Mit dem Förster auf der Pirsch

Die Kalkalpen: ein Paradies für Wanderer und solche, die es noch werden wollen

Text und Fotos: Ulrich Traub

Österreich - Kalkalpen - Panoramaturm

Einmal tief durchatmen und dann hinaustreten. Die Aussichtsterrasse des Panoramaturms auf dem Wurbauerkogel bietet Ausblicke, die sprachlos machen - auch nach unten, der Boden ist nämlich durchsichtig. Dann lieber schnell sein Augenmerk auf die umliegenden Berge richten und in aller Ruhe nachzählen, ob es wirklich 21 Zweitausender sind, die bei gutem Wetter zu sehen sein sollen.

Österreich - Kalkalpen - Blick vom Panoramaturm

Ausblick vom Panoramaturm

Der Panoramaturm bei Windischgarsten am Fuß der Kalkalpen bietet aber nicht nur ein doppeltes Aha-Erlebnis, sondern auch jede Menge Information. Hier hat der Nationalpark Kalkalpen, der an der Grenze Oberösterreichs und der Steiermark liegt, ein Besucherzentrum und eine Ausstellung über den Park eingerichtet. Man kann sich über Wanderrouten informieren oder gleich eine geführte Tour buchen.
Bernhard Sulzbacher ist ein Kenner der Flora und Fauna. Um Besonderheiten der Kalkalpen anschaulich zu machen, entledigt sich der Nationalpark-Förster schon mal seiner Schuhe und Strümpfe und steigt im Rettenbachtal, das „Tal der fallenden Wasser“ genannt wird, in einen Gebirgsbach. Dort fischt er mit den Händen nach einer seltenen Forellenart. Es dauert ein paar Minuten, bis Sulzbacher Erfolg hat. Dann zappelt ein kleiner Fisch mit markant roten Punkten in seiner Hand, eine Bachforelle, die auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten steht.

„Der Nationalpark Kalkalpen ist das größte Wald-Schutzgebiet in Österreich“, erklärt Sulzbacher. „Die Natur überlassen wir weitgehend sich selbst.“ Kein Wunder, dass sich manch ein Besucher wie im Urwald fühlt. Kein Wunder aber auch, dass sich im Nationalpark seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten entdecken lassen. Zahlreiche Angebote konfrontieren die Besucher mit der fremden Welt dieser besonderen Bergbewohner. Man kann Steinadler auf der Suche nach Beute oder das gesellige Rudelleben der Gämsen beobachten.

Österreich - Kalkalpen - Mit dem Förster auf der Pirsch: Bernhard Sulzbacher erklärt, was am Wegesrand wächst

Mit dem Förster auf der Pirsch: Bernhard Sulzbacher erklärt, was am Wegesrand wächst

Wenn sich diese Einheimischen einmal rar machen, wird die Zeit nicht langweilig, denn Bernhard Sulzbacher hat immer etwas Interessantes zu erzählen. Wer weiß etwa, dass die Ulme den Beinamen Saustallbaum trägt, weil Schweine deren Holz nicht anknabbern. Oder wie viele giftige Pflanzen es in den Kalkalpen gibt. „Wenn man die anfasst, sollte man danach nicht nach Lebensmitteln greifen, ohne sich gründlich die Hände gewaschen zu haben“, warnt der Förster. Also besser Finger weg, zumal man ja nicht zu jeder Wanderung mit einem kundigen Führer aufbricht.

Österreich - Kalkalpen - Konkurrenz für die Berge: barocke Stiftskirche im Ort Spital am Pyhrn

Konkurrenz für die Berge: barocke Stiftskirche im Ort Spital am Pyhrn

Die abwechslungsreiche Landschaft der Kalkalpen mit naturnahen Wäldern, aussichtsreichen Gipfeln, verborgenen Schluchten, unberührten Bergbächen und stillen Almen ist ein Paradies für Wanderer – und noch nicht sehr bekannt. Als Ausgangspunkt für Entdeckungen bietet sich Windischgarsten an, der geschäftige Hauptort der Region Pyhrn-Priel. 600 Kilometer bestens ausgeschilderte Wanderwege warten – auch auf Urlauber, die bislang glaubten, dass Wandern zu beschwerlich sei. In den Kalkalpen fängt das Wandern mit dem Spazierengehen an. Darüber freuen sich besonders ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern. Und immer gibt es mehr zu entdecken als auf herkömmlichen Wegen.

Österreich - Kalkalpen - Wanderer

Wanderer

Wandern auf Themenwegen

Wie hatte doch Förster Sulzbacher gemeint: „Wir sind für die Natur zuständig, um die Kultur kümmern sich andere.“ Und die haben ganze Arbeit geleistet. Auf zahlreichen Themenwegen wandert man in die Geschichte des Tals und erfährt jede Menge über das Leben in den Bergen einst und jetzt. So etwa auf dem Millionenweg, der zeigt, wie die Landschaft vor 250 Millionen Jahren entstanden ist. Oder auf dessen Fortsetzung, dem Proviantweg (insgesamt nur zwei Steigungen), auf dem früher die Bewohner abgelegener Täler mit dem Lebensnotwendigsten versorgt wurden. Oder auf dem ebenfalls leicht zu gehenden, schattigen Flötzersteig am Ufer der Steyr, wo man den Spuren von Holzknechten und Flötzern folgt.

Österreich - Kalkalpen - Hinweissschild für den Sensenthemenweg

Hinweissschild für den Sensenthemenweg

Eine gute Kondition verlangt dagegen die wohl einzige Schlucht mit akademischem Grad, die Dr. Vogelgesang-Klamm mit ihren 500 Stufen. Die letzten Meter fallen etwas leichter, wenn man weiß, dass es danach zum Gleinkersee geht, der sich im Sommer auf 25 Grad erwärmt. Baden im blaugrünen Wasser am Fuß der Bergriesen – da kann die nächste Wanderung ruhig bis morgen warten. Dann geht es auf dem Sensen-Weg zurück in die Zeit der frühen Industrialisierung und zum Pießling-Ursprung, einer beeindruckenden Karstquelle, wo die landschaftsbildende Kraft des Wassers spürbar wird. Neben dem Wald ist Wasser das prägende Element der Kalkalpen.

Es gehört zu den Stärken dieser Region, dass sie die Vergangenheit, in der es noch keinen Tourismus gab, nicht verschweigt. Förster Sulzbacher hat darauf hingewiesen und die Themenwege bieten weitere Beispiele: Früher war das Leben in den Kalkalpen alles andere als ein Zuckerschlecken. Auch das europaweit einzigartige Wilderer-Museum in St. Pankraz, das vom Wiener Kulturwissenschaftler Roland Girtler konzipiert worden ist, erzählt davon und räumt mit kitschigen Verklärungen gründlich auf. In den Kalkalpen hat man schnell das Gefühl, an einem authentischen Ort Urlaub zu machen. Das kann man nicht von sehr vielen Regionen in den Alpen behaupten.

Reiseinformationen zu den Kalkalpen

Informationen:

Tourismus Pyhrn-Priel: www.pyhrn-priel.net

Besucherzentrum Nationalpark Kalkalpen: www.kalkalpen.at

Angebot:

Im Sommer gibt es die Naturerlebnis-Card, mit der zahlreiche Attraktionen beliebig oft und ohne Zusatzkosten benutzt (Bergbahnen) und besucht (Museen) werden können. In zahlreichen Hotels ist sie im Preis inbegriffen, www.naturerlebniscard.com

 

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