Tanz auf dem Vulkan

Islands energiegeladene Hauptstadt Reykjavik

Text und Fotos: Nadine Slaby

Auf den ersten Blick ist Reykjavik eine moderne, von großen vierspurigen Straßen durchzogene Stadt, mit vielen bunt gedeckten Dächern, die im deutlichen Gegensatz zu der sie umgebenden, kargen Natur steht. Eine moderne Großstadt am scheinbar unwirtlichen Ende der Welt.

Island - Reykjavik - Skyline

Blick auf Reykjavik mit der Hallgrimskirkja

Doch der erste Eindruck täuscht.  Denn in der Altstadt, am mitten in der Stadt gelegenen See Tjörnin, findet der Reisende viele Kunsthandwerksläden und Cafés in malerischen kleinen Gässchen, die zum Verweilen und Genießen einladen. Überhaupt zeigt sich die Stadt hier von ihrer besonders charmanten und künstlerischen Seite. Überall trifft der Blick auf Skulpturen, finden sich Ausstellungen und Galerien vor atemberaubender Meereskulisse. Besonders zu empfehlen sind Besuche im Reykjavik Kunst Museum (Hafnarhús) sowie im Museum 871+2. Letzteres zeigt bei Bauausgrabungen im Jahr 2001gefundene Relikte eines Langhauses aus der Wikingerzeit sowie eine Grassodenmauer, die möglicherweise Teil einer Feldumrandung war. Der Name des Museums ist zurückzuführen auf die Datierung der gezeigten Funde. Ihr zugrunde liegt eine vulkanische Ascheschicht, die auf das Jahr 871 n.Chr. angesetzt wird. Die Abweichung der Datierung umfasst maximal einen Zeitraum von zwei Jahren. Dieses Langhaus gilt als eines der ersten im Gebiet von Reykjavik. Das neu gestaltete Museum zeigt mit großem technischen Aufwand die Lebensweise der ersten Siedler und führt den Besucher Stück für Stück zurück in eine vergangene Welt.

Island - Reykjavik - Orgel der Hallgrimskirkja

Orgel der Hallgrimskirkja

 Die Sehenswürdigkeiten der heutigen Stadt beeindrucken jedoch nicht minder. Die über der Stadt thronenden Heißwassertanks unter der riesigen Glaskuppel sichern die Versorgung der gesamten Stadt mit heißem Wasser. Perlan, wie das architektonische Meisterwerk genannt wird, fällt schon von weitem durch seine futuristische Silhouette auf. Von der Terrasse eröffnet sich ein herrlicher Blick über die Stadt, den Fjord und die Berge im Hintergrund. Auch das zweite Wahrzeichen Reykjaviks, die Hallgrimskirkja, ist von hier aus zu sehen. Diese von Gudjón Samúellsson entworfene Kirche, deren Front an die Basaltsäulen im Westen der Insel erinnern soll, beherbergt in ihrem Inneren eine beeindruckende Orgel mit 5572 Pfeifen. Wer das Glück hat, dieses meisterhafte Instrument und den Organisten der Kirche, Hördur Áskelsson, in Aktion zu erleben, sollte sich ausreichend Zeit nehmen und die Akustik des Kirchenschiffs genießen.

Die Statue vor dem Gotteshaus zeigt Leifur Eiríksson, den Amerikaentdecker, der die Kirche keines Blickes würdigt.

Kultur und Spaß bis in den frühen Morgen

Ein weiteres Highlight, das den Besucher nach der eigentlichen Touristensaison erwartet, ist die Wiedereröffnung der vielen Theater und der Oper nach der sommerlichen Spielzeitpause. Für Musikfans hält die Stadt nun Festivals bereit, die auch von den Bewohnern der Stadt geliebt und besucht werden. So pulsiert gerade dann, wenn die Tage wieder kürzer werden, das Leben in Reykjavik. Das vielgerühmte Nachtleben beginnt in Island erst spät und endet in den frühen Morgenstunden. Die kleinen Cafés verwandeln sich in den Abendstunden häufig in Bars mit Livemusik von Jazz über Rap bis Folklore. Die jeweils „angesagteste“  unter ihnen erkennt der Reisende schnell an den langen Warteschlangen vor der Tür.

Die Umgebung von Reykjavik

Island - Reykjavik - Landschaft

 Doch auch wenn das Nachtleben bis in die frühen Morgenstunden geht, sollte man nicht allzu lange in den Federn bleiben, denn auch rund um die Stadt gibt es eine Menge zu entdecken. Die landschaftlichen Besonderheiten in Reykjavik und Umgebung begeistern durch ihre Schönheit und Vielfalt. Bei Wanderungen durch das vor der Stadt liegende Lavagebiet, zwischen Lavagestein und überraschend üppiger Vegetation, bläst der nie ganz verstummende Wind dem Besucher den Kopf frei. Besonders die Golden Circle Tour führt schnell zu den berühmten Naturphänomenen Islands. Am historischen Versammlungsplatz Islands, Þingvellir, informiert ein Denkmal über das alte Parlament und die alte Art der Rechtssprechung. Für Islands Einwohner geht von diesem Ort ein besonderer Zauber aus. Der um dieses Areal entstandene Park bietet zudem interessante Einblicke in die Geologie der Insel. Nur hier ist es dem Besucher möglich, zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Kontinentalplatte, die jährlich cirka zwei Zentimeter auseinanderdriften, mit nur einem Schritt zu wechseln. Besonders deutlich wird dieser Bruch innerhalb der Insel an der Almannagjá-Schlucht, die kilometerweit ins Landesinnere ragt. Nicht weit von Þingvellir entfernt findet sich das nächste Naturphänomen, der gigantische Wasserfall Gullfoss, der über zwei Stufen in die Tiefe stürzt. An sonnigen Tagen wird er von Regenbogen gekrönt, doch auch im winterlich weißen Kleid sind die Wassermassen ein besonderer Augenschmaus. Auch  Geysire befinden sich in diesem vulkanisch sehr aktiven Gebiet. Strokkur, der Aktivste unter ihnen, erfreut seine Zuschauer alle paar Minuten mit einer Wasserfontäne. Die anderen Geysire, darunter der "Geysir", der diesem Naturereignis den Namen gab, schlafen oder eruptieren nur bei Erdbeben.

Island - Reykjavik - Wasserfall

Nach solch einem eindruckvollen Tag besinnt man sich am besten auf eine isländische Tradition und begibt sich in eines der vielen Schwimmbäder. Die Blue Lagoon, 40 Kilometer außerhalb von Reykjavik, verspricht Entspannung mitten zwischen Lavafelsen. Die zum Spa ausgebaute Mineralquelle ist für ihre Heilkraft und ihr besonders reines Wasser berühmt. Der Besucher kann aus einer Vielzahl an Anwendungen wählen und im angenehmen, 39 Grad warmen Wasser die Eindrücke dieses abwechslungsreichen Landes wirken lassen.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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