Die Eismalerin
         Island 1917. Die Geschichte  beginnt mit einer Magd, der schnell das Kind aus den Armen genommen werden  muss, bevor sie sich mit ihrer Verrücktheit bis zum Ende des Anfalls heulend  und schreiend zurückzieht. Ungewöhnlich ist die erste Szene der Darstellung und  ebenso unerwartet verläuft das Leben der eigentlichen Protagonistin Karitas.  Deren Mutter entschließt sich nach dem Tod ihres Mannes, alles für die Bildung  ihrer sechs Kinder zu tun und dafür Hof und gewohnte Umgebung der Westfjorde zu  verlassen. Mit ihrer seekranken Kinderschar begibt sie sich auf die  eisklirrenden Gewässer, um Island zu umrunden und im Heringshafen Akureyri  zumindest die Jungen auf die Schule schicken zu können. Statt der erwarteten  kleinen Wohnung werden sie über der Fischhalle einquartiert und fortan  bestimmen aufgeplatzte Hände, Pökelsalz und ständiger Kampf um das karge  Überleben ihren Tag. Karitas ist die Jüngste und damit für die Haushaltsführung  zuständig, während alle anderen das nötige Schulgeld durch Tag- und  Nachtschichten „im Hering“ verdienen. Ihre unnachahmliche Art verschafft ihr scheinbar  zufällig, wonach andere sich vergeblich sehnen: Frische Milch vom Bauern und  auch eine kleine Kate für die Familie, in der ihre Mutter Steinunn die  Strickmaschine aufstellen kann, um auch außerhalb der Fangsaison eine Lebensgrundlage  zu haben. Steinunns Traum von der Schulbildung scheint greifbar. Für alle, bis  auf Karitas, zu deren Schulgeld es noch immer nicht reicht. Doch in all der  eindrucksvoll geschilderten Kälte und Ruppigkeit der Umgebung wächst in Karitas  ein besonderes Talent heran: Sie zeichnet, was ihr auf der Seele brennt. Die  Wäsche im wehenden Nordwind, den bergab kullernden Milcheimer, der Verzweiflung  und Hunger bedeutet. Island in Bildern, hart, eisig, glasklar. Eine reiche  Mäzenin wird auf sie aufmerksam und finanziert ihr den Blick hinter die von der  Welt vergessene isländische Einöde. In Dänemark beginnt sie eine  Akademieausbildung. Doch wer Geld braucht, den treibt es wieder „in den Hering“  und so lernt sie in Akureyri den Fischer Sigmar kennen. Und diese  leidenschaftliche Begegnung löst eine Kette von Ereignissen aus, die Karitas  Leben in völlig andere Bahnen lenken. Wird Island und das einsame Leben einer  Seemannsfrau ihr Schicksal? Oder setzt sich die Eismalerin in ihrer Seele über  die Widerstände einer kargen und lebensfeindlichen Umgebung hinweg?  
        Eine faszinierende  Geschichte, voller trauriger Momente und wunderbar skizzierter Charaktere. Ein  Manifest für die Zähigkeit und raue Schönheit Islands und vor allem seiner  Frauen. 
        hf@saw 
        Kristin Marja Baldursdottir: Die Eismalerin. Roman.  Fischer Tb, ISBN   3596169321. 8,95  Euro 
           
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