„Cook mal – Robin und Hilla 'down under'!“
Wie es sich für Große & Kleine in Australien reist
Tour 5: Sydney
Text und Fotos: Hilla Finkeldei
Bericht aus Sydney, soll heißen: von Kleiderbügeln, dem ausgeschickten Jockel und eingebildeten Wohlgerüchen
Bay of Plenty
Wir sind da, in der schon sechs Mal zum schönsten City-Reiseziel der Welt gekürten Stadt: Sydney. Berühmt für ihre Oper, die letzten Olympischen Spiele und ihre attraktiven Bademeister und –nixen am Bondi Beach: Sydney. Kein Wunder, dass James Cook, als er die herrliche natürliche Hafeneinfahrt südlich des heutigen Sydney im Jahre 1770 entdeckte, ihr den Namen „Botany Bay“ gab, was ein wenig frei mit „Paradies für alle Pflanzenliebhaber“ übersetzt werden kann. Auch Namen wie „Bay of Plenty“, „Bucht des Überflusses“ lassen keinen Zweifel an der Begeisterung des ansonsten eher nüchternen Seefahrers, der aufgrund seiner umfassenden Reisen wohl wirklich angemessene Vergleichsmöglichkeiten hatte. Schön, aber weit entfernt und schwer erreichbar, versank diese Entdeckung zunächst in den Schubladen der britischen Krone, bis nach der Unabhängigkeit Amerikas ein neuer Platz für die Sträflinge des Empire gefunden werden musste. Erst im Jahre 1788 begann der Deportationsboom mit 1000 Häftlingen, die in Port Jackson landeten und eine Siedlung mit Namen Sydney gründeten.
Die ausgeschickten
Jockel kommen tatsächlich nicht zurück – nicht aus
Sydney!
Die Attraktionen dieser mittlerweile prächtig gediehenen Ortschaft
sind unzählig und ein Kurzbesuch der Stadt birgt wohl den höchsten
Süchtigkeitsfaktor des gesamten Kontinents. Es kursiert jedenfalls
das Gerücht, dass in- und ausländische Firmen ihre Mitarbeiter
nur sehr ungern in diese Metropole senden, da viele von ihnen es
dem Jockel gleichtun, den der Herr in dem alten Lied zum Arbeiten
ausschickt – sie kommen gar nicht erst zurück! Sydneysider,
wie die Einwohner hier genannt werden, will statistisch gesehen
jeder vierte Neueinwanderer Australiens werden. Der ruppige Charme
der Großstädter zeigt sich besonders in ihren Bezeichnungen
für die zwei Sehenswürdigkeiten, vor denen sich jeder
Tourist beinahe verneigen möchte: Die Form der Oper reizt unter der Hand zu etwas derben Späßen, ihr Spitzname
„fu …ing turtles“ soll daher auch nur angedeutet
und keineswegs übersetzt werden.
Die Oper ... vergleichen Sie selbst
Die elegante Hafenbrücke wird ebenfalls ohne Scheu ihres Mythos enthoben und als „coathanger“, „Kleiderbügel“ bezeichnet.
Blick auf den "Kleiderbügel", die Sydney Habour Bridge
Jedermanns „sh ...“ stinkt
Sie merken, trockener Humor, bildreiche Sprache und ein Hang zur Tiefstapelei sind den Sydneysidern eigen. Grundsätzlich wird ein Australier auf nichts so allergisch reagieren wie auf einen Snob oder Angeber. Wer mit seinen Gütern oder Talenten balzt, von dem sagt man: „He thinks that his shit doesn`t stink“ – was, wie wir der Wortwahl zum Trotz insgeheim zugeben müssen, die Absurdität eines solchen Anspruchsdenkens klar auf den Punkt bringt. Die Wurzeln dieser Mentalität, sowohl inhaltlich als auch sprachlich, rühren wohl aus der Zeit der Straflager, denn hier waren alle gleich, ein jeder seines eigenen Glückes Schmied und die Rangordnung der britischen „social classes“ bis auf die wenigen erfolgreichen Bestrebungen des Gouverneurs aufgehoben. Wer nach den abgesessenen zehn oder fünfzehn Jahren im Arbeitscamp als freier Siedler in Australien blieb, der musste aus eigener Muskelkraft und mit Erfindungsreichtum an seiner Zukunft arbeiten. Betulich, vornehm, geziert, sich zu fein für etwas sein – Ausdrücke, die in diesen Jahren wohl aus dem Wörterbuch des Kontinents gestrichen wurden.