Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther
Dass nicht nur Wein und Sekt an der Deutschen Weinstraße gekeltert und ausgeschenkt werden, sondern im März Hunderte von Mandelbäumen blühen, 50000 Feigenbäume bei milden Temperaturen bestens gedeihen und außerdem Pfirsiche, Aprikosen und Kiwis geerntet werden können, vermuten nur wenige. Doch 85 Kilometer Lebensfreude – so der Slogan zur Vermarkung der Deutschen Weinstraße – schließt Braeburn, Gala, Pilot und Berlepsch – Apfelsorten unterschiedlicher Geschmacksausprägungen – und kandierte Früchte, ob Ananas, Feigen, Aprikosen und Pflaumen, in das „Savoir vivre“ der Pfalz auch mit ein.
Kandierte Früchte lassen die Herzen von Süßmäulern höher schlagen
Sicherlich laden Weinwanderwege rund um Wachenheim dazu ein, die Sehenswürdigkeiten und die Weinlagen zu Fuß zu erkunden, die römische Villa Rustika in der Flur Mandelgarten zu besichtigen oder auf die Burg Wachtenberg hinaufzusteigen; doch unser Interesse gilt beim Besuch Wachenheims ausschließlich dem Apfel und kandierten Früchten.
Vom Großvater übernommen
Peter Zimmermann, der in die Fußstapfen seines Großvaters und seiner Eltern getreten ist, treffen wir nicht im Gelände, sondern auf seinem Hof, auf dem neben frischen Äpfeln auch Cidre, Apfelwein und Apfelbalsamessig und selbst gemachte Marmelade verkauft werden. Neben dem Weinanbau bewirtschaftet das Familienunternehmen Zimmermann noch 5 ha Obstanbauflächen. Dass man, so sagt Peter Zimmermann im Gespräch, nur so kleine Obstanbauflächen in der Region findet, ist der Flurbereinigung der 1970er Jahre geschuldet. Die Obstplantagen wurden damals Opfer des Weinanbaus. In den 1970er Jahren begann nämlich der Siegeszug des deutschen Weines. Kein Wunder also, dass sich zu jener Zeit die Weinanbaufläche in der Pfalz beinahe verdoppelte.
Peter Zimmermann probiert einen Tropfen seines Apfel-Seccos
Fein-süß oder süßsäuerlich
„Insgesamt haben wir 24 Apfelsorten im Angebot.“, führt Peter Zimmermann im Verlauf des Gesprächs aus. Der mittelgroße Berlepsch mit hohem Vitamin-C-Gehalt gehört ebenso dazu wie der mittelgroße, grünlichgelbe Pilot, eine Kreuzung aus Clivia und Undine. Idared, der von Oktober bis März im Verkauf ist, findet man zur richtigen Zeit im Hofladen ebenso wie die alte Sorte Ananas Renette, die bereits im 17. Jahrhundert kultiviert wurde. Aus Rubin und Vanda entstand der sehr saftige Topaz, der sich auch gut zum Backen eignet.
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, pflanzte ich doch heute noch einen Apfelbaum.“ Martin Luther
Kein Champagner, aber Schaumwein
Diese Früchtchen werden nicht nur frisch verzehrt, sondern auch zu Wein, Schaumwein und Bränden verarbeitet
„Unser Apfelschaumwein ist aus alten Sorten gemacht. Eine unserer Spezialitäten ist auch der Cidre, der besonders gut läuft.“, berichtet Peter Zimmermann nicht ohne Stolz. Dieser Cidre namens „Julchen“ schmeckt fruchtig-apfelig und ist mit 2% bis 4% vol. alc. recht alkoholarm. Als Cidre gilt ein Apfelwein, der in der Gärung gefüllt wird. Übersteigt der Alkoholgehalt die 4% vol. alc. so spricht man von Apfelperlwein, also einem Apfel-Secco, der im Geschmack eher herb ist. „Bei einem „Champagner“, den wir auch produzieren, nehmen Sie einen Stillwein und füllen diesen ab, geben eine Dosage dazu und leiten eine zweite Gärung ein und erreichen eine natürliche Kohlesäurenbildung, die in der Flasche bleibt.“ Natürlich darf Peter Zimmermann die geschützte Bezeichnung Champagner nicht verwenden, sondern darf nur Schaumwein herstellen und vermarkten. Und einen solchen macht er aus der alten Sorte Freiherr von Berlepsch.
Ob Dornfelder oder "Julchen" – das muss jeder selbst entscheiden
Aus Äpfeln wird Essig
Im Fass gelagert und nach traditioneller Rezeptur hergestellt wird bei Peter Zimmermann der Apfelbalsamessig. Dieser hat ein fruchtig-herbes Aroma und eignet sich für Ruccolasalat oder auch ein Champignon-Carpaccio. „Das klassische Verfahren ist “, so Peter Zimmermann, „dass man Most, unvergorenen Saft, nimmt, der zwei bis drei Tage geköchelt wird. Dann verdunstet das Wasser. Und von diesem Konzentrat beginnt dann die Essiggärung. Dazu braucht man eigentlich Holzfässerbatterien, die aus unterschiedlichen Holzsorten wie Kirsche und Esche bestehen. Jedes Holz gibt dem Essig einen anderen Charakter. Das ist für uns zu aufwändig, über solche Batterien verfügen wir nicht. Jedoch das Verfahren, aus Most Essig zu gewinnen, haben wir uns auch abgeschaut. Beim Einkochen des Apfels hat dieser kaum Oxidationsschutz und wenig Säure, er dunkelt nach. So gibt es dann nur braunen Essig.“ Doch Peter Zimmermann fand auch ein Rezept für hellen Apfelbalsamessig, indem er die Maische einfror und dann presste, um ein entsprechendes Konzentrat als Grundlage für die Essiggärung zu gewinnen.
„Der Äpfelchen begehrt Ihr sehr und schon vom Paradiese her.“ Johann Wolfgang von Goethe
Was man sonst noch aus Obst machen kann, erfahren wir auf der nächsten Station unseres Besuchs an der Deutschen Weinstraße: der Confiserie Manufaktur Biffar.
Feigen, Ananas, Zitronen im „Zuckermantel“
„Wir beschäftigen uns von Anbeginn des Unternehmens mit Früchten“, sind die ersten Worte der Geschäftsführerin Lilli Biffar-Hischbil bei meinem Besuch der Confiserie. Dass sie auch gerne kandierte Früchte, aber auch Ingwer Mandel isst sowie Ingwer frisch und kandiert, verrät uns die Firmenchefin während des Rundgangs.
1890 entstand das heutige Unternehmen inmitten der besten Weinberglagen von Deidesheim. Bei Biffar werden nicht nur Früchte kandiert, sondern auch Pralinen mit Ingwer und Früchten hergestellt. Nicht nur Trüffel gibt es, sondern auch eine Geißbockpraline, für die Ziegenmilch verwendet wird.
Blick auf kandierte Feigen im geöffneten Autoklav
In einer der Produktionshallen liegen Feigen auf einem Sieb in einem Autoklav, Zitronen und Ananas in jeweils anderen Autoklaven. Diese sind mit Zuckerlösungen gefüllt. Tag für Tag wird die Lösung in ihrer Konzentration etwas erhöht: Allmählich tritt das Zellwasser der Frucht aus, und die Frucht nimmt mehr und mehr Zucker auf. Stets geprüft werden muss die Trockensubstanz der Frucht, um die neunmonatige Haltbarkeit zu gewährleisten. Das ist nur dann der Fall, wenn die Konzentration der Zuckerlösung in der Frucht die gleiche ist wie die der umgebenden Zuckerlösung.
Man muss sie stickeln
Die hochwertigen Früchte, die verarbeitet werden, kommen bis auf die grüne Mandel und die grüne Walnuss nicht aus der Region, sondern wie die Orangen aus Spanien. Beide Nusssorten müssen vor der Kerngehäusebildung geerntet werden, da sie mit der Schale verzehrt werden. Nach dem Pflücken kommen die Nüsse in den Betrieb und werden mit der Stickelmaschine bearbeitet, ihre Oberfläche mit Nadeln gestickelt. „Die Nüsse werden danach in Wasser eingelegt. Dann werden sie automatisch schwarz, weil ein Fermentationsprozess stattfindet, und gleichzeitig werden sie entbittert. Die Bitterstoffe der Fruchtschale werden nach und nach ausgelaugt. Die Nüsse werden nun in Zuckerlösung eingelegt und kandiert. Das gleiche Verfahren wie bei Feigen oder Ananas.“, erklärt mir der anwesende Süßwarentechniker Herr Weisbrodt, der schon seit vier Jahrzehnten im Betrieb ist. Doch nicht etwa die schwarzen Nüsse tragen im Kern zum Umsatz bei, sondern Ingwerstäbchen, die für 50% des Umsatzes gut sind.
Ein Süßwarentechniker prüft bei Biffar kritisch die kandierten Feigen
„Dickzuckerfrüchte“ brauchen íhre Zeit
Das Kandieren von Früchten ist ein aufwändiger Prozess und dauert in der Regel 10 bis 12 Tage. Ingwer jedoch wird vorkonserviert geliefert. Deshalb kann bei Ingwer bereits innerhalb von drei Tagen die gewünschte Haltbarkeit erzielt werden. Für den Prozess des Kandierens, so Herr Weisbrodt, arbeitet man mit Unterdruck und einer Temperatur von 60 Grad Celsius, zumindest bei Zitronen.
Ingwerstäbchen sind nicht nach jedermanns Geschmack
Nicht jeder mag kandierte Früchte, die doch recht süß sind und den Fruchtgeschmack bisweilen nur im Nachklang aufkommen lassen. Die Schärfe von Ingwerstäbchen, ob pur oder mit Milch- oder Bitterschokolade überzogen, ist auch nicht jedermanns Geschmack. Wie wäre es denn mit Carlsbader Pflaumen, einer Spätzwetschge, die mit Zartbitter-Schokolade überzogen ist? Halbe Orangenscheiben, in Schokolade getaucht, begeistern den einen Süßschnäbel, glasierte Früchte den anderen – und für alle hat die Confiserie Biffar die richtige Rezeptur.
REZEPT
Angemachter Käse mit Apfelbalsamessig
Butter, Camembert, Romadour und Zwiebelwürfel sind die Zutaten, die miteinander vermengt werden. Dabei werden Salz und Pfeffer dazugegeben, ehe der Angemachte in den Kühlschrank kommt. Der gekühlte Angemachte wird zum Servieren in Scheiben geschnitten und mit Kresse oder einer kleinen Cocktail-Tomate angerichtet sowie mit Apfelbalsamessig beträufelt. Wie wäre es mit einem kühlen Schluck Apfelsekt dazu?
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