Immer am Alpenhang lang

Der Bodensee-Königssee-Radweg

Text und Fotos: Judith Weibrecht

Beschilderung Bodensee-Königssee-Radweg

Still ruht der schimmernde Bodensee und der Löwe schaut herüber. Ein Abschiedsgruß vom bayerischen Löwen an der Hafeneinfahrt in Lindau wäre angemessen. Doch er steht stumm und brüllt nicht, da aus Stein gemeißelt. Häuser aus Stein wiederum waren früher selten, da teuer, erklärt Stadtführerin Frau Below. Das Material wurde extra aus der Schweiz geholt. Ärmere Leute wohnten in Fachwerkhäusern ohne Steinfundament. Das ist auch heute noch in den Gassen gut zu erkennen. Und manche Hausbesitzer wendeten einen Trick an und ließen die Fassaden so bemalen, als wären es Steinmetzarbeiten.

Die Hafeneinfahrt in Lindau, links der bayerische Löwe, rechts der neue Leuchtturm

Die Hafeneinfahrt in Lindau, links der bayerische Löwe, rechts der neue Leuchtturm

Allgäuer Hügelland

Zunächst geht’s über den Damm aufs Festland und noch eine Weile am schwäbischen Meer entlang. Durchs Allgäu führt der Weg auf kleinen Teersträßchen auf und ab, ab und auf durch weites hügeliges Land, grüne Wiesen mit gelben Löwenzahntupfern, vorbei an Kühen, Schafen, Pferden und Bauernhöfen. Kräuter, Käse, Quellwasser, reine Bergluft – so oder so ähnlich ließe sich das Allgäu in vier Worten beschreiben. Himmlisch eben, denn der zeigt sich außerdem von seiner besten Seite: Weißblau. In Lengatz gibt’s beim Bauern direkt am Radweg frische Milch, denn „Milch macht müde Radler munter“, verkündet das Schild. Die Tür steht offen, eine Kanne zum Schöpfen der Milch steht bereit, doch niemand zu sehen. Ich klopfe an der einzigen Tür und öffne: Sämtliche Kühe im Stall drehen kollektiv die Köpfe. „Muh!“, das soll wohl heißen „Grüß Gott!“

Milch für Radler gibt’s beim Bauern in Lengatz, direkt am Radweg

Milch für Radler gibt's beim Bauern in Lengatz, direkt am Radweg

Als Etappenort bietet sich nach Schloss Syrgenstein Stiefenhofen an, wo man im ältesten Haus am Ort im „Landgasthof Rössle“ den Kräuterwirt Axel Kulmus findet. Eine Bärlauchrahmsuppe aus der Allgäuer Kräuterküche weckt die Lebensgeister und ab geht’s in den Kräutergarten mit Frau Gnadl, der Schwester, zu den über hundert Kräutern zum Riechen, Anfassen und Probieren. Im Kräuterstüble im ersten Stock hängen sie alle getrocknet. Und abends gibt es ein Kräutermenü. In Stiefenhofen geht sowieso das Gerücht um, dass es, seit Axel Kulmus seine Kräuterküche eröffnet hat, kein Unkraut weit und breit mehr gebe. Brennesseln, Löwenzahn, alles wird verwertet. Außer Kräutern gibt es hier im Westallgäu Kühe, Milchwirtschaft, Käse und Sennereien satt.

Kräutermenü, Salat

Kräutermenü

Im Schlösserland

Auch Füssen am Forggenseeschreit nach einer längeren Pause, gibt es hier doch so viel zu sehen. Die bezaubernde Altstadt mit ihrer über 700-jährigen Geschichte lässt sich auch zu Fuß durchstreifen. Einheimische und Zugereiste sitzen in der Markthalle, der ehemaligen Schrannenhalle, friedlich bei einem Glas vereint. Am Stadtrand rauscht der türkise Lech über den Lechfall. Schilder weisen auf die „Königsschlösser“ hin. Schloss Neuschwanstein und Hohenschwangau sind natürlich ein Muss: Der Mythos vom verrückten „Kini“ und seinem mysteriösen Tod am 13. Juni 1886 spült auch heute noch Geld in die Kassen des Freistaats. Vor dem weißen Märchenschloss herrscht babylonische Sprachverwirrung. Eine japanische Reisegruppe erhält Einlass, es folgt eine französische. Man schiebt sich durch die Prachträume und Säle Ludwigs II., durch den Thronsaal im Stile einer byzantinischen Kirche, ein Schlafzimmer mit einem Himmelbett, das wie ein Chorgestühl anmutet und das königliche Wohnzimmer mit Gemälden, die sich auf die Lohengrinsaga beziehen mit dem Schwaneneck, dem Lieblingsleseplatz des Königs.

In der Altstadt von Füssen

In der Altstadt von Füssen

Seen sehen

Die schroff aufsteigende Gebirgskette der Ammergauer Alpen im Blick geht es weiter. Ein Stück radelt man am Bannwaldsee entlang, dann geht’s über die Dörfer und zum Kochelsee, durch Bad Tölz und über die Isar, nach Tegernsee und zum Schliersee. Seenland. Ein Schäferhund übt Kunststücke im kühlen Nass und freut sich über sein Spiegelbild und das der bayerischen Berge. Ein Fischer setzt im Boot über den See. Der Radweg ist nah am Wasser gebaut. „Grüß Gott!“, übt sich eine norddeutsche Radlergruppe mit dem bayerischen Gruß. Kühe, Kälber und saftige Wiesen fliegen vorbei. Bei Altenmarkt geht’s über den Inn und hinauf nach Altenbeuern mit seinem urigen Marktplatz. Eine Radlermaß und eine Hochzeitssuppe in einem der schattigen Biergärten schmeckt hier nach dem steilen Anstieg noch einmal so gut. Rohrdorf liegt wieder unten, ein richtig bayerisches Dorf. Mitten drin und direkt am Radweg liegt das fahrradfahrerfreundliche „Hotel zur Post“ mit Radlschrauberecke, Pumpstation und angeschlossenem Biergarten. Das war’ dann also für heute. Radpause.

Schliersee

Blick auf den Schliersee

In Bernau streift man den Chiemsee oder macht eine kleine Runde darum herum auf dem Chiemsee-Uferweg. Das ist schon fast postkartenkitschig: Der weiß-blaue Himmi ist stahlblau mit Wolkentupfern. Das ändert sich auch bis Traunstein und Bad Reichenhall nicht, wo viele gleich zur Alten Saline mit Salzmuseum abbiegen. Kurz darauf kann man in Berchtesgaden ins Salzbergwerk einfahren.

Currywurst und das königliche Ziel

Am Ende die Kür: Der Königssee, Lohn der Mühen, liegt smaragdgrün in seinem Bett, umrahmt von hohem Kalkgebirgen. Auf dem See düsen die Bötchen hin und her. Geschäftig geht’s zu. Tief grüne Wälder zeihen sich die Hänge hinauf, dunkler Tann mit hellgrünen Nadelspitzen. Oben auf den Gipfeln gleißt das Licht auf dem weiß glitzernden Schnee. Bäche werfen sich die Kalkberge hinab. Urig ist’s. Doch auch jede Menge Busgruppen sind unterwegs. Die Straße zum See ist angefüllt mit Kiosken und Läden: Dirndl, Enzianschnaps, Leberkässemmeln, Radlermaßen und König-Ludwig-Flaggen gehen über den Tresen. Einer asiatischen Touristengruppe wird Currywurst als einheimische Spezialität verkauft, und ich erstehe ein jodelndes Murmeltier und lasse das Souvenir in den Packtaschen verschwinden. Das Bergpanorama ist überwältigend und gleich doppelt zu sehen: Im See spiegelt sich die einmalige Kulisse.

Das königliche Ziel: Der smaragdgrüne Königssee

Das königliche Ziel: Der smaragdgrüne Königssee

Jodelkurs am Königssee

Fazit: Dieser Radweg ist sicher kein gemütlicher Flussradweg, sondern hügelig mit teils steilen Anstiegen und rasanten Abfahrten, aber nie bergig. Grandiose Panoramen, interessante Städtchen und Seen satt liegen am Wegesrand. Vom südwestlichsten zum südöstlichsten See, vom Bodensee zum Königssee führte die Reise immer am Alpenhang lang. Nun geht’s nur noch per Schiff weiter: Nach St. Bartholomä und zum weltberühmten Königssee-Echo. Finale! Darf man vor Freude jodeln? Man muss. Und wer es nicht kann, besuche schnellstens einen Kursus oder lasse das jodelnde Murmeltier singen.

jodelnde oder pfeifende Murmeltiere

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