Auf Trekking-Tour in Finnland. Wo ist "Meister Petz"?

Mit dem Rucksack unterwegs auf der finnischen Bärenrunde

Text und Fotos: Michael Hennemann

Rauschende Stromschnellen und Wasserfälle, unberührte Wälder mit dickem Moospolster, Moore und enge Canyons: Der Oulanka-Nationalpark im Norden Finnlands mit seiner faszinierenden, abwechslungsreichen Landschaft war Ziel unseres Autors, der auf der so genannten Bärenrunde, finnisch Karhunkierros, unterwegs war.

Finnland Bärenrunde Überblick

Ganz schön groß der Bursche. Zum ersten Mal im Leben stehe ich einem ausgewachsen Braunbären gegenüber. Doch zum Glück trennt uns ein Zaun. Im Kuusamon Suurpetokeskus, einem „Wildpark“ gut dreißig Kilometer südlich von Kuusamo, gibt es neben sieben Braunbären auch Luchse, Polarfüchse und Vielfraße zu sehen. In der freien Wildbahn ist der Namenspatron der beliebtesten Wanderroute Finnlands, der so genannten Bärenrunde, dagegen kaum anzutreffen, wie mir der Ranger im Info-Zentrum des Oulanka-Nationalparks beim Start meiner Wanderung versichert: „Im Sommer siedeln unsere Bären nach Russland über. Seitdem ich hier arbeite hat es noch nie einen Wanderer gegeben, der entlang der Wanderroute einen Bären gesichtet hat. Und das sind nun mittlerweile 25 Jahre.“

Finnland Bärenrunde Fluss

Flüsse, Seen, Wälder und mehr nicht

Solchermaßen beruhigt und fest dazu entschlossen, nicht der erste zu sein, der einem Bären zum Opfer fällt, schultere ich meinen schweren Rucksack. Für mein „Abenteuer“ führe ich den Proviant für fünf Tage mit, die ich zur Bewältigung der etwa 80 Kilometer langen Strecke eingeplant habe.

Im „Indian Summer“ durch finnische Wälder

Kaum habe ich dem Parkplatz am Beginn des Wanderroute den Rücken gekehrt, empfängt mich eine für mitteleuropäisches Empfinden einsame Wildnis. Der Pfad führt über Felsen und Baumwurzeln, auf einer Holzbrücke überquere ich den Aventojoki und erreiche die Ristikallio-Hütte. Sie ist wunderschön an einem idyllischen See gelegen, der von hohen Felswänden eingerahmt wird.

Finnland Bärenrunde Hütte

Rast in der Hütte

Fast bin ich versucht meinen Wandertag schon hier und jetzt zu beenden. Doch da ich früh gestartet bin und der Tag noch jung ist, lege ich nur eine Kaffeepause ein und wandere anschließend bis zur Taivalköngäs-Hütte.

Finnland Bärenrunde Landschaft

Viel Landschaft und kein Mensch

Jetzt, Mitte September setzt die „ruska“, das finnische Pendant des Indian Summer, den Wald in Brand. Gelb und rot leuchtet das herbstlich gefärbte Laub von den Bäumen. Am nächsten Morgen überquere ich die Taivalköngäs-Stromschnellen dank einer Hängebrücke trockenen Fußes.

An Wanderer wurde gedacht

Errichtet wurden diese wie auch andere Hängebrücken, die ich unterwegs noch zu schätzen lerne, vom finnischen Amt für Staatswälder, welches sich um die Serviceeinrichtungen für Wanderer kümmert. Und davon gibt es auf der Bärenrunde viele. Die Strecke ist durchgehend hervorragend markiert, so dass man sich auch ohne besondere Navigationskenntnisse problemlos zurecht findet. Hängebrücken sowie Bohlenstege erlauben die Querung von Flüssen und Mooren.

Finnland Bärenrunde Lagerfeuer

Abends am Lagerfeuer

Zusätzlich wurden zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten errichtet. Die einfachste Form sind die sogenannten Laavus, einfache Unterstände, die nach vorne hin offen sind; komfortabler sind die insgesamt sieben Hütten entlang der Bärenrunde.

Die Flora und Fauna im Oulanka-Nationalpark ist einzigartig und außergewöhnlich vielfältig. Unter den dreißig Säugetierarten sind Wolf, Otter, Wiesel, Elch, Hase, Rentier, Baummarder und Hermelin. Doch man muss schon viel Glück haben, diese scheuen Gesellen zu Gesicht zu bekommen. An schattigen Hängen wachsen viele Pflanzen, die sonst in Lappland oder weiter östlich vorkommen, an den sonnigen Hängen leben viele südliche Arten.

Finnland Bärenrunde Rast

Rast in der Einsamkeit

Außerhalb der Flusstäler wird das Gebiet durch Kiefern- und Fichtenwälder, Heideflächen, und besonders im nördlichen Teil, durch Moore geprägt. Letztere sind ein bedeutendes Brutgebiet für zahlreiche seltene Vogelarten. Insgesamt hundert Arten nisten im Park, darunter Grüner Laubsänger und Unglückshäher. Zu den 13 Wasservogelarten, die im Park vorkommen, gehören Krickente und Schellente. Informieren kann man sich über die Flora und Fauna im Nationalpark-Informationszentrum, das man am zweiten oder dritten Tag der Wanderung erreicht.

Kuhglocken am Hals der Rentiere

Nach einem Rundgang lockt die Cafeteria, die willkommene Abwechslung in die Rucksack-Küche bringt. Solchermaßen gestärkt laufe ich, begleitet von zahlreichen Tagesgästen, weiter zu den Kiutaköngäs-Stromschnellen. Anschließend führt der Pfad hoch oben am Ufer entlang; das Rauschen der sprudelnden Wassermassen verklingt schnell. Nun begleite ich den Oulankajoki für eine Weile in südöstliche Richtung, kehre ihm dann aber den Rücken und erreiche über eine Hängebrücke den kleinen Ort Juuma.

Finnland Bärenrunde Blick auf den Fluss

Immer wieder: Landschaft satt

Nach Juuma verlässt die Bärenrunde den Nationalpark und der anstrengendste Abschnitt, die Schlussetappe bis Ruka, steht bevor: Es gilt, den Valtavaara-Gipfel zu erklimmen. Doch die Mühe lohnt sicht. Unter mir erstreckt sich ein eng verzahntes Nebeneinander von Wald und Seen, gesprenkelt mit einigen Inseln und Farbklecksen der Holzhütten. Passend zum Berg-Szenario erklingen auch dumpfe Kuhglocken, die allerdings um die Hälse von Rentieren baumeln.

Oben auf dem Gipfel, mit 492 m die höchste Erhebung der Gemeinde Kuusamo, lädt eine kleine Tageshütte zu einer letzten Rast ein, dann geht es zum Endpunkt der Tour nach Ruka. Nach den vielen landschaftlichen Highlights ist Ruka ein mittelprächtiger Schock. Das Dorf ist das beliebteste Skigebiet Finnlands und eher eine Ansammlung von Ski-Hotels und Aprés-Ski-Vergnügungsbuden. Doch dieser etwas trostlose Anblick schmälert die bleibenden Eindrücke der vergangenen Tage nicht.

Finnland Bärenrunde Abend

Unvergessliche Eindrücke

Und außerdem: Wer noch etwas Zeit hat, der sollte in den Nationalpark zurückkehren, um auf dem Oulankajoki zu paddeln.

 

Reiseinformationen

Tourismusinformation
Finnischen Zentrale für Tourismus, Frankfurt
Tel.: 0 69 / 50 07 01 57
E-Mail: finnland.info@mek.fi

KUUSAMON KAUPUNKI
Kaiterantie 22
93600 Kuusamo
Tel.: 0 03 58 / 8 / 85 01
E-Mail: kirjaamo@kuusamo.fi

Ourlanka- Besucherzentrum
Liikasenvaarantie 132
93999 Kuusamo
Tel. 0 03 58 / 2 05 64 68 50
E-Mail: oulanka@metsa.fi

Botschaft
Rauchstraße 1
10787 Berlin
Tel.: 0 30 / 50 50 30
E-Mail: info.berlin@formin.fi

Anreise
Am einfachsten und schnellsten ist der Oulanka-Nationalpark von Deutschland aus mit dem Flugzeug nach Helsinki (2 – 3 Std.) mit Weiterflug nach Kuusamo (75 Min) zu erreichen. Infos unter www.finnair.com. Vom Flughafen in Kuusamo verkehrt ein Zubringerbus direkt zu einem der beiden Einstiege der „Bärenrunde“.

Unterkunft
Entlang der Tour in regelmäßigen Abständen Unterstände und Hütten, die von Wanderern kostenlos genutzt werden dürfen. Trotz dieser guten und zahlreichen Übernachtungsmöglichkeiten tut man aber gut daran, gerade im Sommer, ein eigenes Zelt mitzunehmen, denn die Bärenrunde ist in Finnland sehr beliebt. Dementsprechend kann es in den Hütten schnell sehr eng werden.

Reisezeit
Beste Wanderzeit im Frühjahr und Herbst, dann reduziert sich die Mückenplage auf ein Minimum und die Blätter der Bäume leuchten im Herbst in den schönsten Gelb- und Rotfärbungen.

Reiseführer
Michael Hennemann: Finnland: Bärenrunde, Outdoor Handbuch Band 85, Conrad Stein Verlag 2000

Wichtige Tipps
Da unterwegs praktisch keine Einkaufsmöglichkeit besteht, muss der komplette Proviant mitgeführt werden. Wasser kann direkt aus Seen und Flüssen entnommen werden. Axt und Säge sind an den Feuerstellen vorhanden, mitgeführt werden sollten dagegen auf jeden Fall ausreichend Kerzen, da es in den Hütten sehr dunkel ist.

Anbieter
In Kuusamo und Umgebung bieten zahlreiche Outdoorfirmen geführte Wanderungen, Wildnissafaris sowie Rafting- und Kanutouren an. Eine komplette Übersicht aller Veranstalter unter http://www.kuusamo.fi, Menüpunkt „Activities“.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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