REIHE UNTERWEGS

Nicht nur Weinerlebnisse in der Rioja

Text und Fotos: Dagmar Krappe

Der Wein gilt als Synomym für die kleinste autonome spanische Region Rioja. Doch es gibt noch andere kulinarische und kulturelle Highlights zu entdecken.

Spanien - Landschaft der Rioja

Ein König sollte wissen, welcher Tropfen seines Gaumens würdig ist. Stolz deutet Winzer Antonio Ruiz Clavijo auf die drei Flaschen, die einen Ehrenplatz in einer kleinen Vitrine auf seinem Weingut in Fuenmayor einnehmen. Die Bodegas Marqués de Arviza (1) liegen im Ebro-Tal in Nordspanien, rund zehn Kilometer von Logroño, der Hauptstadt der Rioja, entfernt. Es ist eines der ältesten Weingüter der Region. „Seit 1874 produzieren wir Rebensaft. Inzwischen in der vierten Generation auf 38 Hektar“, erzählt Antonio: „König Juan Carlos ist allerdings erst vor vier Jahren auf unseren Geschmack gekommen. Seitdem beliefern wir den Palast mit drei Sorten Rotwein.“ Einer von ihnen heißt „El Tractor“. „Der Wein erhielt den Namen, da wir den ersten Trecker in der Gegend besaßen.“ Tempranillo ist die bedeutendste Traube der Rioja. Doch immer häufiger werden die „edlen Tropfen“ auch mit einem gewissen Anteil Garnacha tinta, Mazuelo und Graciano verschnitten. War die Rioja früher ein reines Rotwein-Gebiet, so machen die weiße Rebsorte Viura und einige andere Züchtungen wie Tempranillo blanco inzwischen fast sieben Prozent der Anbaufläche aus.

Spanien - Rioja - Weinfässer in den Bodegas Marqués de Arviza

Fässer in 450 Meter langen „calados“ zwölf Meter tief unter der Erde

Die meisten Rioja-Weine werden nach wie vor im Holzfass ausgebaut. „Für geschmacksintensive Tempranillo-Trauben eignet sich amerikanische Eiche“, erklärt der Winzer: „Ich bevorzuge jedoch französische Barrique-Fässer.“ Alles eine Frage des persönlichen Geschmacks. Oder des Königs. Die Bezeichnungen Crianza, Reserva oder Gran Reserva lassen Kenner darauf schließen, wie viele Jahre ein Wein mindestens im Eichenfass und danach noch in der Flasche gereift ist. Bei Antonio Ruiz Clavijo lagern die Fässer in 450 Meter langen „calados“ zwölf Meter tief unter der Erde. Die Keller stammen bereits aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Spanien - Rioja - Kloster Suso San Millán de la Cogolla

Kloster Suso San Millán de la Cogolla

Wesentlich älter als die unterirdischen Gänge sind die Ursprünge der Klöster von San Millán de la Cogolla (2). Der heilige Millán, zunächst Hirte, dann Einsiedlermönch, der so manches Wunder vollbracht haben soll, lebte im 6. Jahrhundert in einer Höhle, um die das Kloster Suso („oben“) gebaut wurde. Da das Stift irgendwann für die späteren Benediktinermönche zu klein war, errichteten sie im 11. Jahrhundert im Tal das Kloster Yuso („unten“). Der heutige Bau datiert allerdings erst aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. „Seit 1997 gehören beide Klöster zum UNESCO-Weltkulturerbe“ informiert Gästeführerin Marina Grijalba: „In der Schreibstube von Suso entstand im Mittelalter eine wertvolle Sammlung an Manuskripten und Kodexen, und es ist die Geburtsstätte der spanischen (kastilischen) und baskischen Schriftsprache.“ Heute halten elf Mönche des Augustinerordens das klösterliche Leben aufrecht.

Spanien - Rioja - Kloster Suso San Millán de la Cogolla - der heilige Millan

Statue des heiligen Millán

Die Riojaner lieben nicht nur guten Wein, sondern auch gutes Essen. Für den kleinen Geldbeutel eignet sich die Calle Laurel, die Tapasstraße, in Logroño (3). Hier reiht sich eine Bar an die andere. Über den Eingängen blinken Namen wie „Las Quejas“, „El Carnalle“, „Soriano“ oder „La Universidad“. „Tapeo“ nennen es die Spanier, wenn sie von einer Theke zur nächsten ziehen und überall ein paar Appetithäppchen bei einem Rot- oder Weißwein verzehren. Vom einfachen Schinken-Käse-Brötchen über Schweineohren-Carpaccio bis zu „Champis“, fetttriefenden Champignons auf Weißbrot gespießt und mit einem Scampi garniert. „An manchen Tagen verkaufen wir davon 2.500 Stück“, sagt der Mann hinterm Tresen in der Bar „Soriano“. Der Fußboden im kleinen Stehrestaurant ist mit benutzten, zerknüllten Servietten übersäht. „Dann hat es dem Gast gut geschmeckt“, heißt es. Das scheint auch im „Cantinflas 2“ in Badarán der Fall zu sein. Was auf den deutschen Blick auf einen schmierigen Imbiss hindeutet, ist hier ein Hinweis für „hervorragende Küche“. Im „Cantinflas 2“ konzentriert man sich auf riojanische Spezialitäten wie Kartoffelsuppe mit Chorizo (Paprikawurst) oder Lammkoteletts auf Weinranken gebraten.

Spanien - Rioja - köstliche Tapas

Köstliche Tapas

Stilvoller, dafür auch ein wenig teurer, speist man im 27-Einwohner-Dorf Daroca de Rioja (4). Die Brüder Carlos und Ignacio Echapresto kamen eines Tages auf die Idee, in ihrem Elternhaus, das im 15. Jahrhundert eine Postkutschenstation war, ein Restaurant zu eröffnen. „Beide kommen wir eher aus technischen Berufen. Aber wir hatten plötzlich das Gefühl, wir sollten in unser Heimatdorf zurückkehren und dort etwas Kreatives machen. 1997 fingen wir zunächst mit bodenständiger Küche an,“ berichtet Koch Ignacio. Bruder Carlos wacht heute über das Wohl der maximal 70 Gäste im einfach, aber geschmackvoll eingerichteten „VentaMoncalvillo“. Autodidakt Ignacio erkochte sich 2011 einen Michelin-Stern mit Kreationen wie Schafmilchkäse im essbaren Bonbonpapier, blanchiertem Ei mit Erbsen, Rebhuhn oder Stockfisch im Tonmantel gegart, der vor den Augen des Gastes zerschlagen wird.

Spanien - Rioja - Stockfisch im Tonmantel gegart

Stockfisch im Tonmantel gegart

Natürlich genießt der Besucher auch hier den Wein aus Gläsern und nicht aus einer „Bota“, einer Trinkflasche aus Leder. Felix Barbero in Logroño ist der einzige verbliebene „Botero“ in der Rioja und einer von zwölf bis 15 seines Berufsstandes in ganz Spanien. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es den Familienbetrieb. Sohn Ivan wird ihn eines Tages in fünfter Generation weiterführen. „Einst gehörten Trinkschläuche in jeden spanischen Haushalt. Heute sind sie ein gefragtes Souvenir für Touristen, ein ausgefallenes Geschenk bei Hochzeiten oder Jubiläen. Gern verwendet werden sie auf dem Jakobsweg, der durch die Rioja verläuft“, meint Felix und hält zwei Exemplare in die Luft, die eine aufgestickte Jakobsmuschel und einen Mönch in brauner Kutte zeigen.

Aus Ziegen- oder Rinderleder fertigt er die Schläuche, die sich für jedes Getränk eignen, nicht nur für Wein. „Da das Leder sehr hart ist, feuchte ich es zunächst an. Dann schneide ich es in eine Flaschenform und nähe es mit einer Maschine zusammen.“ Früher wurden die „Botas“ innen mit Pinienharz eingerieben, das keinen Geschmack überträgt. Längst werden sie überwiegend mit Latex ausgekleidet. Auch der Verschluss, der einst aus Stierhorn bestand, ist heute reiner Kunststoff. Zirka 20 bis 30 Trinkschläuche produziert Felix Barbero pro Tag und verkauft sie für rund 20 Euro pro Stück.

Spanien - Rioja - 20 bis 30 Trinkschläuche produziert Felix Barbero pro Tag

Felix Barbero in Logroño mit seinen Trinkschläuchen

Zu sehen sind der „Botero“ und sein altes Handwerk auch auf einem Monitor im „Museum der Weinkultur der Dynastie Vivanco“ in Briones (5). Es befindet sich auf einem Weingut, dessen Besitzer 40 Jahre lang alles rund um die Weinbereitung zusammengetragen haben. 2004 eröffnete König Juan Carlos eine beeindruckende Sammlung. In fünf Räumen können Besucher die Geschichte des Weinbaus und die Prozesse der Weinbereitung nachvollziehen – mit umfassender audiovisueller Begleitung. Allein 50 Weinpressen füllen den ersten Ausstellungsraum. Es folgt die Herstellung von Eichenholzfässern, Flaschen und Korken. Im Bacchus-Garten wachsen über 220 unterschiedliche Traubensorten aus Spanien und anderen Ländern der Erde. Den letzten Saal zieren 3.000 Korkenzieher. Ganz sicher das wichtigste Werkzeug, um eine Flasche Rioja zu öffnen. Auch im spanischen Königshaus.

Spanien - Rioja - „Museum der Weinkultur der Dynastie Vivanco“ in Briones

„Museum der Weinkultur der Dynastie Vivanco“ in Briones

 

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