Wo Sisi Verse schmiedete

Spurensuche im Ausseerland

Text und Fotos: Ulrich Traub

Beliebte Sommerfrische und anregendes Künstlerzentrum, ehemalige Hochburg des Salzbergbaus und heutiger Treffpunkt der Narzissen-Fans. Über das noch relativ stille Ausseerland, die geografische Mitte Österreichs, kann man viele Geschichten erzählen. Am eindrucksvollsten hören sich sicherlich die von prominenten Zeitgenossen an, die sich im Land der vielen Seen bis in die heutige Zeit ein Stelldichein geben.

Österreich - Ausseerland im Salzkammergut - Altaussee

Altaussee

„Auf zwei Dinge kann ich um nichts in der Welt verzichten – auf meinen Heimatort Altaussee (1) und auf die Bühne des Wiener Burgtheaters.“ Man muss kein Schauspieler wie Klaus Maria Brandauer sein, um seine Begeisterung zu teilen. Der kleine Ort am gleichnamigen See ist eine echte Idylle, wie man sie heute nur noch sehr selten findet. Alte Häuser mit blühenden Blumen auf den Holzbalkonen, offene Gärten und so gut wie keine Bausünden, die das harmonische Ortsbild stören. Kein Wunder, dass Künstler hier Inspiration fanden. Im Literaturmuseum kann man sich in die reiche Kulturgeschichte vertiefen.

Österreich - Salzkammergut - Straßenszene in Altaussee

Straßenszene in Altaussee

Aber erst einmal wird gewandert. Hinter der alten Kirche endet Altaussee und der höchst romantische, unverbaute Seerundweg beginnt. Rund 6,5 Kilometer spaziert man ebenerdig am Ufer, meist unter Bäumen, immer die Berge im Blick. Die steile Trisselwand ragt direkt am Seeufer in die Höhe und gegenüber sorgt der Dachstein-Gletscher für den Fixpunkt im Landschaftspanorama. Mehrere direkt am See gelegene Gasthäuser sind willkommene Etappenziele.

Österreich - Altaussee im Salzkammergut - Literaturmuseum

Im Literaturmuseum in Altaussee

Im Museum erfährt man dann, wem das schon lange vor einem selbst gut gefallen hat. Erzherzog Johann, über dessen Liebe zu einem Altausseer Mädchen in Wien getuschelt wurde, gab sozusagen den Startschuss. „Das ganze ein herrlicher mannichfaltiger Garten“, frohlockte er. Ihm folgte nicht nur Kaiserin Elisabeth, ja richtig, die Sisi, sondern auch Schriftsteller, Musiker und Maler. Johannes Brahms und Richard Strauss, Arthur Schnitzler und Adalbert Stifter verlebten in dem Dorf anregende Sommer. Ein Chronist verglich das dunkle Wasser des Sees mit einem Tintenfass, in das die Dichter ihre Federkiele tauchten. Und ein anderer schrieb: „Es ist ein Traum, oder besser gesagt, ein Märchen auf dem Boden der Wirklichkeit.“ Hugo von Hofmannsthal veröffentlichte im „Simplicissimus“ eine Erzählung über Altaussee, was den Bekanntheitsgrad noch steigerte.

Auf der Via Artis folgt man den Spuren der berühmten Sommerfrischler. Auch im benachbarten Bad Aussee (2) gibt es einen solchen Künstler-Wanderweg (ebenso am Grundlsee). Er führt aus dem Ort hinaus zum Lenau-Hügel und über die Klaus-Maria-Brandauer-Promenade an der Traun entlang zur Hofmannsthal-Linde, beides Plätze mit herrlichem Blick über das Ausseerland, einem abgeschiedenen Winkel des Salzkammerguts, der auch als Heimat der so genannten Dichternarzisse gilt.

„Die Narcissus poeticus genannte Art wächst bei uns gar nicht, hier gibt es nur die Sternnarzisse.“ Anna und Thomas Steiner müssen es wissen, sie sind die Leiter des Alpengartens von Bad Aussee, in dem 2.000 verschiedene Pflanzen aus aller Welt zuhause sind. Der Name Dichternarzisse klinge halt besser. Im Mai, wenn auf den höher gelegenen, nicht intensiv bewirtschafteten Feuchtwiesen immer mehr weiße Farbkleckse sichtbar werden, hat die Pflanze ihr Coming-out. „Unsere Narzisse, die zu den gefährdeten Arten zählt, ist mit ihrem schweren Duft schon was Besonderes“, gesteht Thomas Steiner.

Österreich - Ausseerland im Salzkammergut - Narzissen pflücken

Narzissen auf einer Wiese

Das sehen die Einheimischen und viele Urlauber ähnlich, denn zur Blütezeit steigt Jung und Alt zu den Wiesen empor. In gebückter Haltung sieht man sie Narzissen pflücken. „Das schadet den Pflanzen nicht“, verrät Anna Steiner. Es dürfe aber nur der Stängel mit der Blüte abgeknickt werden. Die Blumensträuße kommen nicht etwa auf die Wohnzimmertische, sondern werden weiterverarbeitet zu großen Figuren. Das österreichweit bekannte Narzissenfest steht vor der Tür.

Österreich - Salzkammergut - Kammerhofmuseum in Bad Aussee

Kammerhofmuseum

Auf dem Platz vor dem Kammerhofmuseum in Bad Aussee kann man bei einem Schaustecken zuschauen. Die Blumen werden auf eine Länge gekürzt, zu mehreren zusammengebunden und in die Öffnungen einer Maschendrahtform gesteckt. So entstehen Märchen- und Fantasiewesen oder wie hier auf dem Platz ein Adventskranz aus Narzissen. Manch einer wird denken, dass ein Sträußchen in einer Vase auch was hat . . . Am Festsonntag werden die Kreationen dann mit einem Corso durch die Stadt gefahren und anschließend auf Plätten, den traditionellen Booten, über den Grundlsee gerudert.

Österreich - Bad Aussee - Adventskranz aus Narzissen

Adventskranz aus Narzissen

Wer weniger Trubel schätzt, dem bietet das Ausseerland schönste Rückzugsmöglichkeiten. Besonders ruhig ist es 'unter Tage', im Salzbergwerk Altaussee. Dort wo Hitler Raubkunst versteckt hatte und Szenen des Films „Monuments Men“ gedreht wurden. Oder man macht einen Rundgang um den Öder See (3), der seinem Namen keine Ehre macht. Baden und Angeln erlaubt. Oder man folgt Sisis Spuren. Von der Kaiserin weiß man, dass ihr die Drei-Seen-Tour besonders gut gefallen hat. Vom Grundl- über den Toplitz- zum Kammersee: ein Weg in die Berg- und Waldeinsamkeit.

Österreich - Ausseerland - Blaa-Alm

Auf der Blaa-Alm

Nach einer Motorbootsfahrt über den Grundlsee (4) wandert man wenige Minuten bis zum Toplitzsee. Hier steigt man auf eine dieser flachen Plätten, die der Altausseer Felix Suchanek noch selber tischlert. Vorbei an Wasserfällen wird man von Suchanek fast in der Manier eines Gondoliere über Toplitz- und Kammersee gerudert, die wieder nur ein paar Minuten Fußweg auseinanderliegen. „Das sieht viel komplizierter aus, als es ist“, bemerkt er. Wer Interesse hat, kann es beim Bootsbauer lernen und dann selber über die Seen des Ausseerlandes rudern – in aller Ruhe.

Sisi übernachtete nach ihrer Drei-Seen-Tour in einem Hotel, das eigens für die Kaiserin eine Rosshaarmatratze angeschafft hatte. Danach war sie so fit, dass sie den Ausseer Hausberg, den Loser, zum dritten Mal bestieg und sich anschließend zu hymnischen Versen hinreißen ließ: „O fraget nicht nach morgen, das Heut ist ja so schön! Verstreut ins Thal die Sorgen, lasst sie vom Wind verweh'n!“ Dick aufgetragen? Mitnichten, schön ist es tatsächlich im Ausseerland.

Österreich - Ausseerland - Talblick

Talblick

Reiseinformationen

Information

Tourismusverband Ausseerland-Salzkammergut: 0043/3622/540400, www.ausseerland.at
(Hier sind Broschüren über die Künstlerwanderwege erhältlich.)

Hoteltipp

„Die Wasnerin“: 5-Sterne-Hotel mit attraktiven Pauschalen, bei Bad Aussee, Wellness-Bereich, hervorragende Küche und viele Kulturangebote; 0043/3622/52108, www.diewasnerin.at

„Hotel am See“: 4-Sterne-Haus in Altaussee, direkt am See, mit Badestrand; 0043/3622/71361,
www.hotelamsee.at

 

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