Reiseführer Prag: Die Altstadt - Ein Spaziergang durchs Mittelalter

Wo Furten seit jeher eine Moldauüberquerung ermöglicht hatten, entstanden ab dem 10. Jh. unter dem Schutz der beiden Prager Burgen Hradschin und Vysehrad mehrere Siedlungen zu beiden Seiten der Moldau. Zu den hier ansässigen slawischen Bauern gesellten sich Handwerker und Händler vieler Nationen: Juden und Deutsche, Franzosen und Italiener, die nach dem Herkommen getrennt lebten. Im Bereich des heutigen Altstädter Rings existierte wahrscheinlich schon seit Ende des 10. Jhs. ein Marktplatz, im wenige Schritte entfernten Teynhof suchten ab dem 11. Jh. auswärtige Händler Schutz und Unterkunft. Mit dem 12. Jh. wurde die bis dahin lockere Bebauung vor allem zwischen Marktplatz und Moldau dichter, die Zahl massiver Steinhäuser nahm zu und mit der Judithbrücke, die um 1170 als erste steinerne Brücke über die Moldau geschlagen wurde, war darüber hinaus eine gesicherte Verbindung zwischen der Siedlung und dem Hradschin hergestellt.

Von einer Stadt lässt sich dennoch erst seit dem 13. Jh. reden, nachdem 1230 mit dem Bau einer Befestigung begonnen worden war und die "Größere Prager Stadt" 1235 das Stadtrecht erhalten hatte. Türme und Tore sicherten die mit Zinnen besetzte doppelte Mauer, die durch einen Graben zusätzlichen Schutz erhielt. Die Befestigungsanlagen sind heute bis auf wenige Reste verschwunden, ihr Verlauf entspricht ungefähr den Straßen Revolucni, Na Prikope ("Am Graben") und Narodni.

Der wirtschaftliche Aufschwung der böhmischen Länder im 13./14. Jh. bedeutete für die Altstadt einen erheblichen Zuwachs an Reichtum und Macht. Im Jahr 1338 gestand Johann von Luxemburg der Stadt ein Rathaus zu - Zeichen für den erweiterten Handlungsspielraum der Stände gegenüber dem König.

Da die Altstadt häufig vom Hochwasser der Moldau heimgesucht wurde, erhöhte man das Niveau der Straßen und Plätze im Laufe der Jahre um zwei bis drei Meter, so dass die ursprünglichen Erdgeschosse der romanischen Häuser und der ersten gotischen Wohnbauten seit dem ausgehenden 13. Jh. zu Kellerräumen wurden. Vor allem unter Karl IV. wurden prächtige Sakralbauten in Angriff genommen, zugleich konnte die Altstadt ihre Stellung als Domäne der Kaufleute und des reichen städtischen Bürgertums ausbauen. Erst 1784, unter den Habsburgern, wurden die bislang unabhängigen Städte Hradschin, Kleinseite, Altstadt, Josefstadt und Neustadt unter einer gemeinsamen Verwaltung zusammengeführt. Das Altstädter Rathaus beherbergte von nun an die gemeinsame Stadtverwaltung, der Altstädter Ring avancierte zum Zentrum der neuen Metropole.

Bis heute hat die Altstadt mit ihren kleinen, verwinkelten Gassen und ihren unzähligen historischen Bauten die Atmosphäre einer mittelalterlichen Stadt bewahrt. Aufgrund der geringen Entfernungen - vom Pulverturm im Osten bis zur Karlsbrücke im Westen der Altstadt ist kaum mehr als ein Kilometer zurückzulegen - lässt sie sich bequem zu Fuß erkunden.


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