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Islands Indian Summer 

Text und Fotos: Uwe Lexow

Die Luft ist klar, die Sicht nahezu grenzenlos, wären da nicht die majestätischen Vulkane, deren einstige Lavaströme die Landschaft hier am Myvatn gestaltet haben. Stille und ein Hauch von Wehmut liegen über dem Land. Der Sommer ist vorbei, die Touristenströme weg. In der Nacht hat es gefroren.

Island - Indian Summer

Indian Summer – wir alle kennen die Farbenpracht des Herbstlaubs vor allem aus den Neu-England-Staaten. Ab Anfang/Mitte September bis Ende/ bis Mitte/Ende Oktober zeigen die Wälder Kanadas und Nordamerikas eine unglaubliche Farbenvielfalt.

Die Indianer glaubten daran, dass der Himmlische Jäger den Großen Bären erlegte. Sein Blut färbte Jahr für Jahr die Blätter rot. Das Fett, das aus den Kochtöpfen des Jägers spritzte, sorgte für die Gelbtöne. Dieser Legende verdankt das Naturschauspiel seinen Namen: Indian Summer.

Die "Fall Foliage", die Laubverfärbung, ist im Nordosten der USA intensiver als in Europa. Der Grund: Der Nachtfrost kommt früher, außerdem ist die Vielfalt der Baumsorten größer. Bereits im September, wenn die Bäume noch grün sind und der Prozess der Fotosynthese in vollem Gang ist, sinken die Temperaturen unter null Grad. Die Pflanzen sichern das wertvolle Chlorophyl, also den grünen Farbstoff, der die Fotosynthese und damit die Zuckerproduktion ermöglicht. Zurück bleiben Farbpigmente und der eben noch produzierte Zucker. Dadurch erhält das Herbstlaub seine typische Färbung.

Islands Indian-Summer besticht ebenfalls mit bunten Farben. Ab Mitte September leuchten auch hier die Farben des Sommers noch einmal, bevor der Winter das Land in Besitz nimmt.

Island - Indian Summer - Moose

Aber Islands Indian Summer ist bescheidener. Es gibt keine hohen Laubbäume, von Birken abgesehen. Aber Moose und Flechten zeigen in der klaren Herbstsonne noch einmal ihr schönstes Kleid. Zusammen mit dem Blau des Himmels, der klaren Luft und den Spiegelungen im Wasser zeigt sich ein Farbspiel, das bei aller Bescheidenheit dem Indian Summer ein paar tausend Kilometer weiter westlich an Schönheit um nichts nachsteht.

Die Berge sind längst verschneit, die Hänge vereist. Nur in den Tälern hält sich noch ein Hauch von Melancholie.

Island - Indian Summer

Dort, wo im Sommer alles grün war, dominieren nun Gelb,-, Braun,- und Rottöne, deren Vielfalt man dem sonst kargen Land kaum zugetraut hätte.

Island - Indian Summer

Kein Zweifel: Der kurze Herbst gehört zu Islands spannendsten Reisezeiten, nicht nur weil man die Insel im Norden fast für sich hat, und Islands Fluglinie Icelandair mit Sonderangeboten ab Frankfurt und München lockt. Es sind die Farben, die den Fotografen faszinieren, das Spiel mit dem Licht, den Wassertröpfchen, den vom ersten Schnee geneigten Zweigen und sterbenden Pflanzen.

Island - Indian Summer

Der erste Schnee hat das Gras zusammen gepresst, wie einen Halm-Teppich.

Island - Indian Summer

Nur wenige Schafe sind noch draußen. Das Rettir, der jährliche Schafabtrieb und das Aussortieren der Tiere, die den ganzen Sommer frei umher laufen durften, hat schon in der ersten Septemberwoche stattgefunden. Rettir - inzwischen gehört der Schafabtrieb zu den Touristenattraktionen Islands.

Island - Indian Summer - Schafherde

Rettir - das ist schon fast ein Volksfest. Jung und Alt beteiligen sich am Zusammentrieb, der meist ein bis zwei Tage dauert.

Island - Indian Summer - Schafe

Das alte Schafsgehege von Hlidarrett wurde schon 1880 in einem alten Lavastrom errichtet. Es besteht aus aufgeschichteten Lavasteinen. Bis zu 3.000 Tiere werden nach altem Ritual aus dem Gebiet um den Kraflavulkan zusammengetrieben. 1976 waren es noch ca. 11.000 Schafe .

Island - Indian Summer

Selbst die raue vulkanische Landschaft wirkt durch die Herbstfarben etwas friedlicher und lassen vergessen, dass die Magmakammer hier nur 3 Kilometer unter der Erdoberfläche liegt, und jeden Tag ein erneuter Ausbruch die Idylle zum Inferno machen kann.

Island - Indian Summer

Island - Indian Summer - Lavagestein

Dann ist die Sonne mit einem Mal weg. Innerhalb von ein paar Stunden stellt sich das Wetter um.

Eine Rotte Gänse zieht am Hverfjall vorbei, als wolle sie vor dem nahenden Winter Reißaus nehmen.

Island  - Indian Summer - Rotte Gänse

Am nächsten Morgen ist der Indian Summer mit einer Farbenpracht vorbei: Die Pseudokrater liegen unter einer immer dichter werdenden Schneedecke. Der Winter ist da, der den Myvatn bis in den April hinein zufrieren lässt.

Island - Indian Summer

 

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