Stille Nacht, ahoi!

Lübeck und Travemünde zwischen den Jahren

Text und Fotos: Winfried Dulisch

Travemünde

Wie feiern Hanseaten Weihnachten? –Thomas Mann gab die Antwort in seinem Roman „Buddenbrooks“. Deswegen verbringt Winfried Dulisch den Heiligabend so gerne in Lübeck und Travemünde.

Der schönste Fußweg in die Altstadt führt durch das Holstentor (1). Bis zur Einführung des Euro zierte das heutige Wahrzeichen von Lübeck den 50-Mark-Schein der Deutschen Bundesbank. Heute ist es kaum noch vorstellbar, dass die Lübecker diesen Eingang zur Stadt eigentlich abreißen lassen wollten.

Lübeck - Holstentor

Außerdem prägen die sieben Türme der Altstadtinsel, die im Jahr 1987 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde, das backsteingotische Erscheinungsbild. Dazwischen verbergen sich alte Kaufmannshäuser, außerdem verwinkelte Gassen und Durchgänge.

„Die Häuser in diesen Gässchen kosteten in 1970er Jahren noch 5.000 bis 10.000 Mark“ erinnert sich die Stadtführerin Marion Apsitis. „Heute sind sie für weniger als 100.000 Euro nicht zu bekommen.“ Aber das ist noch lange nicht der gesamte Preis, den die Bewohner dieser malerischen Adressen zu zahlen haben.

Lübeck

„Wir laufen mit unseren Gästen durch die engen Gassen“, gibt Marion Apsitis mit einem Augenzwinkern zu bedenken. Ihre KollegInnen erzählen vor allem in Deutsch, Englisch, Finnisch und Dänisch die Geschichte der Hansestadt. „Viele Schwaben wundern sich, weil hier keine Fachwerkhäuser stehen. Aber die Grundfarbe einer – im Mittelalter sehr reichen – Hansestadt wird nun mal von rotem Backstein geprägt.“

Lübeck - Stadtführerin

Stadtführerin Marion Apsitis

Jedes Jahr im Dezember bietet Lübeck noch eine weitere Überraschung. „Vor allem die Österreicher lassen sich gerne auf dem maritimen Markt in einem Strandkorb neben Tannenbäumen fotografieren“, hat Marion Apsitis beobachtet.

Lübeck - Strandkorb

Dieser Maritime Weihnachtsmarkt auf dem Koberg erinnert an die Tradition des alten Seefahrerviertels rund um die Schifferkirche St. Jakobi (2). Hier duftet es nach Advent und Weihnachten auf hoher See - Beerenglühwein, Kakao und heißer Rum.

Statt Weihnachtsmarkt: Weihnachtsmärkte

Doch der maritime Markt ist nicht der einzige Grund, weswegen Lübeck sich als die „Weihnachtsstadt des Nordens“ präsentiert. An der Marienkirche versprüht der Historische Weihnachtsmarkt Mittelalter-Flair. In der 800 Jahre alten St. Petri-Kirche (3) hat ein Kunsthandwerkermarkt jedes Jahr sein Stammpublikum.

Den Grundstein für ihr gutes Image als vorweihnachtliches Besuchermagnet legte die Hansestadt 1648. Eine Urkunde bezeugt, dass damals der erste Weihnachtsmarkt zu Füßen des Lübecker Rathauses stattfand.

Lübeck - Wandschmuck bei Niederegger: Antikes Kaffeehaus-Besteck

Wandschmuck bei Niederegger: Antikes Kaffeehaus-Besteck

Ebenfalls eine Traditionsveranstaltung – nicht nur für norddeutsche Zuckerschnuten – ist der Weihnachts-Basar in der Marzipan-Manufaktur Niederegger (4). Doch der Mensch lebt nicht vom Marzipan allein – erst nicht in Lübeck.

Literatur-Fans besuchen das adventliche Lübeck wegen „Weihnachten bei Buddenbrooks“. Diese Familienchronik von Thomas Mann dient als Vorlage für eine vierstündige Spurensuche durch das weihnachtliche Lübeck. Der literarische Rundgang durch die anheimelnd beleuchtete Altstadt endet mit einer Lesung aus dem Weihnachtskapitel der „Buddenbrooks“ bei Kaffee und Kuchen.

Lübeck - Weihnachten bei Buddenbrooks

Weihnachten bei Buddenbrooks

Thomas Mann war nicht der einzige Nobelpreisträger aus Lübeck. Das Willy-Brandt-Haus (5) erinnert an den Friedensnobelpreisträger, der 1913 in der Hansestadt geboren wurde. Angeregt wurde die Einrichtung dieser Gedenkstätte von Günter Grass, der seine letzten Lebensjahre in Lübeck verbracht hatte und nun im gleichen Gebäudekomplex wie Willy Brandt mit einem Günter-Grass-Haus geehrt wird.

Kein Spielzeug

Neben all diesen Lübecker Ausstellungs- und Erinnerungsstätten ist jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit das Puppen-Museum eine Besucher-Attraktion. „Schreiben Sie nicht, dass unser Haus ein Puppen-Museum ist“, bittet die Kunsthistorikerin Felicia Sternfeld jeden Journalisten, der das Museum besucht. Denn das Theaterfiguren-Museum (6) präsentiert keineswegs eine Sammlung von Kinderspielzeug.

„Wir sind kein Kinder-Museum. Eher schon was für die ganze Familie“, betont Felicia Sternfeld. Klamaukfiguren, die auf den Rummelplätzen der vergangenen Jahrhunderte die kleinen und großen Zuschauer belustigten, stehen hier neben Prachtstücken aus Asien mit kostbar geschmückten Gewändern, die für anspruchsvolle Figuren-Opern hergestellt wurden. „Diese Kunstwerke standen auf Bühnen, die der Mailänder Scala vergleichbar sind.“

Lübeck - Theaterfiguren-Museum

Theaterfiguren-Museum

Vor allem die Exponate aus Afrika zeigen auch die Bedeutung der Theaterfiguren als religiöse Kultgegenstände. „Wir sind also kein Spielzeug-Museum.“ – Trotzdem weiß jeder Lübecker, welche Adresse gemeint ist, wenn ein Tourist in der Altstadt nach dem Puppenhaus fragt.

Passat und Leuchtturm

Das Gesicht der Innenstadt wird in Lübeck geprägt von Kirchtürmen. Im Stadtteil Travemünde ist die Viermast-Bark Passat und der Alte Leuchtturm (7) von allen Punkten der Strandpromenade aus sichtbar. Travemünde verdankt seinen Namen der Trave, die hier in die Lübecker Bucht mündet.

Als Badeort ist Travemünde bei deutschen Sommergästen bekannt. Viele Skandinavien-Urlauber beginnen hier im Fährhafen ihre Reise über die Ostsee. Und bei den Seglern sind Liegeplätze gleich neben der Passat begehrt. Für Weihnachts- und Neujahrs-Kurzurlauber ist Travemünde aber noch ein Geheimtipp.

Die Lübecker fahren jedes Jahr am Nachmittag des 24. Dezember gerne in diesen Vorort, der vom X-Mas-Trubel noch weitgehend unberührt geblieben ist. Während zuhause das Christkind die Geschenke für den Heiligabend bringt und den Baum schmückt, lauschen die Travemünder und ihre Gäste der Blasmusik am Fuß des Alten Leuchtturms.

Lübeck - Heiligabend in Travemünde: Bläser vor dem Alten Leuchtturm

Heiligabend in Travemünde: Bläser vor dem Alten Leuchtturm

Wer anschließend ein spezielles Weihnachten erleben möchte, findet in Lübeck oder Travemünde genügend Raum für stille Genießer. Und nirgendwo auf der Welt klingen die „Buddenbrooks“ anheimelnder als dort, wo Thomas Mann seine Kindheit erlebte: „Schon war der große Saal geheimnisvoll verschlossen, schon waren Marzipan und braune Kuchen auf den Tisch gekommen, schon war es Weihnacht, draußen in der Stadt.“

 

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