Beauty aus der Baumrinde

Unterwegs in Myanmar

Text und Fotos: Markus Howest

Die zarte Pflanze der Demokratisierung ist in Myanmar überall zu spüren. Das Lächeln der Burmesen steckt an und macht süchtig. Eindrücke aus Yangon.

Myanmar - Das Lächeln steckt an - Markt in Yangon

Das Lächeln steckt an - Markt in Yangon

Zwei edel restaurierte Busse aus kolonialer Vorzeit bahnen sich ihren Weg durch Yangon, der ehemaligen Hauptstadt von Myanmar, dem einstigen Burma. Sie bringen Gäste ins Hotel am Inya Lake, dem einzig wirklichen Stadtresort der Metropole.

Myanmar - Bus im Kolonialstil

Bus im Kolonialstil

Der Charme sozialistischer Architektur aus den 1960er Jahren empfängt den Besucher außen wie innen. Die tropische Wärme und der Blick auf den See mit seinen Palmen in Ufernähe verzaubern den Gast. Die untergehende Sonne färbt den Abendhimmel purpurrot. Ein Gefühl wie in einer Oase, jenseits jeglicher großstädtischer Hektik. Und doch ist es nicht weit bis zum Bogyoke Aung San-Market (Scott-Market) oder bis zur über 2000 Jahre alten und 100 Meter hohen Shwegadon Pagode mit ihren tausenden von Edelsteinen.

Ob auf den geschäftigen Märkten, in den Garküchen, Hotels, Pagoden oder Tempeln - überall empfängt sie den Besucher: die offenherzige Art der Burmesen und der weiteren 134 Volksgruppen des Landes ist selbst für Vielgereiste von beeindruckender Echtheit. Ein Lachen, das nichts erwartet. Ein „Mingalaba“, übersetzt „Möge Segen über Dich kommen“, das sich wie eine kraftvolle Energie auf den Reisenden überträgt. Woher kommen diese Wärme und der Frohsinn? Wenn der durchschnittliche Lohn der Menschen bei zwei Dollar pro Tag liegt. Wenn allein eine zermürbend lange Fahrt auf dem Pick up stehend und schwitzend 200 Kyat, 25 Cent kostet. Wenn die Gesetze es nicht einmal erlauben, bei einem Freund oder einer Freundin zu übernachten. Und wenn die Schlangen an den Tankstellen so lang sind, wie dies hierzulande nicht mal passiert, wenn alle Bundesländer gleichzeitig in den Urlaub fahren.

Myanmar - Frauen in Yangon

Frauen in Yangon

Vielleicht gibt ja der Name des Landes selbst die Antwort: „Myanmar steht für fest zusammenhaltend und stark“, sagt Kwhin, die frei arbeitende Reiseleiterin. Wer nicht stark genug sei, erklärt Kwhin weiter, finde in Yangon keinen Platz - nicht im Bus und nicht im Leben. So reiche der Monatsverdienst in vielen Berufen zum Leben nicht aus. „Viele haben deshalb noch einen Nebenjob“, sagt Kwhin, die ihr perfektes Deutsch im Goethe-Institut gelernt hat, aber noch nie in Deutschland war – stark eben.

Das gilt auch für Mingei, der 26-jährigen Händlerin auf dem Scott-Market. An einer Wegbiegung verkauft sie Tharnaka, jene Baumrinde, die gegen Sonnenbrand schützt und die Schönheit der Haut bewahrt. „Und zudem kühlend wirkt“, fügt Mingei hinzu. Um ihre Ware auf dem Markt anbieten zu können, muss sie die kleinen Baumstämme mit den begehrten Rinden erst auf einer weit entfernten Plantage einkaufen und nach Yangon transportieren. Zwei Tage kostet sie das. Wenn es zu schwer wird, engagiert sie einen Träger, den sie entlohnen muss.

Myanmar - Mingei rührt Paste an

Mingei rührt Paste an

Fünf Dollar kostet ein kleiner Tharnaka-Stamm. „Die Käuferinnen der Mittelschicht kommen damit ein bis zwei Wochen aus,“ bestätigt Mingei grinsend. Meist reiben sich die Frauen zwei Mal am Tag – morgens und mittags - damit ein, versichert sie, während sie zusammen mit ihren drei Freundinnen unter einer Plastik-Plane auf dem Boden hockt und dem starken Regen trotzt. Gern demonstriert sie für die neugierigen deutschen Gäste, wie sie die Rinde auf einem eigens dafür vorgesehenen Mahlstein mit Wasser zusammen zu jener Schönheitspaste vermischt. „Früher mussten Frauen heiraten“, erzählt Kwhin wie aus dem Nichts, während Mingei die Beauty-Paste anrührt. „Heute arbeiten sie selbständig und können allein leben“ – darauf ist sie stolz, auch wenn dies viel Kraft kostet, wie sie immer wieder beteuert. Mingeis Einsatz hat sich jedenfalls gelohnt. Ihre Tharnaka-Inszenierung ist über jeden Zweifel erhaben: die deutschen Touristinnen lassen sich auf das Beauty-Versprechen der Baumrinde ein. Das macht Mingeis Lachen noch strahlender.

Myanmar - Kwhin und deutsche Touristin

Kwhin und deutsche Touristin

 

Reiseinformationen

Klima

In Myanmar gibt es drei Jahreszeiten: die heiße Zeit dauert normaler Weise von März bis Mai (mit Temperaturen zwischen 25 und 40 Grad), die Regenzeit von Juni bis September (mit Temperaturen zwischen 20 und 33 Grad bei relativ hoher Luftfeuchtigkeit) und die trockene Jahreszeit von Oktober bis Februar (mit Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad).

Gesundheit

Für die Einreise sind keine Impfungen vorgeschrieben. Das gesundheitliche Risiko ist bei einer Reise auf touristischen Pfaden gering, weil sich die meisten Krankheiten durch eine sorgfältige Vorbereitung und umsichtiges Verhalten vermeiden lassen. Fälle von Malaria treten fast nur in Gebieten auf, die für den Ausländer-Tourismus irrelevant sind.

Geld

Die Landeswährung ist der Kyat - gesprochen: Dschatt. Seit November 2012 ist es möglich, an Geldautomaten einiger Banken Bargeld abzuheben. Es können internationale Karten mit dem Logo von Visa, MasterCard, Maestro oder Cirrus benutzt werden.

Literatur

Lebendige Berichte historischer Zeitzeugen: Rudyard Kipling mit seinen „Letters from the East“ (London 1889), Somerset W. Maugham mit „The Gentlemen in the Parlour“ (New York 1930) oder Bertil Lintners „Land of Jade“ (Edinburgh 1990).

Stefan Loose-Edition des MairDumont-Verlags. Mit seinen 588 Seiten das umfangreichste, deutschsprachige Traveller-Handbuch für Myanmar; https://www.stefan-loose.de/reise-ziele/asien/myanmar/

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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