Text und Fotos: Judith Weibrecht
Grün ist's und hügelig. Beschaulich könnte man fast dazu sagen. Denn kaum einmal kommt einem ein Auto entgegen, radelt man auf Radwegen und ruhigen Nebenstraßen durchs Fichtelgebirge. Gut also für Radfahrer, die es gerne gemütlich haben und schauen, Zeit für gedankliche Abschweifungen schätzen und ins Om des Radfahrens eintauchen wollen.
Doch, kawumm, die Beschilderung am Wegesrand schiebt sich mit Macht ins Bewusstsein: Schwarzenbach an der Saale? Fichtelgebirge? Klein-Schloppen? „Bei einem Bauern in Kleinschloppen ist ein Gänschen mit vier Beinen aus dem Ei geschlüpft!“, las doch einst Donald Duck im „Entenhausener Tagblatt“. Irgend etwas wabert ins Hirn und ruft: „Das alles kennt unsereiner aus den 'Donald Duck' Comics!“ Kann das sein? Ja, es kann, es befindet sich ganz im Hier und Jetzt.
Wie das erklärbar ist, lässt sich im oberfränkischen Schwarzenbach an der Saale herausfinden: Dort wurde am 1. August 2015 das Erika-Fuchs-Haus eröffnet. Dr. Erika Fuchs (1906 – 2005) war die Übersetzerin der weltberühmten Donald-Duck-Comics. Doch wie kommen in ein U.S.-amerikanisches Comic-Heft fränkische Ortsnamen? Ganz einfach, die Namen der Orte, an denen sich der freche Enterich und Konsorten herumtrieben, entnahm sie ihrer realen Umgegend, dem Fichtelgebirge, genauso wie Namen von Geschäften, Cafés oder Ärzten. Selbst wohnte sie in Schwarzenbach an der Saale, das sie als Schwarzenburg an der Saale natürlich auch in den Heften verewigte, und so ist es nur folgerichtig, dass Deutschlands erstes Comicmuseum genau dort steht. Es gibt aber auch andere Gründe dafür, wie die Schnittstelle zu einem Paralleluniversum.
Doch der Reihe nach: Von 1951 – 1988 war Fuchs Chefredakteurin der deutschen Micky-Maus-Hefte. Ihr Nachdichtungen sind legendär, sie war nie nur Übersetzerin, sondern vielmehr Gestalterin der unverwechselbaren Sprache in den Comics, die auch unsere Alltagssprache maßgeblich beeinflusste. So erfand sie durch Verkürzung auf den Verbstamm die Verbform des Inflektivs - ihr zu Ehren auch Erikativ genannt: „Grübel und studier!“ Und sie gab eine Prise Lautmalereien („Kawumm!“ „Zosch!“ „Peng!“ „Bumm!“ „Kracks!“), Kunstwörter, ausufernde Alliterationen, Sprüche und Zitate dazu. „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“ etwa stammt in seiner hochdeutschen Originalversion aus dem Ingenieurlied von 1871 von Heinrich Seidel. Erika Fuchs hat es dann einge“duck“t.
Geniale Nachdichterin
Im Museum erfährt man, dass die Klassikerzitate daher rühren, dass die Nachdichterin eine äußerst gebildete Frau war. Der ausgezeichnete Comic-Zeichner Simon Schwartz gestaltete die Biographie Fuchs' als mannshohe Illustrationen, die in einem Raum des Museums zum Schauen einladen: Die Grande Dame des deutschen Comics absolvierte einst ein Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und mittelalterlichen Geschichte in Lausanne, München und London. Eine Frau von Welt also, die ihre Promotion über den Bildhauer Johann Michael Feichtmayr schrieb und ihres Mannes wegen nach Schwarzenbach an der Saale zog, der dort eine Ofenfabrik leitete. Potzblitz, was für ein Kaff. Dort nahm sie dann Aufträge für Übersetzungen an.
Das multimediale Museum bietet auf 600 Quadratmetern in sieben Räumen interaktive Elemente, um die Kunstform Comic zu erfahren: Das 130 Quadratmeter große, begehbare Entenhausen mit Talerbad steht gleich am Anfang des Rundgangs nach dem achtminütigen Kurzfilm über die Geschichte des Comics. Eine Alliterations-Anreiz-Abteilung mit Buchstabenwürfel, Sanduhr und Tafel und ein onomatopoetisches Kabinett, in dem man selbst Entsprechungen für Geräusche erfinden und dann mit Fuchs' Wortschöpfungen vergleichen kann.
Das Translatorium, der Gefühlsinterpret oder der Zitatwirbler laden außerdem zum spielerischen Lernen und zum Mitmachen ein. Von Entenhausen, im U.S.-amerikanischen Original Duckburg, gibt es sogar einen Stadtplan, den ein Donaldist in 13-jähriger Arbeit zusammen gestellt hat. Am Ende lädt eine Bibliothek mit Comics und Literatur darüber zum Schmökern ein.
Die Donaldisten erforschen und untersuchen auf wissenschaftliche Weise all dies, wie Donaldist Gerhard Severin betont: „Denn Entenhausen ist real existent, man weiß nur nicht, wo.“ Dazu gebe es verschiedene Theorien, u. a. die, dass es ein Paralleluniversum ist. Die Schnittstelle dazu liege in Schwarzenbach. „Und deswegen ist auch so viel über Schwarzenbach in den Heften drin“, ist Severin überzeugt.
Donaldisten nennen sich die Mitglieder der Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus, kurz: D.O.N.A.L.D. Nicht nur Kinder stehen also auf die sprachgewandten Enten, auch erwachsene Fans gibt es zuhauf, wie eben Severin, 2009 und 2010 „PräsidEnte“ der Vereinigung, der extra aus Ingolstadt nach Schwarzenbach an der Saale gezogen ist. Wie kommt's?
Klatsch, klatsch!
„Nun, ich studierte jahrelang die Grundlagen der Welt von Entenhausen. 1994 hatte ich zum ersten Mal die Zeitschrift 'Der Donaldist' in Händen“, erzählt Severin, „und irgendwann ist dann der Donaldismus vollends in mir aufgegangen“. Im Laufe der Zeit habe er an die 3.000 Figuren und Berge von Literatur über Entenhausen angehäuft. Die Sammlung wurde zu groß und er wollte sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Diese gehört nach Schwarzenbach, dachte er sich, und der Bürgermeister des Ortes sah das genauso. Aus dieser Idee wurde dann das Erika Fuchs Haus, das das Erbe von Fuchs bewahren und zu einer Pilgerstätte weit über die Grenzen des Fichtelgebirges hinaus werden soll. Tatsächlich höre ich neben mir im Museum einen Dialekt aus dem Ruhrpott („Woll, woll, dat is ja interessant!“) sowie Sächsisch („Nu, gugge mol do, dor Donald!“). Severin, Richter von Beruf, will übrigens als Rentner eine Promotion über das Entenhausener Rechtssystem schreiben.
Die Radtour zu den Donald-Duck-Orten wurde vom SPD-Ortsverband mithilfe von Severins wissenschaftlicher Zuarbeit privat zusammengestellt. Extra dafür hatten sie auch nach den Stellen in den Comics gesucht, wo die Ortsnamen vorkommen. In Zukunft könnte ein extra ausgeschilderter Radweg daraus werden. Auf alle Fälle aber will man die Route im Internet bereitstellen. Ein Tipp für echte Fans!
Die Identifikation der Donaldisten ist hoch: Man munkelt, zur Eröffnung des Hauses sollen sie auch nicht die Hände bewegt und aneinander geführt haben, um Töne hervorzurufen, wie es das Normalvolk tut. Nein, der Donaldist ruft in solchen Fällen: „Klatsch, klatsch!“ Wir rufen mit.
Draußen vor dem Museum lehnt das Rad. Ich steige auf, trete in die Pedale und fahre gen Fuchshügel, wo Tick, Trick und Track vor dem geplanten Rodeln meinten: „Wir gehen zum Fuchshügel, da sucht er uns nicht!“ Kein Traum, alles real. Klatsch, klatsch!
Suchen bei schwarzaufweiss
Reiseveranstalter Deutschland bei schwarzaufweiss
Wer heute ein wenig Berliner Luft schnuppern möchte, den laden wir zu einer Reise an Spree und Havel ein. Eine prima Gelegenheit, sich wesentliche Teile der Stadt an einem Tag anzuschauen, ist die Fahrt mit den Bussen 100 und/oder 200. Ausgehend vom Alexanderplatz kommt man unterwegs am Berliner Dom und der Museumsinsel vorbei, am Deutschen Historischen Museum, der Neuen Wache, dem Brandenburger Tor und dem Reichstag, an der „Schwangeren Auster“ und am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten.
Mehr lesen ...
Nein, keine Angst, der Pfad schwankt nicht. Dennoch greifen viele Besucher des längsten Baumwipfelpfads der Welt unwillkürlich ans Geländer. Sie haben den Eindruck, der Holzweg, der an dieser Stelle auf 18 Metern Höhe unterhalb der Baumwipfel entlang führt, bewegt sich hin und her. Dabei ist es nur der wenige Zentimeter vom Geländer des Pfads entfernte Schubsbaum, den ein Baumwipfelpfad-Führer mit einer Hand zum Schwingen gebracht hat.
Mehr lesen ...
52 km lang und 41 km breit, darauf verteilt 926 Quadratkilometer Landschaft, das ist sie, Rügen, die größte Insel Deutschlands. Nicht wenige Touristen bezeichnen sie gleichzeitig auch als die schönste Insel des Landes. Ihre Vielfalt ist einmalig.
Mehr lesen ...
34 Meter ist sie lang, genauso lang wie ein Blauwal werden kann: Die Rolltreppe, auf der Besucher vom Foyer nach oben schweben, um mit ihrem Rundgang durch das Ozeaneum vor Stralsunds Altstadtkulisse unweit der neuen Rügenbrücke zu beginnen. Neben der frei tragenden Treppe beeindruckt schon von außen der weiße mit Glas durchsetzte Bau aus Beton und Stahl.
Mehr lesen ...