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Ritter, Hexen, Kürbiskerne
Unterwegs auf der Steirischen Schlösserstraße

Text und Fotos: Christoph Wendt

Was machte wohl in früheren Zeiten ein Abt mit einer für sein Kloster völlig unnützen Burg, die er geerbt hatte? Ganz einfach: Er verwandelte sie in eine Kirche, oder besser gesagt in eine Vielzahl von Kirchen. So geschehen vor 300 Jahren mit der Festenburg (1) in der Oststeiermark. Damals erbte das Augustiner-Chorherrenstift Vorau die romantisch auf einer Anhöhe gelegene Burganlage. Und da die Zeit längst vorbei war, da fromme Chorherren mitunter zu Schwert und Harnisch griffen, hatten die Mönche des Stiftes keine Verwendung für das aus dem Mittelalter stammende Erbe und verwandelten es 1710 in einen ganzen Komplex von Gotteshäusern. Eine Kirche und sieben Kapellen wurden in dem Burgengemäuer eingerichtet. So entstand eine der kuriosesten Sehenswürdigkeiten in diesem Grenzland.

Bad Radkersburg
Bad Radkersburg

Der Südosten der Steiermark, des grünen Herzens Europas, wie man gerne sagt, ist kein Tummelplatz des modernen Massentourismus, auch wenn dieses Land heute dank der Durchlässigkeit der Grenzen nach Ungarn und Slowenien ein wichtiges Durchgangsland ist. Aber Namen wie Pöllau oder Felsbach, Gleichenberg oder Radkersburg sind anderenorts nur wenig bekannt.

Dabei ist diese Südoststeiermark, das Land im Dreieck von Österreich, Ungarn und Slowenien, eine wahre Schatzkammer, eine Fundgrube. Nirgendwo sonst in der Steiermark trifft der Reisende auf eine so geballte Geschichtlichkeit. Rund 200 Burgen und Schlösser oder deren Ruinen zeugen von der bewegten Geschichte des Landes, das sich immer als Grenzland gegen Slawen und Magyaren behaupten musste, immer wieder von Türken und Kuruzzen, aufständischen ungarischen Bauern, heimgesucht wurde.

Schloss Schielleiten
Schloss Schielleiten

So ist es kein Wunder, dass man sich in dieser Grenzregion der Steiermark gerade dieses enormen Reichtums an historischen Gebäuden erinnerte und versuchte, das Land an Lafnitz und Feistriz, an Raab und Mur für den Touristen interessant und verlockend zu machen. Steirische Schlösserstraße heißt das Zauberwort, mit dem man Nostalgie süchtige Besucher in das Land östlich und südlich der Landeshauptstadt Graz zu holen versucht. Mit Erfolg.

Schloss Obermayerhofen
Schloss Obermayerhofen

Bislang verbindet die Schlösserstraße 16 Burgen und Schlösser, von denen einige in stilvolle Schlosshotels umgewandelt wurden. Sie bieten spezielle Touristenprogramme an, von rustikal einfach bis zu exklusiv-luxuriös. Da ist zum Beispiel das Reiterschloss Kümml, das Schloss Obermayerhofen, oder das auf dem Rande eines einstigen Vulkans über der Klöcher Weinstraße thronende Schloss Kapfenstein (2). Hier führt der Hausherr seine Gäste gerne in die weitläufigen Keller seines Weingutes in den Felsen, auf denen die Burg thront. Denn Kapfenstein ist architektonisch gesehen kein Schloss, sondern eine Burg, eine echte, alte Burg mit allem was zur Burgenromantik dazugehört. Wenn abends der Hausherr persönlich das schwere Burgtor schließt und die Eichenbalken vorlegt, beginnt der romantisch-gemütliche Teil des Aufenthaltes. Dazu gehören die mächtige Eingangshalle, die alten Burgstuben, der mächtige Burgturm und eine Handvoll Fremdenzimmer, die in dem Gemäuer aus dem 11. Jahrhundert eingerichtet sind. Von den Fenstern reicht der Blick weit über das Schlösserland. Man schaut nach Ungarn hinein ebenso wie nach Slowenien und ins benachbarte Kärnten. Und während der Gast sich zur Ruhe begibt und den Burggeist erwartet, schweben draußen lautlos die Fledermäuse um die Burg.

Schloss Kapfenstein
Schloss-Kapfenstein

Diese Reise über die Steirische Schlösserstraße ist eine Reise ins mittelalterliche deutsche Reich. Verstand sich doch dieses Grenzland im Südosten Jahrhunderte lang als des Reiches Hofzaun, hinter dem sich dank der Vielzahl von Befestigungsanlagen die abendländische Kultur erhalten und behaupten konnte.

Die erste Adresse allerdings unter den historischen Bauten an der Schlösserstraße ist die Riegersburg (3), bekannt geworden durch die vor Jahren als Landesausstellung präsentierte und heute als Dauerausstellung zugängliche Übersicht über das Unwesen von Hexenglauben und –verfolgung.

Riegersburg
Die Riegersburg

Schon von weitem ist diese immer uneinnehmbar gewesene Festung, das „Gibraltar der Steiermark“, zu sehen. So wie diese Burg sich imposant in der Landschaft zeigt, ist sie das Werk einer Frau, die im 17. Jahrhundert als Burgherrin die Riegersburg zur stärksten Festung der Christenheit ausbauen ließ. So nannten jedenfalls die Türken damals die Burg, an der sie sich buchstäblich die Zähne ausbissen. Die tatkräftige Burgherrin war Katharina-Elisabeth von Galler, im Volksmund auch heute noch nur die Gallerin genannt. Unter Anspielung auf ihr leidenschaftliches, händelsüchtiges und tyrannisches Leben nannte man sie aber auch die „schlimme Liesel“.

Wie es damals im 17. Jahrhundert auf der Riegersburg zugegangen ist, beweist noch eine Inschrift an einem Fenster des prächtigen Rittersaals der Burg. Dort heißt es: „Anno 1635 den 6, April hat sich das sauff angehebt und alle tage ein rausch geben bis auf den 26. dtto“.

Die Jause wird serviert
Die Jause wird serviert

Kleine Dörfer mit pannonisch anmutenden niedrigen Bauernhäusern lockern das Landschaftsbild auf, das von rebenbedeckten Hügeln geprägt wird. Hier lässt es sich vortrefflich auf eine Weinprobe oder eine Jause beim Weinhauer, wie hier die Winzer heißen, einkehren.

Kernölgewinnung

Dann wieder erstrecken sich weite Felder, auf denen Kürbisse kultiviert werden. Es sind Kürbisse ganz besonderer Art, die nur hier gedeihen. Ihr Fleisch ist uninteressant, es geht nur um die Kerne. Zur Erntezeit hocken die Erntearbeiterinnen auf den Feldern, greifen Kürbis um Kürbis, teilen ihn, klauben die Kerne heraus. Die werden gewaschen, getrocknet, geröstet und in Kürbiskernmühlen gemahlen. Heraus kommt das berühmte Steirische Kernöl, das Kürbiskernöl, das inzwischen die Küche ganz Österreichs erobert hat, und vor allem hier nahe Radkersburg in der Südoststeiermark gewonnen wird.

Weitere Informationen:  www.schloesserstrasse.com

 

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