brodelnde Hafenstadt mit internationalem Flair. Schon vor 200 Jahren bezeichnete Alexander von Humboldt Las Palmas als "Karawanserei des Weltmeers". Durch die lichterfüllten Straßen bummeln Matrosen aus fast allen Ländern der Welt auf der Suche nach dem mehr oder weniger kurzlebigen Vergnügen, bevor sie mit ihren Fischereiflotten wieder für Wochen oder gar Monate in See stechen, fliegende Händler aus Nordafrika bieten auf den Märkten und am Hafen ihre Waren feil. Am meisten Trubel herrscht in der Calle Mayor de Triana: Kaufhäuser, Banken und gediegene Geschäfte säumen die berühmte Geschäftsstraße, die sich abends in einen Boulevard der Eitelkeiten verwandelt.

Kolonialarchitektur in der Altstadt

Las Palmas hat zwar einen Hafen, aber kein richtiges Zentrum: Über 13 Kilometer hinweg erstreckt sich die Stadt von der Halbinsel La Isleta bis zum Altstadtbezirk von La Vegueta. Rund um das alte Rathaus, das Columbus-Haus, den Bischofspalast und die Kathedrale Santa Ana - übrigens der einzige größere gotische Kirchenbau auf den Kanarischen Inseln - herrscht dort noch der Stil der Kolonialarchitektur vor. Stille Seitenstraßen, verwinkelte Gassen und hölzerne Balkone vermitteln ein Gefühl von Ruhe und Geborgenheit.

Gran Canaria / Kolumbus-Haus

Columbus-Haus

Traumstrand Playa de Las Canteras

Las Palmas hat das Glück, einen der schönsten Sandstrände am Atlantik direkt vor der Haustüre zu haben. Was für Rio de Janeiro die Copacabana, ist für Las Palmas die Playa de Las Canteras: Ein harmonischer Gegenpol zur Hektik der Stadt. Da der Hafen mit seinen weit ins Meer greifenden Molen und der Strand von Las Canteras durch die Halbinsel La Isleta getrennt werden, verfügt der vier Kilometer lange und bis zu 30 Metern breite goldgelbe Sandstrand über eine hervorragende Wasserqualität; die vorgelagerten Felsenriffe Los Rompientes dienen als natürliche Wellenbrecher und erlauben ein gefahrloses Baden. Kein Wunder also, dass gleich hinter dem Strand zahlreiche Hotels zu finden sind.

Gran Canaria / Playa de las Canteras

Playa de Las Canteras mit Booten und Hotels hinter der Promenade

Las Palmas ist als urbanes Zentrum auf den kanarischen Inseln konkurrenzlos. In den Gassen und Straßen herrscht Tag für Tag das gleiche Chaos; es regiert die Anarchie. Die mehrfache Verdopplung der Einwohnerzahlen innerhalb eines Jahrhunderts haben die Stadtplaner nicht bewältigen können. Wie auch, denn wen interessiert schon eine Baugenehmigung? Mehr als 425.000 Menschen wohnen derzeit in der bedeutendsten spanischen Hafenstadt, und sie genießen das Leben in vollen Zügen: In keiner anderen Stadt Spaniens gibt es im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr Restaurants, Cafés, Bars, Kneipen und Diskotheken. Weniger "dolce vita" als "high life" ist angesagt.

Die Schattenseiten von Las Palmas sind jedoch nur schwer zu übersehen: Auf der Halbinsel Isleta ziehen sich die windschiefen Hütten der Ärmsten bis ans Meer, Taschendiebstahl, Prostitution und Drogen gehören zum Alltag. Die Aussicht auf Wohlstand und Reichtum hat zahlreiche Menschen dazu veranlasst, ihre angestammten Dörfer zu verlassen. Für viele wurde Las Palmas zum Friedhof der unerfüllten Hoffnungen.

Wie Sand zu Gold wurde

Die Rede ist nicht vom Guanarteme Tenesor Semidan, dem Guanchenfürsten, der sich 1483 den Spaniern ergeben hatte, sondern vom "Conde" oder mit vollem Namen: Don Alejandro del Castillo y del Castillo, Bravo de Laguna, Conde de la Vega, Grande de Guadelupe. Dem Grafen und seinem weitverzweigten Familienclan gehört fast der gesamte Süden von Gran Canaria. Dieser bestand bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts größtenteils nur aus einem riesigen Sandhaufen, erst der Tourismus verwandelte den Sand in Gold. Bis 1960 war sogar der Zugang zu den Dünenlandschaften und Stränden für Unbefugte untersagt.

Gran Canaria / Dünen

Wanderdünen bei Maspalomas

Doch dann importierte der Graf vom spanischen Festland den wundersamen Segen des Massentourismus. Mit Hilfe deutscher und skandinavischer Architekten entstanden 1963 bei San Augustín die ersten Touristenunterkünfte, denen schnell weitere folgen sollten; dreißig Jahre später verbrachten weit mehr als eineinhalb Millionen Sonnenhungrige die schönsten Tage des Jahres im Süden Gran Canarias.

Die absoluten Zentren des Massentourismus sind Maspalomas, Playa des Inglés und Puerto Rico. Von Anfang an stellten die Deutschen unter den Urlaubern das größte Kontingent; hier ist es nicht nötig, spanisch zu sprechen. Angesichts der riesigen Appartementanlagen, Hotelburgen und den überfüllten Stränden mit Sonnengarantie scheiden sich die Geister: Für die einen sind sie der Inbegriff eines unbeschwerten Urlaubsvergnügens, andere möchten nicht einmal kostenlos hier wohnen.

Kunstwerk Wanderdünen

Massentourismus hin, Massentourismus her, es gibt jedoch einen guten Grund, weshalb man unbedingt den Süden der Insel aufsuchen sollte: Bei Maspalomas hat die Natur im Laufe der Zeit eine phantastische Dünenlandschaft aus herrlichem Saharasand geschaffen.

Gran Canaria / Dünen

Wanderdünen bei Maspalomas

Sandkorn für Sandkorn wurde in Abertausenden von Jahren von den Südwestwinden hierher getragen. Sobald die Sonne tiefer sinkt, verwandeln sich die ausgedehnten Wanderdünen in ein fein modelliertes Kunstwerk mit elegant geschwungenen Graten und sanften Kuhlen. Ein Refugium für seltene Vögel und Insekten!

"Versteinertes Ungewitter"

Das Zentrum von Gran Canaria wird vom zerklüfteten Bergland rund um den Pozo de las Nieves und der Caldera de Tejeda geprägt. Der Schriftsteller und Philosoph Miguel de Unamuno y Jugo lobte 1909 den Blick vom Cruz de Tejeda in den höchsten Tönen: "Von steilen Pfaden an abrupten und jähen Klüften schauen wir auf das Tal von Tejeda. Der Anblick ist überwältigend: All diese schwarzen Mauern der großen Caldera mit ihren noch aufragenden Felsen, mit Bergkämmen, die wie Zinnen wirken, erwecken den Eindruck einer dantesken Vision. Nichts anders können die Calderen des Infernos gewesen sein, die der Florentiner besuchte: Ein fürchterlicher Tumult der Eingeweide der Erde! All dies gleicht einem versteinerten Ungewitter..."

Gran Canaria / Roque de Bentaiga

Am südlichen Rand der Caldera steht auch das viel fotografierte Wahrzeichen der Insel: Der 1803 Meter hohe Roque Nublo, der "Wolkenfels". Um fast 80 Meter überragt der wuchtige Monolith seine Umgebung. Ein ehrfürchtiges Relikt aus der Zeit, als die vulkanischen Kräfte im Inneren von Gran Canaria brodelten. In der mystischen Vorstellungswelt der Urbevölkerung kam dem steinernen Herz der Insel eine große Bedeutung zu: Am Roque de Bentaiga (Foto) errichteten sie eine Kultstätte.

Geheimnisvolles Höhlensystem

Die beeindruckendste Hinterlassenschaft der Urkanarier ist jedoch der Cenobio de Valerón im Osten von Gáldar. In den leicht zu bearbeitenden Tuffstein wurde ein großzügiges Höhlensystem mit mehreren Etagen gehauen, die durch Pfade und Treppen miteinander verbunden sind.

Gran Canaria / Höhlen von Cenobio de Valeron

Die Höhlen von Cenobio de Valerón

Es ist bis heute unklar, ob es sich um eine Art Jungfrauenkloster oder ein großes Vorratslager handelt. Eine andere Höhle in der Umgebung von Gáldar, die Cueva pintada, fasziniert durch geometrische Ornamente, mit denen die Wände verziert sind. Solche Wandmalereien sind nur auf Gran Canaria zu finden. In Artenara, dem mit 1251 Metern höchstgelegenen Dorf der Insel, leben die Bewohner hinter weiß getünchten Fassaden noch immer in den Höhlen ihrer Vorfahren.

Gran Canaria / Hohlen von Artenara

Höhlenwohnung in Artenara

Die Höhlen sind der heilenden Vulkanstrahlung ausgesetzt und sorgen im Sommer für ein sehr angenehmes Klima. Sehenswert ist die in den Fels gehauene Höhlenkirche.

Gran Canaria / Höhlenkirche in Artenara

In den Fels gehauene Höhlenkirche in Artenara

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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