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Kolding
Kunstmuseum Trapholt

Michael Kvium und Kjell Erik Killi-Olsen "In Clay and Paper" bis 30.12.2023

Arne Jacobsen Kubeflex dauerhaft

Skulpturenpark dauerhaft

Die ausgestellten Werke wurden von den zwei international anerkannten Künstlern Michael Kvium aus Dänemark (geb. 1955) und dem Norweger Kjell Erik Killi-Olsen (geb. 1952) erschaffen. Sie erleben, wie die bekannten zweidimensionalen Motive der Künstler fast von den Leinwänden der Gemälde kriechen und sich auf Schüsseln, Töpfen und Vasen niederlassen. Was macht das mit unserem Empfinden der Figuren? Sind da Alpträume materialisiert worden? Ist da eine eigene Welt von Science-Fiction künstlerisch geschaffen worden? Spielen die beiden Künstler mit dem Phänomen von Ekel und Abscheu?

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Vorab noch ein Gedanke, der beim Anblick der aus Krügen und Eimern kriechenden Kreaturen mit und ohne Totenschädel aufkommen mag. Erinnert dies nicht an eine Szene aus der Verfilmung „der Blechtrommel“, in der ein Pferdeschädel aus dem Wasser gezogen wird, aus dem sich dicke Aale winden? Hier und da meint man da eine Art Wiedererkennung zu sehen. Zudem scheinen die Gestalten in Ton teilweise bizarren und gruseligen Alpträumen zu entspringen, auch der Ring von „Schlammspringern“ mit Totenschädeln.

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„Die Katzen, die zum Festmahl kamen“ nannte Kjell Erik Killi-Olsen eine seiner Tonarbeiten. Auf einem grünen Bord liegen die „Leckereien“ fürs Katzenmahl, ein langhalsiger toter Vogel, Füße von Hühnervögeln(?), Innereien und ein Fischschädel mit geöffnetem Maul (?). Nun ja, der Anblick ist gewöhnungsbedürftig. Und was macht der Mann in dem Tiergatter, den wir beim Rundgang auch sehen? Der Titel der kleinformatigen Tonarbeit klärt auf: „Ein Junge, der nie Bauer werden wollte“. Und doch ist er mit seinen Tieren gefangen, lebenslang, es sei denn der Ausbruch gelingt.

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Auf einem Gemälde namens „Niemandsland“ sehen wir Tierbälge, die nebeneinander hängen. Erdfarben bestimmen dieses Gemälde von Michael Kvium. Weitergehend stehen wir vor vier Schlammspringern bzw. Neunaugen mit Totenschädeln statt Fischköpfen. In jedem Horrorfilmstreifen könnten Sie Verwendung finden. In Ton hat Kvium einen „zirkulären Zusammenhang“ geschaffen. Dass Kjell Erik Killi-Olsen auch das Medium Malerei in Öl beherrscht, unterstreicht er in „Zwillingsfische“. Auch hier ist der Alptraum gegenwärtig, sieht man eine grüne Fratze, das Porträt eines Geblendeten, so scheint es, Maskeraden und Porträts, die auch der Welt eines James Ensors entstammen könnten. Schließlich sieht man auch zwei Fische, die im weit aufgerissenen Maul eines Ungetüms verschwinden.

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Schon im Titel deutet sich Geheimnisvolles und wahrscheinlich auch Angsteinflößendes an: „Der geheime Wald“, ein Gemälde von Kjell Erik Killi-Olsen. Im Wald scheint es zu spuken, scheinen Wesen die Regentschaft innezuhaben, die Schrecken einflössen. Das Märchen von Hänsel und Gretel ist dagegen ganz harmlos. Wer kriecht denn da über den Rand des Keramikeimers? Sepias, Kraken, Meeresunwesen, die Kvium für uns eingefangen hat? Ein Mischwesen zwischen Eule, Gottesanbeterin und Koboldmaki sehen wir in einer weiteren Arbeit obendrein. Erneut ist es Killi-Olsen, der uns gespenstische Welten nahebringt. Fehlt da nicht noch die Medusa? Ja, die sehen wir auch, da Kvium eine entsprechende Arbeit in Keramik präsentiert.

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Mit einem „Nachträglichen Einfall“ werden Besucher außerdem konfrontiert. Zu sehen sind Figuren auf einem Baumstamm, die eine ein Blatt mit drei Punkten in der Hand haltend, die andere einen Hut hinhaltend, in den wohl Vorübergehende Münzen werfen sollen, denkt man bei der Geste an Bettelnde. Provokant ist zudem eine Arbeit, die ein dreidimensionales Gehirn auf einer „marmorierten“ grauen Fläche zeigt.

Gruselkabinett oder der Blick in den Orkus – diese Frage stellt sich nach dem Rundgang durch die Schau, die zwei skandinavische Künstler präsentiert, die zumindest in Deutschland eher Unbekannte sind.

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© text und fotos ferdinand dupuis-panther

Info
https://trapholt.dk/de/

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Arne Jacobsen Kubeflex dauerhaft

Für die meisten sind Arne Jacobsens weltbekannte Stühle ein Begriff: die Serie 7, die Ameise, der Schwan und das Ei. Aber der dänische Architekt und Formgeber hat auch ein Sommerhaus erschaffen, das nur die wenigsten kennen. Das Haus trägt den Namen „Kubeflex“, da es aus kubusförmigen Modulen besteht, die auf unzählige Arten flexibel miteinander kombinierbar sind. So kann die Größe nach Bedarf geändert werden.

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Entworfen wurde das Haus in den Jahren 1969-1970, ein Jahr bevor Jacobsen 1971 starb. Er konnte daher auch sein „Tiny House“ nie vermarkten und in die Serienproduktion geben. Bis 2002 hat die Familie Jacobsen selbst das Haus als Sommerhaus genutzt, und seit 2005 gehört es zum Trapholt-Museum. Das Haus ist das einzige seiner Art und ist mit Arne Jacobsens Design eingerichtet. Zu besichtigen ist es im Rahmen von Führungen (Dänisch/Englisch). Die Führungen finden werktags um 13.00 Uhr & 15.00 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen um 11.00 Uhr, 13.00 Uhr & 15.00 Uhr statt. Interessierte melden sich am Infoschalter des Museums.

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Eine kurze Einführung zu Arne Jacobsen findet sich dort, wo der Treffpunkt für die organisierten Führungen ist. Zum einen sieht man einen Film, in dem der Designer und Architekt sein Konzept des Designs erläutert, zum anderen einige Entwürfe einer Kanne und eines „taillierten“ Stuhls namens Ameise. A und O war für Jacobsen, Dinge zu produzieren, die einfach und preiswert sind, nicht allzu viele Elemente enthalten, so bei der ausgestellten Kanne maximal sechs Elemente. Das Kunsthandwerkliche und das Industrielle sollte nach Jacobsen miteinander verschmelzen, ganz im Sinne der Bauhaus-Ideen von Gropius und Konsorten. Zu sehen ist unter anderem sein Design Cylindra Line von 1967, gefertigt aus rostfreiem Stahl. Zu dem Set des Designs gehören eine Kanne, ein Milchkännchen und eine Zuckerdose (?).

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Unterhalb der vorhandenen Bauernhäuser im Fachwerkstil wurde das ehemalige Sommerhaus der Familie Jacobsen errichtet, nachdem es an das Kunstmuseum Trapholt übereignet worden war. Wie beim Bauhaus ist der Kubus, das Rechteck und das Flachdach das Credo Jacobsens. Was heute in der Diskussion ist, das Bauen mit Modulen, ob Tiny House oder Containerumgestaltung, war zum Zeitpunkt der Entwicklung des „Kubenhauses“ Neuland. Vorherrschende Gesetzgebungen verhinderten in Dänemark gar das Errichten derartiger Häuser. Das ist ein bekanntes Phänomen und trifft heute auch Tiny Houses und Containerhäuser. Gestaltungssatzungen und Baugesetzgebung stehen dem oftmals entgegen, obgleich beide Typen von Wohnen eine Lösung des Wohnungsmangels in Deutschland sein könnten. Interessant ist aber auch, dass Jahrzehnte nach der Erfindung von Jacobsen kein Unternehmen die Lizenz zum Bau erworben hat. Warum bloß?

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Das Haus besteht aus 10 qm-Kuben, die beliebig aneinander gefügt werden können. Ändert sich die Zahl der Familienmitglieder ließe sich das Haus auch entsprechend verkleinern oder vergrößern. Ins Auge springt der angesetzte offene Feuerplatz. Nicht zu sehen ist die im Dach verborgene Heizung. Lichtdurchflutet sind die Kuben dank großer Fensterflächen, die am jetzigen Standort auf den Kolding-Fjord ausgerichtet sind. Im Gegensatz zu dem von Le Corbusier auf dem Stuttgarter Killesberg errichteten Haus, dessen Design sich an dem Design von Eisenbahnzügen mit Schlafwagenabteilen orientierte, verzichtet Jacobsen auf Minimalismus. Im Kinderzimmer besteht die Beleuchtung aus Aj-Lampen, stilisierten Eistüten gleichend, und dem Kinderstuhl 3103, noch heute von Fritz Hansen produziert. Zwei Kinder können im Kinderzimmer in Einzelbetten schlafen.

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Im Schlafzimmer der Eltern steht ein Doppelbett und man findet zudem den Hocker 3170, der 1954 das Licht der Welt erblickte. Kissenbezüge und Bettdecke weisen ein stilisiertes Fischgrätenmuster auf. Im flurähnlichen Übergang zum Wohnbereich befinden sich die Küche und Schränke sowie Spüle. Blau ausgeschlagen ist das Badezimmer. Hierfür hat Jacobsen auch die Wasserhähne entworfen.

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Der Wohnbereich ist mit einem Sofa und einem Tisch sowie zwei Sesseln ausgestattet, die den Namen „Ei“ tragen. Dazu gibt es zudem als Sitzmöbel den „Schwan“ am langen Wohnzimmertisch. Der Entwurf für das Ledersofa 3303 datiert auf 1956. Bis heute jedoch sind die Designs, die Jacobsen geschaffen hat Klassiker des modernen Designs und in ihren organischen Formen zeitlos.

Zukunftsweisend ist das, was Arne Jacobsen 1971 gelang. Nur umgesetzt werden müsste die Idee jenseits der musealen Präsentation. Wer Details über das Kubeflex erfahren will, der kann im Museumsshop die Publikation „Arne Jacobsens Kubeflex“ (Dän/Engl) erwerben.

© text und fotos ferdinand dupuis-panther

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Info
https://trapholt.dk/de/

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Skulpturenpark dauerhaft

Mit Blick auf die Koldinger Förde wirkt Trapholts Skulpturenpark wie eine Verlängerung des Museumsbesuchs. Im Skulpturenpark wird eine Sammlung monumentaler Werke präsentiert, die in Bezug zur Architektur und Natur der Umgebung stehen. Zu sehen sind Werke von dänischen Bildhauern wie Bent Sørensen, Ingvar Cronhammer, Ole Christensen, Erik Heide, Søren Jensen, Bjørn Nørgaard, Lars Ravn und Finn Reinbothe. Der Skulpturenpark ist jederzeit kostenfrei für das Publikum zugänglich.

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Wie ein weißes teilweise gesplittertes Zick-Zack-Band grenzt eine weiß-geschlämmte Mauer das Areal des Parks an einer Seite ab. Dabei erscheint diese Mauer wie ein schlangenförmiger Fortsatz des Museumshauptbaus. Auch diese Mauer ist eine Skulptur, wenn man so will eine Archi-Skulptur, und stammt von Finn Reinbothe und Boye Lundgaard.

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Treten wir hinter die Mauer, so erblicken wir Søren Jensens Werk „Verdens Mund“ (1989) mit einer tektonisch strukturierten Oberfläche. Man könnte beim Anblick an ein aufgefaltetes Felsbruchstück denken, aber auch an drapierten Stoff, der wie bei Christo etwas verhüllt. Gewiss ist der Eindruck des Fließenden, des Schmelzenden wie bei Lavafluss, der sich über eine Klippe ergießt, oder? Fast am Ende der weißen Mauer sieht man eine Skulptur, die einen Läufer darstellt. Weit ausladend ist der Schritt der Figur, die Erik Heide gestaltet hat. Der Künstler ist bekannt dafür, dass er sich mit dem Thema Bewegung befasst, hat er doch einige Skulpturen eines Gehenden geschaffen. Doch die Frage ist: Wohin geht denn der skulptierte Mann? Und warum tut er dies mit raumgreifendem Schritt?

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Und was erblickt man da denn? Einen schwarzen Elefanten mit langem Rüssel? Ein Fabeltier aus Metall, das der Welt von Léger entsprungen scheint? Handelt es sich dabei um Bent Sørensen „Skærm“ (Bildschirm)? Ja, tatsächlich, auch wenn Ähnlichkeiten mit einem Bildschirm kaum auszumachen sind. Fürwahr es ist eine „Collage“ geometrischer Formen, die man auch in der abstrakten Kunst der Zeit der 1940er und 1950er Jahre antrifft. Warum nur kam der Titel zustande, obgleich die Gestaltung nicht plan und flach, sondern eher ins Volumen geht?

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„Bank“ ist ein weiteres Kunstwerk, das von Finn Rainbothe geschaffen wurde. Eine lang gestreckte rechteckige Steinbank trifft auf einen Würfelsitz. Beide stehen inmitten von Grasland, das sich nahe des Museumsbaus erstreckt. Einst war die Fläche von Obstbäumen bedeckt, die der Stifter des Museums Trapholt Gustav Lind kultivieren ließ. Reste des Obstgartens sind noch an der Zufahrt zum Museum zu finden. Bäuerliches Land war einst die Fläche, die das Museum heute einnimmt. Man erblickt daher bäuerliche Gehöfte in Fachwerk. Sie liegen auf einer Hanghöhe, die Richtung Kolding-Fjord abfällt.

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Lind stammte aus Kolding, wo er auf einem bäuerlichen Anwesen aufwuchs, ehe er eine Zahnarztausbildung begann, die ihn sowohl in die USA als auch die Niederlande führte. In den späten 1930er Jahren hatte Lind rund um Trapholt eine große Apfelplantage mit ca. 12.000 Obstbäumen anlegen lassen. Der Obstgarten wurde "Trappergården" genannt.1972 wurde die Stiftung Trapholt gegründet, bei der Lind 23 Morgen Land durch Schenkungsurkunden an die Gemeinde Kolding abtrat. Im Gegenzug verpflichtete sich die Gemeinde, in Trapholt ein Kunstmuseum einzurichten und die Stiftung und die Linds mit einem jährlichen Zuschuss zu unterstützen.

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Gehen wir weiter durch den Skulpturengarten, so entdecken wir zwei Bodenskulpturen aus rostigem Stahl, die von Claus Jensen stammen und den Titel „To circulaire masser, To ens masser“ tragen. Blumenrabatten findet man in diesen Bodenskulpturen nicht, wenngleich in der modernen Landschaftsgestaltung immer häufiger in Cortenstahl gefasste Wildblumenbeete in unterschiedlichen Stadträumen zu finden sind. Überhaupt ist die Landschaft rund um das Kunstmuseum eher öde und nicht von Pflanzenvielfalt bestimmt. Und von wem stammt die rötliche „Mohnknospe“ auf einem grauen Sockel?

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Verlässt man das Areal hinter der weißen „Bruchwand“ dann erblickt man unmittelbar am Museumsbau Lars Ravns Werk „White Rabbit“. Unter einer Treppe, auf der ein blauer Kinderwagen von Stufe zu Stufe zu rollen scheint, sitzt ein weißes Kaninchen. Die Installation erinnert ein wenig an ein fantasievoll gestaltetes Klettergerüst auf einem Kinderspielplatz, oder? Unweit davon hat sich Bjørn Nørgaard mit einer Arbeit „verewigt“. Das Werk nannte er „Obdachlose Seelen in Bewegung“ ( HJEMLØSE SJÆLE PÅ VANDRING). Was man sieht, wenn man seine Fantasie spielen lässt, Vogelartige, die an Baumstämmen emporwandern, aber auch Landlebewesen, die an Krebsartige erinnern. Schließlich sei noch auf Morten Strædes zylindrische Skulptur hinzuweisen, die einer Landmarke gleicht. Titel des Werks ist: „Bevægelsens konfiguration“.

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© text und fotos ferdinand dupuis-panther

Info
https://trapholt.dk/de/

 

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