Reiseführer Prag: Die Neustadt - Handel und Wandel

Lassen Sie sich vom Namen nicht täuschen: Bereits 1348 stellte Kaiser Karl IV. die Gründungsurkunde für diese Stadt aus. Wie ein breiter Gürtel umschloss sie die Prager Altstadt auf einer Fläche von 360 ha - fast drei mal so groß wie diese. Schon Jahrzehnte zuvor hatten sich hier mehrere kleine Dörfer und über ein Dutzend Kirchen befunden, die nun allesamt von einer durch Türme, Zinnen und Tore gesicherten Mauer von 3,5 km Länge umgeben wurden. Diese war nötig geworden, weil Prag als aufstrebende kaiserliche Residenz immer mehr Menschen anzog, Handwerk, Handel und Königshof beanspruchten Raum, mehr als die kaum erweiterbaren Gebiete Altstadt und Kleinseite zur Verfügung stellen konnten.

Die Gründung dieser neuen Stadt war ein gigantisches Unternehmen. Über Jahrzehnte muss das Areal eine einzige große Baustelle gewesen sein. Bis zu 27 m breite Straßen konnten hier angelegt werden, wahre Chausseen im Vergleich zu den engen Altstädter Gässchen. Um eine ausreichende Zahl von Menschen zur Ansiedlung zu bewegen, waren Neuankömmlinge auf Jahre hin von Steuern befreit, allerdings mit der Auflage, innerhalb von 18 Monaten ein Haus zu errichten. Bereits 20 Jahre später wurden in der Neustadt über 1400 Gebäude gezählt. Demgegenüber zog sich die Fertigstellung der Kirchen und Klöster meist viel länger hin.

Während Kleinseite und Altstadt Wohnsitz des Adels, reicher Bürger und alteingesessener Handwerker blieben, entwickelte sich die Neustadt rasch zu einem neuen Handwerkerzentrum. Allerdings siedelten sich hauptsächlich die ungeliebten schmutzigen und lauten Handwerke an: Schmiede, Radmacher, Brauer und Viehhändler. Hier konzentrierte sich auch der tschechische, meist ärmere Teil der Bevölkerung.

Das zwischen Alt- und Neustadt von Anfang an bestehende Konkurrenzverhältnis konnte trotz mehrfacher Versuche erst 1784 überwunden werden, als ihre Vereinigung unter einer Verwaltung Wirklichkeit wurde. Viele historische Gebäude fielen im 19. Jh. dem Abriss zum Opfer, so dass man heute zwischen besonders sehenswerten Baudenkmälern oft längere Strecken zurücklegen muss.


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