Russland im Überblick
Die Russische Föderation, dieses unermesslich vielgestaltige Land mit den Dimensionen eines Kontinents, befindet sich in einer Phase des tiefgreifenden Wandels. Ob in den Metropolen Moskau und St. Petersburg oder fernab in den malerischen Dörfern an der "Mutter der russischen Flüsse", der Wolga - überall wird der Anbruch einer neuen Zeit spürbar.
Dort hektisch und mit teils schrillen Überzeichnungen, hier eher gemächlich, wird die Annäherung an die unlängst noch verschlossene, verheißungsvolle Welt jenseits der Grenzen betrieben. Die neu gewonnenen Freiheiten haben auch für ausländische Besucher ihr Gutes, können sie doch jetzt ohne Einschränkungen das Land bereisen, wobei sie allerdings für eine längere Übergangszeit Mängel in der touristischen Infrastruktur in Kauf nehmen müssen.
Basilius Kathedrale in Moskau
Schon jetzt ist absehbar, dass in nicht ferner Zukunft die oft noch unberührten Gebirgs- und Taigalandschaften Russlands einen Boom erleben werden, wenn erst Europas Wanderer und Bergsteiger, Naturliebhaber und Abenteurer das weite Land für sich entdeckt haben. Dazu gesellen sich die traditionsreichen Badeurlaube am Schwarzen Meer und die von jeher vielgefragten Städtetouren wie jene nach , in das "Venedig des Nordens". Von Zar Peter dem Großen 1703 im sumpfigen Delta der Newa gegründet und bis zur Revolution 1917 Residenz der Zaren, trug die Stadt lange Zeit den Namen ihres Gründers, um bei Ausbruch des 1. Weltkriegs in "Petrograd" und nach Lenins Tod 1924 in "Leningrad" umbenannt zu werden. 1991 erhielt die Stadt ihren historischen Namen "St. Petersburg" zurück. Ihr westeuropäisch anmutendes Stadtbild dokumentiert den Willen Peters des Großen und seiner Nachfolger, hier ein "Fenster zum Westen" zu öffnen, das rückständige Riesenreich an den fortschrittlichen Westen heranzuführen. So entstand an der Newa unter Mitwirkung namhafter italienischer Baumeister eine elegante europäische, vom Klassizismus geprägte Metropole mit breiten Boulevards, großzügigen Plätzen, unzähligen Kanälen und kunstvollen Brücken. Zu ihren bedeutendsten Architekturdenkmälern zählt die Peter-und-Paul-Festung als historischer Stadtkern mit der Peter-und-Paul-Kathedrale, der Grablege der russischen Herrscher, deren vergoldeter Turm zum Wahrzeichen der Stadt wurde. Auch die goldene Kuppel der riesigen Isaak-Kathedrale prägt die Silhouette der Stadt. Die Admiralität und die Alte Börse, der prunkvolle Winterpalast mit der Eremitage, einem der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt, sind weitere Höhepunkte einer Stadtbesichtigung wie auch der Newskij-Prospekt, St. Petersburgs berühmter kilometerlanger Prachtboulevard oder das für russisch-orthodoxe Christen so bedeutende Alexander-Newskij-Kloster und nicht zu vergessen: das schwimmende Denkmal aus neuerer Zeit, der Panzerkreuzer "Aurora", untrennbar verknüpft mit dem Beginn der Oktoberrevolution.
Der Katarinenpalast in St. Petersburg
Während der Zarenzeit entstanden in der näheren Umgebung der Stadt eine Reihe prachtvoller Sommerresidenzen wie das "russische Versailles" Schloss Peterhof am Finnischen Meerbusen, der Katharinenpalast in Zarskoje Selo (Puschkin) mit dem legendären, neu entstehenden Bernsteinzimmer oder der Palast von Zar Paul I. in Pawlowsk. Rund 180 km südlich von St. Petersburg, am Ilmensee, liegt die alte Hansestadt Novgorod, einst Drehscheibe im West-Ost-Handel. Ihr mittelalterliches Handelsviertel, die zahllosen alten Kirchen und der Kreml mit der Sophienkathedrale zeugen von vergangenem Reichtum und Größe. Ein Ausflug hierher ist eine Fahrt in das alte Russland. Dieser Eindruck, in das alte "heilige" Herz des Landes, zu den Anfängen der russischen Geschichte vorzudringen und zugleich eine Reise in die Provinz und in den russischen Alltag anzutreten, verstärkt sich noch, wenn man den Goldenen Ring, ein Ensemble altrussischer Städte nordöstlich von Moskau, besucht. Da ist Sergijew Possad, das frühere Sagorsk, zu nennen, dessen Dreifaltigkeitskloster als das bedeutendste Kloster der russ.-orth. Kirche gilt oder das malerische Susdal mit gleich mehreren Dutzend Kirchen und Klöstern. Auch Rostov-Welikij am Nero-See hat seinen Kreml und prächtige Sakralbauten und überdies noch 350 weitere Baudenkmäler, derer sich der Europarat annehmen will. Jaroslawl und Kostroma, Pereslawl-Salesskij und Wladimir sind weitere Glanzpunkte des "Goldenen Rings", schier überquellend von Glockenwänden, Klöstern und Kathedralen, mittelalterlichen Palästen, Museen und Festungsanlagen im altrussischen Baustil.
Kwas Stand
Von den historischen Orten des "Goldenen Rings" ist es nur ein Katzensprung bis Moskau, der "boomtown" des neuen Russland. Anders als das eher beschauliche, noble St. Petersburg vibriert Moskau vor Dynamik. "Business" scheint das Leben zu beherrschen. Nicht wie St. Petersburg nach einem einheitlichen Plan entstanden, beherrschen hohe, gesichtslose Wohnquartiere und lange Straßenzüge aus der Gründerzeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts, durchsetzt von neoklassizistischen Bauten der Stalin-Ära, das Stadtbild Moskaus. Und mittendrin liegen gleich Inseln die großartigen Relikte aus weit zurückliegenden Jahrhunderten, allen voran der Kreml. Die alte Zarenburg birgt neben ihren berühmten Kathedralen auch bedeutende weltliche Bauten wie das Senatsgebäude von Katharina II., den großen Kreml-Palast und mit der Rüstkammer eine der größten Schatzkammern der Welt. An den Kreml grenzt der im 15. Jahrhundert angelegte, 70.000 m² große Rote Platz, eingerahmt von der Basilius-Kathedrale, dem Historischen Museum und dem Lenin-Mausoleum nebst Ehrentribüne. Die Tretjakow-Galerie, mit nahezu 50.000 Exponaten größte Sammlung russischer Kunst, ist ebenso ein "Muss" für Moskau-Besucher wie ein Bummel durch das Kaufhaus GUM, das Shopping-Paradies Arbat oder über den weitläufigen Manege-Platz und eine Fahrt mit der berühmten Metro von einem "unterirdischen Palast" zum nächsten darf natürlich auch nicht unterbleiben.
Die Kul Scharif Moschee in Kasan
Urlaub in subtropischem Klima an den warmen Wassern des Schwarzen Meeres heißt für Russen: auf nach Sotschi, der "südlichen Perle Russlands"! Hier tummeln sich jährlich an die drei Millionen Wasser- und Sonnenfreunde an den breiten Stränden rund 145 km entlang der Schwarzmeerküste, darunter nicht wenige ausländische Gäste, die hier ihren Urlaub ausklingen lassen, vielleicht nach einer , die sie durch das weite, russische Binnenland geführt hat. Das komfortable Reisen auf den großen Flüssen wird immer beliebter. Man kann wählen zwischen einer Fahrt auf dem sibirischen Jenissej (natürlich nur im Sommer) durch phantastische Landschaft Richtung Eismeer, einer geruhsamen Tour von Moskau über Kanäle, Flüsse und Seen nach St. Petersburg oder einem Trip von Moskau zur Wolga und dann stromabwärts bis Wolgograd. Was dem einen die beschauliche und erholsame Reise auf Russlands Flüssen, ist dem anderen eine Fahrt mit der legendären in den Fernen Osten des Landes. Von Moskau bis Wladiwostok in zehn Tagen (mit Besichtigungen) auf der längsten Eisenbahnverbindung der Welt (9.297 km) zu reisen, ist noch immer ein großes Abenteuer. Das Erlebnis der riesigen Dimensionen Sibiriens, seine vorbeiziehenden grandiosen Landschaften und die Begegnung mit den russischen Mitreisenden bleiben unvergesslich.
Vom Fernen Osten in den Fernen Westen. Hier liegt als russische Exklave, von Litauen und Polen umschlossen, das Verwaltungsgebiet Kaliningrad, das frühere nördliche Ostpreußen mit seiner Hauptstadt Königsberg. Luftangriffe, Bodenkrieg und die mutwilligen Zerstörungen in den düsteren Nachkriegsjahren haben die meisten Zeugnisse der Vergangenheit Königsbergs ausgelöscht. Besucher brauchen Geduld und viel Zeit, um das wenige aufzuspüren, was überlebt hat. Dazu zählt der restaurierte Dom, an seiner Nordostseite die Grabstätte Immanuel Kants, die neugotischen Backsteintore, einige Kirchen, die Börse und in den alten Vorstädten noch etliche, wenn auch arg ramponierte Villen.
Eckart Fiene
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