Text und Fotos: Rainer Heubeck
Wenn Tawee Butchalee, der barfuß und mit halblangen Hosen in einem Reisfeld steht, einen Reissetzling ins Feld bringt, dann hält er ihn wie einen Spicker zwischen Daumen und Zeigefinger. Und tatsächlich – er holt aus und wirft den Setzling. Allerdings nicht geradeaus wie einen Pfeil, sondern kraftvoll nach oben in die Luft. Kurz darauf macht es Platsch und in der bräunlichen Wasserschicht, die das Reisfeld bedeckt, entstehen kleine Wellen. Aufgrund der Schwerkraft landen die Wurzeln unten und somit automatisch unter Wasser. Die grünen aufkeimenden Triebe hingegen ragen nach oben aus dem Wasser heraus. Tawee Butchalee lacht zufrieden – und wirft bereits den nächsten und gleich darauf den übernächsten Setzling.
Die kleinen Reissetzlinge wurden jeweils aus drei Samenkörnern herangezogen, deren Wurzeln sich verbunden haben. Tawee Butchalee nimmt sie aus einer transparenten Kunststoffmatte, die er über seinen linken Unterarm gelegt hat. Sie sieht aus wie eine mit Reispflänzchen bewachsene Fußmatte. Der 56-jährige Thai löst die Setzlinge einzeln aus dieser Matte und wirft sie dann in die Luft. Diese Wurfreisemethode erspart ihm das mühevolle Bücken und das Einsetzen jeder einzelnen Reispflanze in den Boden. Ausgedacht er sich das aber nicht selbst. Die neue Methode, die auch das Umpflügen der Reisfelder unnötig macht, wurde von Maha Chakri Sirindhorn empfohlen, einer Entwicklungshilfeexpertin mit Landwirtschafts-Knowhow, die vielfältig ehrenamtlich tätig ist. Sirindhorn ist zudem eine Tochter des thailändischen Königs – und als Prinzessin ohne Prinzessinnenallüren im Land des Lächelns überaus beliebt.
Gut lachen hat auch Jitchanok Tahwichai, die Mitbesitzerin der Reisfarm, die von ihren Freunden und Bekannten Nu-Dee genannt wird. „Bei dieser Reisanbau-Methode braucht man wesentlich weniger Saatgut“, freut sie sich. Außerdem sei es keine schwere Arbeit. Nu-Dee ist hier in der Provinz Loei etwa 500 Kilometer nordöstlich von Bangkok aufgewachsen, hat dann in Bangkok Sozialwissenschaften studiert – und kehrte nach dem Abschluss des Studiums mit knapp 23 Jahren wieder zurück nach Nordthailand. Die Reisfelder hatte die Familie einem Nachbarn abgekauft. Ursprünglich hatte sie die Felder von einem Pächter bewirtschaften lassen. „Aber der hat ständig Pestizide verwandt, dadurch sind die Fische und die Glühwürmchen aus den Feldern verschwunden“, erinnert sich Nu-Dee. Dies habe ihr nicht gefallen, deshalb entschloss sich die junge Frau, die Bewirtschaftung selbst zu übernehmen.
Und sie stellte nicht nur auf die Wurf-Anpflanzmethode um, sondern auch auf biologischen Anbau. „Es hat zwei Jahre gedauert, dann sind die Frösche, Fische und Glühwürmchen wieder zurückgekehrt “, berichtet sie stolz. Heute kann sie in ihren Feldern nicht nur Reis ernten, sondern auch Speisefische züchten und fangen. Ein beeindruckender Erfolg. Zumal Nu-Dee den biologischen Reisanbau selbst erst lernen musste. „Ich habe mir auf Youtube Videos angeschaut, die erklärt haben, wie das geht“, gesteht sie.
Heute pflanzt sie auf etwas mehr als einem Hektar Land fünf verschiedene Reissorten an, darunter Jasminreis, schwarzer Jasminreis und Riceberry. Und sie gibt ihr Wissen über Bio-Reisanbau gerne weiter. Bislang vor allem bei Führungen im Rahmen eines „Nature Classroom“, künftig sollen Besucher aber auch die Möglichkeit bekommen, selbst beim Reisanbau und bei der Reisernte mitzuarbeiten. Die Voraussetzungen dafür sind gut, denn ihre Mutter Ubol Tahwichai, eine pensionierte Lehrerin, betreibt auf einem Teil des Anwesens schon länger eine kleine Bungalowanlage nebst Campingplatz. Dort können Besucher in insgesamt 15 Hütten und in zehn Zelten übernachten. „Die Leute kommen gerne zu uns, vor allem, weil es hier deutlich kühler ist als in anderen Regionen Thailands. Und sie kommen auch, weil es hier in der Region besonders viele Blumen gibt“, berichtet Ubol Tahwichai.
Um den Besuchern die Kultur des ländlichen Thailand näher zu bringen, haben sie eines ihrer Gebäude in ein Museum verwandelt. Dort werden vor allem land- und hauswirtschaftliche Geräte ausgestellt, etwa Waagen, Behälter für Betelnüsse oder die thailändische Version der alpenländischen Kuhglocke: eine Wasserbüffelglocke aus Holz. Doch noch spannender ist es natürlich, bei Ernte, Aussaat und Weiterverarbeitung von Reis live mit dabei zu sein. Auch Khammoa Sikarinwanon, die über 80 Jahre alte Großmutter von Nu-Dee, hilft dabei übrigens noch mit.
Bei unserem Rundgang über die Farm und das Phu Ruea Roun Mai Resort zeigt uns Tawee Butchalee nicht nur das Reiswerfen, sondern auch das Wasserbüffelweibchen Cham Chow, das der Landarbeiter regelmäßig versorgt. Vor dreißig bis vierzig Jahren gab es überall solche Wasserbüffel. Rund fünf Millionen davon waren auf thailändischen Bauernhöfen im Einsatz, etwa beim Pflügen von Reisfeldern und beim Transport von Zuckerrohr. Inzwischen jedoch gibt es weniger als eine Million Wasserbüffel in Thailand. Die Regierung hat bereits ein Programm aufgesetzt, um den Schwund zu stoppen.
„Früher haben wir bei uns im Ort regelmäßig Segnungen für die Wasserbüffel durchgeführt, heute segnen wir meistens nur noch die ‚eisernen Wasserbüffel‘, sprich die Traktoren der Bauern“, erklärt uns Phettabong Paisoon. Ihn treffen wir wenige Tage später im Ort Ban Na Pa Nat, der von der Volksgruppe der Tai Dam bewohnt wird. Früher war der hagere Mann auch Schamane, doch die Fähigkeit, auf spirituelle Art zu heilen, so sagt er, hat er vor Jahren verloren. Als Zeremonienmeister bei Segnungen und Ehrungen für die Vorfahren ist er aber weiterhin aktiv.
Der Ort Ban Na Pa Nat wurde vor mehr als 100 Jahren gegründet, damals zogen fünf Tai Dam-Familien aus Laos hierher. Inzwischen leben rund 900 Menschen im Dorf – doch ihr Lebensstil veränderte sich in den vergangenen Jahren rasant. „Bis vor etwa fünf Jahren haben die meisten Leute hier die traditionellen Trachten tagtäglich getragen, heute ziehen sie diese meist nur noch zu besonderen Anlässen an“, berichtet Phettabong Paisoon. Unser Besuch scheint ein solcher Anlass zu sein, denn die Dorfbevölkerung zeigt uns ihren traditionellen Sae Pang-Tanz, der bei Segnungszeremonien eine wichtige Rolle spielt. Zu hypnotischer Musik, die mit Trommeln und Bambusstangen erzeugt wird, bewegen sich die Tänzer fast tranceartig im Kreis.
Kurz darauf steigen einige der Dorfbewohner sogar in ihrem Festtagskleid ins Reisfeld, um uns zu zeigen, wie Reis-Setzlinge auf die konventionelle Art und Weise gepflanzt werden. Gastfreundschaft wird hier eben großgeschrieben. Sich für die Welt öffnen, aber die eigene Kultur dabei erhalten, diese Idee steckt hinter dem Konzept des gemeindebasierten Tourismus, der im Ort verfolgt wird. Mehrere Familien bieten Übernachtungsmöglichkeiten an. Wer kommt, kann den Alltag im Dorf kennenlernen, ein Museum zur Tai Dam-Kultur besuchen und in einer kleinen Weberei dabei zusehen, wie die traditionell mit Indigo gefärbten Tai Dam-Trachten hergestellt werden.
Während der Tourismus in Ban Na Pa Nat noch in den Kinderschuhen steckt, ist es andernorts in der Provinz Loei schon fast überlaufen: Das idyllische Städtchen Chiang Khan, nur 15 Kilometer von Tai Dam-Dorf entfernt, ist zu einem In-Ziel geworden. Vor allem thailändische Besucher sind fasziniert von den vielen alten Holzhäusern und vom phantastischen Blick über den Mekong-Fluss, der hier die Grenze zum Nachbarland Laos bildet.
Wer früh aufsteht, der begegnet in orange oder braun gekleideten Mönchen, die in der Morgendämmerung im Gänsemarsch durch die Straßen ziehen und Opfergaben entgegennehmen. Die meisten Einheimischen sitzen um diese Zeit am Straßenrand und haben ein Bastkörbchen voll mit Klebereis mit dabei. Die Mönche wiederum haben mit Stoff überzogene Metallschalen umhängen – und fast jeder, der am Straßenrand sitzt, gibt jedem der Mönche in seine Schale eine Hand voll Reis. Die Unterstützung der Mönche, so glauben die Thais, fördert auch das eigene Seelenheil. Deshalb spendet man hier vor allem das, was aus dem thailändischen Alltag nicht wegzudenken ist: im eigenen Land angebauter Reis.
Reiseveranstalter Thailand bei schwarzaufweiss
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