Tongabohnen-Stout, Bourbon-Bock und Süßholz-Porter

Bamberger Biersommeliers öffnen ihre Schatzkästchen

Text und Fotos: Rainer Heubeck

Wie begegnet eine der traditionsreichsten Bierstädte Deutschlands, das fränkische Bamberg, der neuen Craft Beer-Welle? Braucht man diese in einer Region überhaupt, die in Sachen Brauereidichte und Brauereivielfalt tatsächlich Weltspitze ist? Und ist das Reinheitsgebot ein wichtiges Qualitätslabel oder im Grunde genommen überholt? Ob ich bei einer Reise nach Bamberg Antworten finden werde auf diese Fragen?

Bamberg - Craft Beer

Bei Gregor Alic bin ich auf jeden Fall schon einmal an einer guten Adresse. Und höre von ihm, das ist selten in letzter Zeit, gleich ein Lob auf den US-Präsidenten. Dabei geht es Alic nicht um Donald Trump, sondern um Jimmy Carter. Er ist es gewesen, der in den USA das Hobbybrauen in den späten 70er Jahren legalisiert hat, und damit die erste Etappe des Craft Beer-Booms auf den Weg brachte. Was das alles mit Bamberg zu tun hat? Sehr viel, denn besonderes Bier braucht besondere Zutaten – und die Bamberger Firma Weyermann, für die Gregor Alic arbeitet, ist weltweit Marktführer für Spezialmalze, Karomalze und geröstete Malze. 85 verschiedene Malzsorten sind im Angebot, um neue Malzsorten auszuprobieren und zu testen gehört zum Unternehmen auch eine Braumanufaktur, in der Weyermann Versuche startet. Und eigene Biersorten herstellt, aber auch alkoholhaltige Malzgetränke. Diese dürfen nicht Bier genannt werden, weil sie nicht dem Reinheitsgebot entsprechen.

Bamberg - Weyermann Malzsorten

Um Craft Brauern aus aller Welt das richtige Malz empfehlen zu können, beschäftigte das Unternehmen neben Gregor Alic noch fünfzehn weitere Biersommeliers, die den Kunden Tipps und Ratschläge geben. Weltweit beliefert das Bamberger Unternehmen rund 5000 Kunden, in Deutschland sind es 1500. Die Erfolgsstory lief durchaus parallel zum Craft Beer-Boom: 1980 hatte Weyermann zwanzig Mitarbeiter, mittlerweile sind es fast 200. Längst hat man sich auch den Biertouristen geöffnet, zwei Mal pro Monat werden Bierseminare angeboten, zu verschiedenen Bierstilen, aber auch zu Themen wie „Bier und Käse“, „Bier und Brot“ oder „Bier und Schokolade.“ Selbst Kurse zum Biersommelier lassen sich hier belegen. Dabei geht es nicht um Besäufnisse, sondern darum, feinen Geschmacksnuancen nachzuspüren. Uns präsentiert Gregor Alic ein helles Bier mit Haselnussnote, ein Schlotfegerla-Rauchbier, das durch Rauchmalz eine feine Buchenholznote hat, und ein IPA (India Pale Ale), das relativ bitter schmeckt und einen beachtlichen Alkoholgehalt hat – 7,2 Prozent. „Dafür verwenden wir sieben verschiedene Hopfensorten, vier davon werden während des Brauvorgangs verwandt, drei werden später hinzugefügt, wenn das Bier bereits gelagert wird. „Beim Kochen bleibt das Bittere des Hopfens im Bier, aber die Aromen der Hopfenöle verschwinden weitgehend, bei der kalthopfigen Variante bleiben die Aromen im Bier“, erläutert Alic die Vorteile des sogenannten "Hopfenstopfens".

Bamberg - Craft Beer von Weyermann

Wenn man viel Hopfen ins Bier gibt, so erläutert Alic, dann braucht man auch ein starkes Malz, sonst erhält man nur hopfiges Wasser. Die Bierspezialitäten, die er uns kredenzt, sind alles andere als Massenbiere – pro Sud erzeugen er und seine Kollegen gerade mal 250 Liter. Die Spezialitäten werden im firmeneigenen Fanshop vertreiben und in fünf Bierlokalen innerhalb Bambergs ausgeschenkt. Doch wie ist das nun mit dem Reinheitsgebot? Mehr als siebzehn Millionen verschiedene Biere, so versichert Alic, ließen sich innerhalb der Grenzen des Reinheitsgebots brauen, mit verschiedenen Malz- und Hopfensorten, mit verschiedenen Hefearten und Brauvorgängen. Von den unterschiedlichen Brauwässern gar nicht zu reden. Doch dann holt er mit leuchtenden Augen auch noch einige Kostproben hervor, mit denen sich die Braumanufaktur außerhalb des Bereichs des Reinheitsgebots gewagt hat: Süßholz-Porter, Tongabohnen-Stout und ein Crazy Coriander, das gut zu indischen Gerichten passt. Als das Kloster St. Michael in Bamberg 1000-jähriges Jubiläum feierte, da versuchte man die Brautradition der Mönche nachzuempfinden – und kreierte ein „Kräutermischgetränk“ aus 97 Prozent Bockbier und drei Prozent Kräutersud. Darin enthalten: Süßholz, Kamille, Pfeffer, Safran und Ingwer.

Bamberg - Bierzutaten bei Weyermann

Natürlich lässt sich aus Braugerste noch viel mehr machen, doch das erwähnt Gregor Alic nur am Rande – etwa Gerstenwein mit 10,5 Prozent Alkohol, Whisky oder Gin. Und natürlich ist nicht jedes Malz, das hier hergestellt wird, tatsächlich aus Braugerste gemacht. Auch mit Weizen, Dinkel oder Roggen lassen sich hervorragende Malze und Biere herstellen. Bei einer Führung durch die Mälzerei steigt uns nicht nur ein süßlicher Duft in die Nase, wir erfahren auch weitere Details – und sind uns anschließend sicher, dass Bamberg nicht nur in Sachen Brautradition führend ist, sondern auch auf dem Weg in die Bierzukunft ganz vorne mit dabei ist.

Bamberg - Craft Beer - Journalistin Lisa Luginger

Mit der Bamberger Brautradition hat sich auch die Journalistin Lisa Luginger befasst, die einen 90minütigen Film zum Thema gemacht hat. Das hatte es ihr so angetan, dass sie sich auch gleich zur Biersommeliére ausbilden ließ – und seither auch im regionalen Braugeschäft mitmischt. Als Biersommeliére, das erklärt sie gleich zu Beginn unserer Verkostung, die im Brauerei-Gasthof Kundmüller im Landkreis Bamberg stattfindet, geht es nicht darum, besonders trinkfest zu sein, man braucht vor allem ein gutes Näschen „Achtzig Prozent des sensorischen Eindrucks kommt von der Nase“, verrät sie und schenkt ein erstes Gläschen ein. Das Weiherer-Zwickel ist ein unfiltriertes Kellerbier, in anderen Regionen wird ein solches Bier auch Zoiglbier genannt. Als nächstes Bier präsentiert sie uns ein Märzen, das speziell zu Ehren des Landkreis Bambergs kreiert wurde – und das auf dessen Brauereivielfalt und -dichte hinweist: es nennt sich 36 Kreisla, und nimmt Bezug auf die 36 Gemeinden, die den Landkreis bilden und in denen insgesamt rund sechzig Brauereien ihren Sitz haben. Drei davon haben sich zusammengetan, um dieses Bier zu erzeugen. Die Bierbezeichnung Märzen stammt aus der Zeit vor der Einführung der Kühlanlage. Denn da war zwischen St. Georg und St. Michael, sprich zwischen Mitte April und Ende September, bei den Brauern erst einmal Sommerpause angesagt. Der letzte Sud vor der Sommerpause sollte besonders haltbar sein, deshalb hat man ihm mehr Hopfen hinzugefügt und das Bier stärker gebraut. „Hopfen und Alkohol machen das Bier haltbarer“, erklärt Lisa Luginger und lobt die schöne Bernsteinfarbe und die feine Hopfennote des Märzens, das mit Röstmalz aus dem Hause Weyermann gebraut wurde. Viele der Biere, die Lisa Luginger kredenzt, sind beim European Beer Star-Wettbewerb bereits mit Medaillen ausgezeichnet worden, etwa das Weiherer Rauch, das Weiherer Bock und das Weiherer Keller. Doch Innovationskraft zeigt sich nicht nur an Medaillen, sondern vor allem im Geschmack. Bier aus dem Whiskyfass oder Bier auf dem Sherryfass – auch das hat die fränkische Landbrauerei mittlerweile im Angebot. Wobei der Weiherer Bourbon Bock, der nicht aus der traditionellen Bier-, sondern aus der Champagnerflasche ausgeschenkt wird, einen Alkoholgehalt von stolzen 8,4 Prozent hat. Bei der Kreation neuer Biere verlassen sich die bodenständigen Franken mittlerweile längst nicht nur auf ihre eigenen Ideen. Etliche ihrer Biere sind Gemeinschaftskreationen, die zusammen mit brasilianischen oder amerikanischen Craft Brewern entwickelt wurden.

Bamberg - Craft Beer 36 Kreisla der Brauerei Kundmüller

 

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