Die
Insel
Manch einer macht
es sich einfach mit München: Biergarten, Lederhosen,
Weißwurst – fertig ist das Bayernbild. Natürlich sieht
man, vor allem zur Wiesnzeit, jede Menge Mannsbilder und fesche Maderln
in merkwürdigen Kostümen durch die Gegend flanieren, natürlich
arbeiten wir vor allem im Biergarten, denn das Wetter ist in München
einfach besser als in Hamburg, und natürlich häufen wir gelegentlich
löffelweise süßen Senf auf die ansonsten geschmacksneutrale
Weißwurst und genießen sie als zweites Frühstück
vor dem 12-Uhr-Läuten. Aber das ist noch längst nicht alles.
Denn München ist eher wie eine rot-grüne Insel inmitten eines
weiß-blauen Meeres und hat es – nun ganz ernst – immer
verstanden, die Gegensätze in gespannter Harmonie zu vereinen.
Das Klerikal-katholische und das Rebellische. Bauern und Hi-Tech. Protz
und Anarchie. Klassizismus und italienische Straßencafés.
Das zeigt die Stadt und das lebt sie. Und deshalb lebt man hier gut,
besser jedenfalls als anderswo.
Von dieser Überzeugung gehen auch die Autorinnen des Reiseführers
aus. Die Klischees existieren ja nicht ohne Grund, deshalb werden sie
auch angesprochen, doch sie machen nicht alles aus, und deshalb bürsten
die Autorinnen sie auch kräftig gegen den Strich. München
war eben nicht nur „Hauptstadt der Bewegung“, sondern hat
sich auch in einer Revolution der Monarchie entledigt (was bei der
CSU noch nicht angekommen ist). In Kästen und Hinweisen während
der Rundgänge wird auf die Gegensätze immer wieder hingewiesen,
wird München als jene offene und moderne Stadt präsentiert,
die sie ist.
Der Geschichtsteil ist allerdings etwas kurz geraten, auf die stoppelige
Namensauflistung hätte man vielleicht besser ganz verzichtet und
wäre statt dessen mal in die neuere Forschung eingestiegen, denn
Funde belegen, dass die Region der heutigen Stadt wesentlich früher
besiedelt war als hier angegeben. Und der Name stammt auch nicht von „apud
Munichen“, was auch nicht „bei den Mönchen“ bedeutet,
sondern „bei München“. Der Name München entwickelte
sich hingegen aus Munica, was „Ort auf der Uferstraße“ bedeutet
und sich auf eine Siedlung am Isarhochufer bezieht.
Ansonsten
führt
der Führer in traditioneller Weise durch
die Quartiere, listet schön die Sehenswürdigkeiten auf, hat
aber oft nicht genug Platz, die Hintergründe zu erklären. Obwohl die DuMont-Reisetaschenbücher im Vergleich zu ihren Kollegen
noch relativ viel Text aufweisen, eine sterbende Eigenschaft in der
Familie der Reiseführer. Also: Wer nach München kommt, und
wer will das nicht, sollte ihn im Gepäck haben.
Eines müssen sich die Kölner (der DuMont Verlag hat seinen
Sitz in Köln, Anm.d.Red.) trotz aller automatischer Korrekturprogramme
allerdings endlich hinter die Ohren schreiben: Schon Frau Dr. Monika
Putschögl, ihres Zeichens Reiseredakteurin bei der Zeit, kritisierte
es vor Jahren am „Kunstreiseführer Oberbayern“: „Des
heißt Schweinsbraten und nicht Schweinebraten!“
fjk@saw
Andrea
Dippel, Christine Hamel: DuMont Reisetaschenbuch München,
DuMont Verlag 2003, 240 S., 12,00 Euro.
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