Salzwüsten, Wasserfälle und künstliche Sümpfe

Vom Toten Meer nach Galiläa

Text und Fotos: Rainer Heubeck

 

Israel - im Dead Sea Valley unterwegs

Arid drückt aufs Gaspedal und steuert den Jeep nach links. Nun heißt es, sich gut festhalten, denn die beiden linken Räder wühlen sich oben an der Böschung durch den Sand, während die beiden rechten auf der Piste bleiben. „Wir sind hier im Dead Sea Valley, in der am tiefsten gelegenen Wüste der Welt“, sagt der 62-jährige, der äußerst entspannt wirkt, kurz darauf. Die Umgebung ist sandfarben, doch eigentlich sind wir in einer Salzwüste, auf die sich eine dünne Sandschicht gelegt hat. Tiere gibt es in dieser lebensfeindlichen Landschaft kaum, für sie ist es hier einfach zu trocken.

Israel - Im Dead Sea Valley unterwegs

Bei unserer Fahrt im Bett eines ausgetrockneten Flusses, des Sodom Dry River, macht Arid an einer kleinen erdlochartigen Höhle halt. „Geht rein, drinnen ist es kühler“, sagt er – und tatsächlich, während es neben dem Jeep bestimmt 40 Grad heiß ist, ist es in der Höhle, die sich in die Böschung bohrt, bereits zwei Meter vom Eingang entfernt deutlich angenehmer, fast schon erfrischend. Was von außen aussah wie ein Loch im Sand, erweist sich innen als eine wohltemperierte Salzhöhle.

Israel - Blick vom Mount Sodom auf das Tote Meer

Kurz darauf fahren wir weiter, eine holperige Piste zieht sich bergauf. Als ‚Arid schließlich auf dem Mount Sodom anhält, nimmt er sich Zeit für eine Zigarettenpause. Wir hingegen genießen den Blick auf die Ausläufer des weiß-braunen Salzbergs, der fast wellenartig aufgebaut zu sein scheint – und auf das dahinterliegende Gewässer: Das Tote Meer, dessen südliche Ausläufer wir von hier sehen können, hat einen Salzgehalt im Wasser von mehr als dreißig Prozent. Arid liebt diese Gegend, mit den Städtern und dem Stadtleben möchte er nicht tauschen: „Die Luft ist klarer hier, es ist friedlicher, man hat Zeit und eilt nicht ständig“, schwärmt er – bevor er uns mit den Jeep wieder zurückbringt in die Zivilisation.

Israel - Klippdachs in der Oase En Gedi

Während unsere kleine Reisegruppe in der Wüste keinen anderen Menschen begegnet, ist das beim Stopp in der Oase En Gedi anders. Auf dem Wanderweg hoch zum König-David-Wasserfall sind zahlreiche Familien unterwegs, aber auch etliche Grüppchen mit jungen Leuten. Mit jährlich 580.000 bis 600.000 Besucher ist En Gedi das populärste Naturreservat in Israel. In der Oase gibt es Wanderwege und Thermalquellen, alte Tempel und Synagogen, einen Kibbuz und verschiedene Wasserfälle – und das alles ganz in der Nähe des Westufers des Toten Meeres. Bis vor etlichen Jahren lebten in der wasserreichen Oase sogar Leoparden, mittlerweile sind diese verschwunden. „Vor sechs Jahren haben wir zum letzten Mal einen gesehen“, berichtet David Greenbaum, der Leiter der Reservatsverwaltung. Doch kleinere Tiere, beispielsweise Klippdachse, sehen wir bei unserer Wanderung tatsächlich, und eine andere Tierart, die hier ebenfalls anzutreffen sein soll, wurde schon in der Bibel erwähnt: der Steinbock.

Israel - Wasserfal in der Oase En Gedi

Unterhalb der verschiedenen Wasserfälle stoßen wir auf kleine Bassins. Sie bieten eine kühle Erfrischung beim Bergaufgehen – und ein Massagedusche made by nature. Am König-David-Wasserfall weisen Schilder darauf hin, dass man sich hier nicht unter die herabprasselnden Wassermassen stellen soll – doch daran hält sich offensichtlich nicht jeder. Dass der Wasserfall nach König David benannt worden ist, das ist kein Zufall. Denn in der Umgebung von En Gedi soll sich David in einer Höhle versteckt haben, in die König Saul gekommen war, um sich zu erleichtern. „David ermordete ihn aber nicht, sondern schnitt ihm lediglich einen Fetzen von seinem Mantel ab“, rekapituliert unser Guide Ofer Moghadam die biblischen Geschehnisse.

Israel - König-David-Wasserfall in der Oase En Gedi

Beim Verlassen der Oase merken wir, dass das natürliche Gleichgewicht der Region durchaus gestört ist – zwischen der Landstraße 90, dem sogenannten Dead Sea Highway, und dem Westufer des Toten Meeres klaffen zahlreiche Senklöcher im Boden. Sie sind entstanden, weil der Wasserspiegel in diesem Bereich seit Jahren sinkt und dadurch die Salzschicht von Süßwasser unterspült wird – sodass Hohlräume entstehen, die irgendwann nachgeben. Dass ein geplanter Wassertransfer vom Roten Meer zum Toten Meer die Lösung dieses Problems sein würde, bezweifelt Naturreservatschef Greenbaum, „Ich denke, es wäre besser, einen Damm am Jordan zu öffnen“, sagt er.

Israel - Wels im Hula-Naturreservat

Dass menschliche Eingriffe in die Natur unerwünschte Nebeneffekte haben können, erfahren wir auch im Hula-Naturreservat in Galiläa. Es ist Israels ältestes Naturschutzgebiet – doch zu einem solchen wurde es erst, als man merkte, dass die Trockenlegung der Sümpfe um Hula auf Dauer viele unerwünschte Nebenwirkungen hat. „Es kam zu einer ökologischen Katastrophe – Tiere starben aus und Torf fing an zu brennen“, berichtet unser Reiseleiter Ofer Moghadam, der in Pforzheim sein Abitur gemacht hat. Deshalb hat man den ehedem verschwundenen Hula-See, wieder künstlich angelegt, zumindest zum Teil. Heute ist diese renaturierte Sumpflandschaft, über die wir auf kleinen Holzpfaden laufen, ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel. Für die Kranichbeobachtung sind wir zum falschen Zeitpunkt hier. Dennoch sehen wir eine Reihe verschiedener Vögel, außerdem Nutria, Wasserschildkröten und Fische, vor allem den afrikanischen Raubwels. Israel, das zeigt auch diese grüne Schilflandschaft etwa 280 Kilometer nördlich der Mondlandschaft des Dead Sea Valleys, bietet eine faszinierende ökologische Vielfalt auf kleinem Raum.

Israel - Pflanzen im Hula-Naturreservat

 

Informationen

Anreise

Direktflüge nach Tel Aviv bieten Lufthansa, Tui Fly, Air Berlin, El Al und Up. Die israelische Fluggesellschaft El Al startet unter anderem ab Frankfurt (Tel. 069/92904-222, E-Mail info@elal.de, www.elal.de) und München (Tel. 089/210-6920, E-Mail muc@elal.de), Flüge ab Berlin finden sich unter www.flyup.com, aufgrund umfassender Sicherheitskontrollen sollte man drei Stunden vor dem Abflug am Terminal sein. Die Flugzeit liegt bei circa dreieinhalb Stunden. Weiterreise in Israel mit Mietwagen oder Bussen (Busfahrkarten unter www.egget.co.il oder telefonisch unter +972-3-6948888)

Aktivitäten

Das Hula Nature Reserve (Tel. +972 4-6937069, www.parks.org.il ist von Sonntag bis Donnerstag von 8 – 17 Uhr geöffnet, freitags von 8 – 15 Uhr. Das En Gedi Nature Reserve, in dem sich verschiedenlange Wanderwege finden, ist täglich geöffnet (Tel. +972 8 658-4285). Jeeptouren ins Dead Sea Valley organisiert Pere Hamidbar, Arad, Tel +972 50-3939394, Fax +972 77-7501155, E-Mail s@jeeptours.co.il

Übernachten

Ein Gedi Hostel, Ein Gedi, "Beit Sarah", D.N. Dead Sea 86980, Tel: +972 2-5945600, Fax: +972 8-6584165, E-Mail: eingedy@iyha.org.il, www.iyha.org.il/Eng/ein-gedi-hostel. Gute Jugendherberge, die nicht nur Mehrbettzimmer, sondern auch Doppel- und Familienzimmer anbietet. Ebenfalls empfehlenswert ist das HI Masada Hostel, Masada, D.N. Yam Hamelah, Tel: +972 2-5945622, Fax: +972 8-6584650, E-Mail: Masada@iyha.org.il, www.iyha.org.il/Eng/masada-hostel

Örtliche Reiseleitung/Auskunft

Der in Pforzheim aufgewachsene Ofer Moghadam ist lizensierter Tourguide und organisiert und führt Englisch- und deutschsprachige Privat- und Kleingruppentouren in verschiedene Regionen Israels, Tel. +972-58-783-3799, E-Mail ofermog@gmail.com, www.ofermog.com bzw. www.facebook.com/OferMoghadamTours. Infos zum Reiseland Israel gibt es beim Staatliche Israelischen Verkehrsbüro, Auguste-Viktoria-Str. 74-76, 14193 Berlin (Postadresse, kein Besucherbüro), Tel. 030/2039970, Fax: 030/20399730, E-Mail info-de@goisrael.gov.il, www.goisrael.de. Über Naturreservate und Nationalparks in Israel informiert außerdem die Website www.parks.org.il

Sicherheit

Der Nahostkonflikt richtet sich nicht gegen Touristen, dennoch rät das Auswärtige Amt an Checkpoints, an Bushaltestellen, bei Menschenansammlungen, im Westjordanland und in Jerusalem zu erhöhter Vorsicht (weitere Infos unter www.auswaertiges-amt.de). Das Auswärtige Amt rät zudem dazu, sich tagesaktuell über die Sicherheitslage zu informieren – dies ist beispielsweise möglich auf Websites wie www.timesoisrael.com, www.jpost.com, www.haaretz.com oder www.ynetnews.com. Auch rät es dazu exponierte Orte und die Altstadt von Jerusalem möglichst mit einer ortskundigen Begleitung zu besuchen.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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