Unter den Bergen

Die Karsthöhle von Konglor in Laos

Text und Fotos: Franz-Josef Krücker

Auf dem Weg nach Süden breitet sich rechterhand eine weite Ebene aus, durch die der mächtige Mekong, die Lebensader Südostasiens, mäandernd strömt. Die Kulturen sind hier verbunden, die Lao den Thai eng verwandt; über lange Zeiten gehörten auch weite Gebiete westlich des Mekongs zum laotischen Reich.

Laos Karstgebirge - In der Trockenzeit liegen die Felder brach

In der Trockenzeit liegen die Felder brach

Linkerhand hingegen beherrschen nicht Reisfelder das Bild, sondern bewaldete Hügel und darüber schroffe Karstformationen. Das Truong-Son-Gebirge, durch das die Grenze zu Vietnam verläuft, war schon immer nicht nur eine politische, sondern auch eine kulturelle Grenze, die schwer zu überwinden war.

Laos - Konglor - Vom Aussichtspunkt hat man einen schönen Blick über die Karstberge

Vom Aussichtspunkt hat man einen schönen Blick über die Karstberge

Der Weg von der laotischen Hauptstadt Vientiane nach Pakse im Süden folgt meist dem Mekong und führt durch eine grüne, feucht-heiße Landschaft, die Entspannung und Sommer verspricht. Doch es lohnt sich, ab und zu einen Abstecher von der Nationalstraße 13 zu machen. Zum Beispiel in der etwas staubigen Stadt Vieng Kham auf die Nationalstraße 8 abzubiegen, die letztendlich in die vietnamesische Stadt Vinh führt. Nach etwa 40 Kilometern weisen Schilder auf einen Aussichtspunkt hin, den man nicht rechts liegen lassen sollte. Denn von hier bietet sich ein herrlicher Rundumblick über ein Meer von Bergspitzen, allesamt bizarr geformt und sich wie Kulissen hintereinander schiebend. Heiße Luft flirrt über der Landschaft, doch die Schwüle der Ebene ist hier bereits verschwunden, und der Frühling scheint zurückgekehrt zu sein.

Im Dorf Konglor

Das Dorf Konglor liegt in einem weiten, von Bergen umgebenen Tal. In der Ebene wird in der Regenzeit Reis angebaut, jetzt in der Trockenzeit liegen die Felder brach, so dass sich die Dorfjugend am späten Nachmittag dort trifft, um Fußball zu spielen. Jungen wie Mädchen jagen dem Ball hinterher, die meisten barfuß, und eine vielleicht 14-Jährige trägt dabei sogar noch ihren kleinen Bruder auf dem Rücken. Die Knaben, die schon 16 oder älter sind, bleiben lieber unter sich und kicken auf einem anderen Feld auf die härtere Tour. Langsam verzieht sich die Sonne hinter die Berge, wie schwarze Scheiben schieben sich die Schatten die Abhänge hoch, um 18 Uhr wird es hier in den Subtropen zappenduster sein.

Laos - Reisfelder lassen sich auch als Fußballplätze verwenden

Reisfelder lassen sich auch als Fußballplätze verwenden

Es bleibt noch Zeit, einen Rundgang durch das Dorf Konglor zu machen. Die meisten Häuser sind aus Holz und stehen auf unterschiedlich hohen Stelzen. Doch seit wegen der Höhle viele Touristen hierher kommen, werden auch eine ganze Reihe neuer Häuser erbaut; sie stehen, wie heutzutage üblich, auf dem Boden und sind aus Beton und Ziegelstein. Viele von ihnen werden nach Fertigstellung einfache Pensionen sein, denn hierher kommen vor allem junge Rucksackreisende aus aller Welt und Abenteurer, die sich irgendwo ein Moped geliehen haben und eine Rundfahrt durch diese Gegend am Fuße der Berge machen. In den älteren Herbergen sind die Zimmer klein, aber doch sauber, Duschen gibt’s im Gemeinschaftsbad, und bevor man das Zimmer betritt, legt man die Schuhe ab – wie zu Hause eben.

Laos - Makellos saubere Zimmer warten im Spring River Resort außerhalb des Dorfes Konglor

Makellos saubere Zimmer warten im Spring River Resort außerhalb des Dorfes Konglor

Wer es etwas bequemer und idyllischer haben möchte, muss sich in das außerhalb des Ortes in einem winzigen Dorf gelegene Spring River Resort einmieten. Die Thailänderin Vicky und ihr Schweizer Mann Thomas haben hier am Steilufer des Flusses eine Oase der Entspannung geschaffen. Zehn Bungalows im Garten sind recht einfach gehalten, doch blitzend sauber, während sechs Bungalows auf der Steilkannte luftig sich am Fluss orientieren. Auch im Restaurant, in dem es solide thailändisch-laotische Kost gibt, genießt man den Blick ins Grüne des Waldes und ins Blaue des Flusses, in dem man auch schwimmen oder Kanufahren kann. Gelegentlich kommt ein Bauer aus der Nachbarschaft mit seinem Wasserbüffel vorbei und lässt ihn am Ufer suhlen, während der Bauer ein Pfeifchen raucht.

Hinein in den Berg

Am frischen nächsten Morgen geht es auf zur Höhle. Wir wandern durch das gesamte Dorf und gelangen so zu einem Zaun. In einem kleinen Kontrollhäuschen sitzt ein lächelnder junger Mann und wedelt mit einem Block Eintrittskarten. Die Gemeinde will schließlich auch vom Touristenstrom profitieren und kassiert deshalb eine kleine Summe für das Betreten des Waldes. Durch den schlendern wir zehn Minuten lang immer geradeaus, dann zeigt schon ein Stimmengewirr an, dass das Ziel bald erreicht ist. Wir ignorieren erst einmal die Hütten und gehen immer weiter, bis wir am etwa zehn Meter hohen Steilufer eines Flusses stehen. Sandige Abhänge, kleine Inseln, auf der anderen Seite gibt es sogar einen richtigen Strand, nun gut einen kleinen. Eine Holzbrücke führt hinüber an dieses andere Ufer.

Laos - Karsthöhle bei Konglor - Jedes Boot nimmt maximal drei Passagiere auf

Jedes Boot nimmt maximal drei Passagiere auf

Große Schilder machen klar, wie es weitergeht: Zur Fahrt durch die 7,5 Kilometer lange Höhle liegen flache Longtailboote bereit, die neben ihrem Bootsführer drei Passagiere aufnehmen können. Sie haben nur ein paar Zentimeter Tiefgang und man hockt auf einem querliegenden Brett. Im Preis inbegriffen ist ein Schließfach, in dem man am besten sämtliches Gepäck und die Schuhe zurücklässt, es sei denn, sie sind wasserresistent. Man kann Plastiklatschen ausleihen, die allerdings nicht immer stabil sind. Das Problem ist, dass man unterwegs ein paarmal aussteigen, durchs Wasser waten und das Boot schieben muss, das sonst auf den Kieselsteinen des Flussbettes stranden würde.

Jetzt die orangene Schwimmweste anziehen und schließen und die Kopflampe festzurren, dann über die Brücke zum Eingang der Höhle, wo schon zwanzig flache Kähne warten. Der Bootsführer hilft beim Einsteigen, sieht dass die Lasten gut verteilt sind und schiebt das Boot in die Strömung. Auf geht’s.

Der Fluss ist hier zehn Meter breit, die Höhle fünf Meter hoch. Das Boot beschleunigt, im Fahrtwind wird es etwas kühl, Dunkelheit bricht herein. Munter zucken die Lichtstrahlen unserer Kopflampen an den Höhlenwänden entlang, immer auf der Suche nach hängenden Kalksteinzapfen, den Stalaktiten, oder aufstrebenden Säulen, den Stalagmiten. Nur selten hängt irgendwo ein Scheinwerfer und hebt ein besonders skurriles Ensemble aus der Dunkelheit. An ein paar Stellen haben die Bootsführer kleine Kieselwälle aufgeschüttet, um die Fahrrinne zu vertiefen und zu markieren; zügig folgt das Boot dem geschwungenen Verlauf des Flusses.

Laos - Karsthöhle bei Konglor - Stalagmiten und Stalaktiten gruppieren sich zu skurrilen Formationen

Stalagmiten und Stalaktiten gruppieren sich zu skurrilen Formationen

Dann plötzlich öffnet sich eine riesige Höhle, die bestimmt dreißig Meter hoch ist. Stimmen hallen, der Bootsführer reduziert das Tempo, die Luft fühlt sich unvermittelt warm und schwül an. Das Boot wendet und fährt auf einen kleinen Sandstrand. Sofort springt der Bootsmann aus dem Kahn, hält ihn an einem Tau und fordert die Passagiere auf, ins Wasser zu steigen und an Land zu gehen. Das Wasser ist erfrischend kühl und reicht bis zu den Knien. Wir staksen den Sand hinauf, hinter dem ein befestigter Weg beginnt, dem wir nun folgen; das Boot wird uns am Ende wieder aufnehmen.

Ins Reich der bunten Nadeln

Der gewundene Weg führt nun zu einigen bunt angestrahlten größeren skurrilen Kalksteinformationen, die von der Decke herunterhängen, sich an Wände klammern oder aus dem Boden zu wachsen scheinen. Weiß, blau, grün sind sie angeleuchtet. Handyblitze zucken allerorten. Schnell fließt der Schweiß, denn ohne das Flusswasser und den Fahrtwind herrscht die Schwüle vor, so dass sich mancher der engen Weste entledigt.

Laos - Karsthöhle bei Konglor - Alle packen an, um das Boot wieder ins Fahrwasser zu bringen

Alle packen an, um das Boot wieder ins Fahrwasser zu bringen

Nach fünfzehn Minuten ist das Ende des Pfades erreicht. Hier warten schon die Boote, Fährmann und Passagiere treffen sich wieder. Wir steigen wieder ein, und schon geht es weiter. Manchmal hat es den Anschein, man habe zwei bis drei Meter Wasser unter dem Kiel, manchmal knirscht eben jener Kiel über eine flache Kieselbank. Der Wasserstand in der Konglor-Höhle ist sehr unterschiedlich, nicht nur je nach Felsformation, sondern auch je nach Jahreszeit. Während der Regenzeit von August bis Mitte November fließt zu viel Wasser zu schnell durch die Höhle, so dass die Boote nicht fahren können. Jetzt in der Trockenzeit besteht das Problem eher darin, dass wir mal wieder auf einer Kiesinsel festsitzen. Da hilft nur aussteigen und Hand anlegen, zwei andere Bootsmänner kommen zur Hilfe, und so tragen alle gemeinsam den recht schweren Holzkahn in das nächste Fahrwasser.

Laos - Karsthöhle bei Konglor - Bäume, Sträucher und Bambus wachsen am Ufer

Bäume, Sträucher und Bambus wachsen am Ufer

Nach einer weiteren halben Stunde wird es spürbar wärmer und dann auch heller. Das andere Ende der Höhle, das wie ein riesiges Maul aussieht, ist erreicht. Üppige Vegetation säumt das Flussufer, Vögel bestaunen die bunten Wasserwesen, und wir schauen zurück.

Nach einem weiteren Kilometer machen die Kähne am Ufer fest, über eine Betontreppe gelangen wir hinauf auf eine Art Dorfplatz, der von verschiedenen Hütten umstanden wird. Hier gibt es eine Touristeninformation, einen Imbiss, eine Toilette. Man kann Ausflüge in das nahe Dorf Natane unternehmen. Aber irgendwie funktioniert das alles nicht: Die Touribude ist verrammelt, Wasser hat man selbst mitgebracht, und der Dorfausflug würde zu lange dauern, der Bootsführer hat uns nur eine Viertelstunde Pause eingeräumt. Das reicht auch, um sich die Beine zu vertreten.

Laos - Karsthöhle bei Konglor - In der Nähe des Dorfes Natane wird eine Pause eingelegt, bevor es zurück in die Höhle geht

In der Nähe des Dorfes Natane wird eine Pause eingelegt, bevor es zurück in die Höhle geht

Zurück ans Licht

Die Hinfahrt hat etwa eine Stunde gedauert, die Rückfahrt geht etwas schneller, obwohl wir nun stromaufwärts fahren. Der Fußweg wird ausgelassen, und irgendwie scheint der Bootsmann die Untiefen besser umfahren zu können. Zügig knattern wir durch die meist etwa zwanzig Meter breite und zehn Meter hohe Höhle, immer noch mit der Kopflampe nach skurrilen Formationen suchend. Zahlreiche Boote kommen uns jetzt entgegen, aber die Bootsmänner wissen genau, was sie tun. Ein paar mehr Wellen schütteln das Boot, Wasser schwappt hinein, Spritzer fliegen durch die Luft. Der Bootsmann reicht von hinten eine Konservendose, mit der man ein wenig schöpfen kann.

Dann ist der Höhleneingang wieder erreicht. Das Boot schrappt an den flachen Betonpier, und wir klettern etwas unbeholfen an Land, wo sich die längeren Knochen erst wieder entfalten müssen. Mit dem Trinkgeld machen wir den Bootsmann recht glücklich; er nickt mit dem Kopf und lacht uns winkend zu. Auf der Betonplatte warten schon die nächsten Kunden.

Draußen fühlt es sich an wie drinnen in der Sauna. Erstmal die Schwimmweste loswerden, das hilft schon. Wir lassen uns in den Sand fallen und teilen den Rest Wasser zwischen Kehle und Gesicht. Ohne das Motorengeknatter kann man seine Beobachtungen austauschen, Stalaktiten beschreiben und die Fahrt immer nur knapp über der Wasseroberfläche. Ein wenig erschöpft sind wir schon. Nach einer kurzen Pause schlappen wir wieder über die Holzbrücke, geben in den Hütten Badelatschen, Westen und Stirnlampen zurück und machen uns auf den Weg in den Ort. Eine Portion gebratene Nudeln und ein kaltes Bier wären jetzt genau richtig.

Laos - Karsthöhle bei Konglor - Skurrile Stalagmiten

Skurrile Stalagmiten

 

Reiseinformationen

Anreise

Konglor ist etwa 310 Kilometer von Vientiane entfernt; mit einem Leihwagen oder Minibus braucht man fünf bis sechs Stunden für die Strecke. Am besten fährt man am frühen Morgen los, sonst dauert es schon eine Stunde, bis man Vientiane verlassen hat. In Vieng Kham biegt man auf die stark befahrene Nationalstraße 8 ab, die zur vietnamesischen Grenze und weiter nach Vinh führt. Kurz nach dem Aussichtspunkt (View Point), der einen guten Blick über die Karstberge der Umgebung gewährt, führt rechts eine Lokalstraße nach Süden, an der das Dorf bereits angezeigt ist. Es folgen dann aber nochmal etwa 30 Kilometer auf einer nur teilweise befestigten Straße.

Übernachtung

Im Dorf gibt es eine große Zahl von Guest Houses, die relativ einfache Zimmer zu sehr unterschiedlichen Preisen anbieten. Am Wochenende sind sie gut belegt, da dann viele Ausflügler aus der Hauptstadt kommen. Es werden gerade einige weitere Häuser gebaut, so dass die weitere Entwicklung nicht wirklich abschätzbar ist.

Einziges wirkliches Hotel ist das Spring River Resort, das einige Kilometer außerhalb des Ortes am Fluss liegt. Bevor man von Norden in den Ort hineinkommt, geht rechts eine Piste ab, von einem großen Schild markiert. Es gibt zehn Garten- und sechs Flussbungalows, ein Restaurant und einige Aktivitäten am Wasser. Inhaber und Personal sind freundlich und hilfsbereit. Ban Tiou, Tel. +856/020/59636111. www.springriverresort.com.

Essen und Trinken

Ein richtiges Restaurant gibt es nicht, die Guest Houses bieten jedoch abends einfache Mahlzeiten und gekühlte Getränke an. Es geht recht rustikal zu.

Konglor-Höhle

Länge: ca. 7,5 km. Befahrbar: Dezember bis Juli, tgl. von ca. 8 bis ca. 15 Uhr. Maximal drei Personen pro Boot. Kosten: Boot mit einem Passagier 110000 Kip, mit zwei Personen 120000 Kip, mit drei Passagieren 130.000 Kip (= ca. 13,60 €).

Da man öfters ins Wasser steigen muss, sollte man kurze Hosen und wasserfeste Schuhe tragen (man kann auch Plastiklatschen ausleihen), eine Schwimmweste und eine Kopflampe anlegen. Handys und Kameras vor Wasser schützen. Wertsachen im Hotel oder Auto lassen.

Reiseführer

Franz-Josef Krücker, Laos: Mit Vientiane, Mekong und Luang Prabang, Berlin: Trescher 2019, 261 S., 16,95 €, https://www.trescher-verlag.de/reisefuehrer/asien/laos.html

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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