Der Himmel auf den Kopf gestellt

Sterngucker in der namibischen Wüste

Text und Fotos: Axel Scheibe

Namibia - Sonnenuntergang

Sonnenuntergang, allerdings in einem anderen Teil Namibias © Stephan Eigendorf

Vor wenigen Minuten ist die Sonne einem roten Feuerball gleich am Westhorizont versunken und ihre letzten Strahlen verzaubern die wenigen Wölkchen am Abendhimmel mit einem purpurnen Farbenspiel. Sonnenuntergänge in Namibia sind ein Schauspiel für sich, doch auch die Nacht hält so manche faszinierende Überraschung bereit. Der Allradcamper steht auf dem Rastplatz oberhalb des Spreetshoogte Passes.

Wechselndes Funkenspiel

Das abendliche Lagerfeuer verglüht langsam. Die Blicke lösen sich vom Funkenspiel der Holzscheite. Nun spielt sich der Zauber der Nacht weiter oben ab. Aus der Ferne dringen abenteuerliche Laute herüber. Unendlich weiter ist die Entfernung bis zu den Akteuren des nächtlichen Lichtspiels. Man muss kein astronomisch bewanderter Sternenfreak sein, um diesen Anblick zu genießen. Sicher, es mag auch auf der anderen Halbkugel der Erde einen Himmel voller Sterne geben. Doch was ist dieser im Vergleich zu einer tiefschwarzen Nacht im Süden des Schwarzen Kontinents? Der Südhimmel hat es in sich. Besonders dann, wenn man ihn in einer klaren Sternennacht fast 2.000 Meter über dem Meeresspiegel fernab jeder künstlichen Lichtquelle genießen kann. Es sind die Höhenlage und die geringe Luftverschmutzung. Die Milchstraße scheint zum Greifen nah. Die Welt der Abermillionen Stern sorgt für ein Glitzern und Flimmern. Bereits das bloße Auge reicht, um Sterne bis zur 7. Größenordnung erkennen zu können. Zuhause in Deutschland ist spätesten bei der Größenordnung 6 Schluss. Wer nun sein Fernglas zur Hand hat oder auf das Teleobjektiv der Kamera ausweicht, dem erschließt sich eine ungeahnte Vielfalt.

Namibia - Kalahari - Sternenbeobachtung

Nicht nur für eingefleischte Sternen-Fans bieten sich da in Namibia ganz besonders faszinierende Möglichkeiten, in die Welt ferner Galaxien einzutauchen. Doch dafür muss man vom Spreetshoogte Pass weit nach Osten fahren. Mitten in den roten Dünen der Kalahari, direkt auf dem südlichen Wendekreis des Steinbocks, liegt die Farm von Reinhold und Kirsten Schreiber. Schon der Name verrät es, Tivoli Sky Guest Farm (1). Da stehen nicht nur Schafe und Rinder im Focus. Bereits seit über 25 Jahren ist das Farmgelände zu einem wahren Eldorado für Hobby-Astronomen aus vielen Ländern geworden. Die Erklärung dafür hat Reinhold Schreiber parat: „Wir haben hier durch die extrem trockene Luft und einer Lage von knapp 1.400 m über dem Meeresspiegel die besten natürlichen Voraussetzungen. Außerdem gibt es im Umkreis von dutzenden Kilometern weder irgendeinen Luftverschmutzer noch Fremdlicht. Wenn wir die Lichter auf unserer Farm löschen, herrscht das, was jeder Astronom liebt: Absolute Dunkelheit. Nur die Sterne am Firmament leuchten.“ Ähnliche Voraussetzungen bietet nur noch die chilenische Atacama-Wüste. Doch Reinhold Schreiber untertreibt etwas. Denn neben diesen Faktoren ist es auch die umfangreiche technische Ausstattung der Farm, die die Sternengucker aus der ganzen Welt anlockt. Da wartet Sternwarte neben Sternwarte.

Namibia - Teleskop

Hochwertige Geräte im Wert von zigtausenden Euros stehen, zumeist auch leihweise, zur Verfügung. Die Astronomen brauchen also nicht mit riesigem, und dazu noch schweren Equipment zu reisen. Wer will findet alles vor, was das Herz begehrt. Dazu gehören Dobson Teleskope, Astrographen, Refraktor- und Reflektorteleskope. „Es war der Halleysche Komet, der 1986 meiner Mutter den Anstoß gab, dieses zweite Standbein für unsere Farm aufzubauen.“ Damals freilich noch nicht mit dem technischen Aufwand, der heute nötig ist, um anspruchsvolle Hobby-Astronomen zu begeistern. Die Astrophotoausrüstung gehört ebenso zum Standard, wie das Notebook. „Die meisten Sternwarten lassen sich über den Computer steuern. Teils sogar aus der Ferne. So steht in der einen Sternwarte ein Astrograph, den der Besitzer vollautomatisch aus seiner russischen Heimat steuern kann. Das gute Stück kostet über 80.000 Euro.“

Namibia - Teleskop

Es sind die Neumondphasen im Südwinter, an denen die 14 Betten der Farm lange im Voraus ausgebucht sind. Doch die Nachfrage ganz „normaler“ Sterngucker wächst. Ein guter Grund, das ganze Jahr für sie da zu sein. Auch mit handelsüblichen Ferngläsern oder einem mächtigen Binokular, so einer Art Fernglas für Riesen, lässt sich der Südhimmel genießen. „Immer mehr kommen auch Rundreisende, die für ein oder zwei Tage dieses Schauspiel erleben wollen. Wer noch nie den südlichen Sternhimmel unter den perfekten atmosphärischen Bedingungen der namibischen Wüste gesehen hat, dem verschlägt es fast den Atem.“ Reinhold Schreiber weiß, wovon er spricht.

Namibia - Tivoli Sky Guest Farm

Erinnerung an Ptolemäus

Natürlich ist der Sternenhimmel über Namibia nicht nur beeindruckend, sondern auch ganz anders. Denn auf der Südhalbkugel sind es andere Sternbilder, die den Nachthimmel dominieren. Am bekanntesten dabei sicher das Kreuz des Südens. Unterhalb des 30. Breitgrades steht, ähnlich dem Großen Wagen, ein Sternbild am Himmel, welches permanent den Pol, in diesem Fall den Südpol, umkreist. Es war der große Grieche Ptolemäus, der bereits im Jahre 150 die ersten Sternbilder des Südhimmels erkannte und benannte.

Im Gegensatz zum Nordhimmel, wo besonders im späten Mittelalter kontinuierlich neue Sternbilder am Himmel bezeichnet wurden, waren es erst vor 200 Jahren Johann Bayer und Nicolas Louis de Lacaille, die auch den Südhimmel in ein System aus Sternbildern pressten. Während Ptolemäus und seine Zeitgenossen gern auf die griechische Götter- und Heldenwelt zurück griffen, sind die Namen der Sternbilder des Südhimmels zumeist durchaus pragmatischer Art. Oft waren es Tiernamen und technische Geräte, die in die Fantasiewelt der Sterne projiziert wurden.

Namibia - Tivoli Sky Guest Farm - Schafschur

Ein sternenkundiger Mann an der Seite ist ein Glücksfall. Doch auch ohne viel Sachverstand sind neben der Milchstraße, unserer eigenen Galaxie, andere Galaxien und Sternhaufen zu entdecken, so die kleine und die große Magellansche Wolke. Richtig aufregend wird es, wenn man seinen Blick in den eigentlich vertrauten Norden richtet. Selbst erfahrene Sterngucker müssen verdutzt feststellen, dass der „Löw“ plötzlich auf dem Rücken liegt und der „Große Wagen“ umgekippt über dem Nordhorizont „gestrandet“ ist. Schon allein das „Finden“ dieser bekannten Sternbilder wird damit zum Problem. Sie stehen halt auf dem Kopf. Doch Reinhold Schreiber hilft Sterngucker-Neulingen natürlich gern. Immerhin kümmert er sich nicht nur um Technik auf seiner Farm, sondern ist selbst zum Fachmann geworden. Und auch das sei nicht unerwähnt. Einen ganz normalen Farmbetrieb gibt es auf Tivoli „nebenbei“ auch noch. Rund 5.000 Swakara- Schafe, so die territoriale Bezeichnung für Karakul-Schafe, stehen auf seinen Weiden und 600 Rindern.

Namibia - Rinder

Reiseinformationen

Direktflüge von Frankfurt am Main nach Windhoek bietet Air Namibia. Mietwagenfirmen vor Ort sind zahlreich. Sehr zu empfehlen Asco Car Hire. Der Spezialist für Allradfahrzeuge bietet neben einem Top-Service sehr gepflegte Fahrzeuge zu vernünftigen Preisen. (www.ascocarhire.com).

Es ist oft günstiger zumindest Flug und Mietwagen bereits in Deutschland aus einer Hand zu buchen. Dafür und für zahlreiche gute Tipps und Insiderinformationen steht der Namibia Spezialist Karawane Reisen in Ludwigsburg, Tel.07141/284868, www.karawane.de. Weitere Informationen zu den Lodges von Gondwana Collection gibt es unter www.gondwana-collection.com.

Ein kostenloses Info-Paket verschickt das Namibia Tourism Board, Schillerstrasse 42-44, 60316 Frankfurt am Main, www.namibia-tourism.com.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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