Buchtipps
Heinrich Theodor Grütter (Hrsg.): Rock und Pop im Pott, Klartext-Verlag, 280 Seiten, zahlr. farb. Abb., Hardcover, 24,95 €, ISBN: 978-3-8375-1593-0
Eine Ausstellung mit vielen visuellen und akustischen Eindrücken ist das eine, ein Begleitband zu einer Ausstellung etwas anderes. Auffallend ist, dass in der vorliegenden Veröffentlichung auch der Ausstellungsarchitekt zu Wort kommt, um sein Konzept darzulegen, dass sowohl in der Farbgestaltung – man muss dabei an Pop Art jenseits von Andy Warhol denken – als in Bezug zu den verbauten Materialien – das vergängliche und temporär verbaute Sperrholz für die Vitrinenummantelungen – überzeugt. Eingestimmt wird der Leser durch einen Beitrag von Heinrich Theodor Grütter, der auf 60 Jahre Musik im Ruhrgebiet zurückschaut. Eine seiner zentralen Aussagen im Kontext von Struktur- und Wertewandel im Ruhrgebiet lautet: „Und so nimmt es nicht Wunder, dass 1956 bei den sogenannten „Jugendkrawallen“ nach Vorführen des Bill Haley-Films „Rock Around The Clock“ die Städte des Ruhrgebiets eine herausragende Rolle spielten ...“. Im Beitrag wird auch das Thema „Krautrock“ angerissen. Repräsentanten dieser Art von Rockmusik, so der Autor, waren Bröselmaschine und Franz K – benannt nach dem Schriftsteller Franz Kafka. Was für Berlin „Zitty“ war, waren im Pott „Guckloch“ aus Herne und „Marabo“ aus Bochum. Übrigens aus dem „Guckloch“ ging später „Prinz“ hervor. Auch dieses Magazin gibt es längst nicht mehr.
Wie die Ausstellung so beginnt der eigentliche Begleitband zur Schau „Rock & Pop im Pott“ mit einem Prolog. Keine Frage, am Ende steht dann auch ein Epilog. Das Kapitel „Bevor der Rock ins Ruhrgebiet kam“ aus der Feder von Christoph Schurian bringt uns nicht nur die Sangeskunst der aus Gelsenkirchen stammenden Claire Waldoff näher, sondern erinnert auch an den in Wanne aufgewachsenen singenden Schauspieler Heinz Rühmann („Die drei von der Tankstelle“). Im sogenannten III. Reich – und daran wird im Beitrag erinnert – war Jazz als „Niggermusik“ verboten, genau wie die „jüdisch geprägte“ Operette. Doch für Propagandazwecke nutzte man Jazz. Namentlich Charlie and his Orchestra spielten aktuellen Jazz, veränderten aber Originaltexte zu Schmäh- und Spottversen gegen Winston Churchill und schreckten dabei auch vor antisemitischer Hetze nicht zurück. Dieser Aspekt wurde in der Stuttgarter längst beendeten Schau „I got rhythm“ sehr ausführlich, auch mit Filmausschnitten behandelt. Schurian wirft außerdem in seinem Beitrag einen Blick auf den Werdegang von Kurt Edelhagen und streift auch die Gegenbewegung gegen den Jazz der Nachkriegszeit. Dabei spielt Fred Bertelmann aus Duisburg-Meiderich und dessen brave Schlagermusik („Der lachende Vagabund“) eine nicht unwesentliche Rolle.
Christoph Schurian blättert außerdem in der Geschichte des „Rock 'n' Roll im Ruhrgebiet“. Diffamiert wurde diese Musik in den 1950er Jahren wie einst der Jazz durch die Nazis: „Negermusik“ war der vielfach benutzte Begriff zur Abwertung der über den Großen Teich nach Europa gekommenen Musik, deren Wurzeln im Jazz, vor allem im Ragtime und Boogie Woogie zu sehen sind. Man kann es kaum glauben, aber Tonträger waren damals mit 7 DM beinahe unerschwinglich. So erfreute sich auch „Steigers Raupenbahn“ aus Oberhausen, ein Fahrgeschäft, das auf vielen Kirmesveranstaltungen präsent war, großer Beliebtheit. Die „Raupe“ wurde so etwas wie die erste deutsche Diskothek. Hier trafen sich Jugendliche und hörten die Musik der Zeit: Bill Haley und Co. waren die damaligen Helden! Der Autor bringt uns auch die ersten Rock 'n' Roll-Stars des Potts nahe, so Malfeld, aber auch The Elras-Brothers.
Diesen Aspekt vertieft dann Vera Conrad in einem ergänzenden Beitrag, in dem wir Wissenswerte über den Beat-Wettstreit in Recklinghausen nachlesen können, aber außerdem mehr über „The Sleepwalkers“; „The Viking Greenhorns“ oder „German Blue Flames“ erfahren, die mit dem Song der Small Faces „Sha-la-la-la-lee“ für Furore sorgten, im Pott natürlich. Es ist ebenfalls Vera Conrad, die sich auf den Aspekt „Musik und Politik“ fokussiert und die entsprechenden Veranstaltungen wie die Essener Songtage Revue passieren lässt. Christoph Schurian hingegen widmet sich dem Deutsch-Rock im Ruhrgebiet. Er stellt dabei unter anderem heraus, dass Franz K aus Witten ein Pionier des Deutschrock war. Es war eine Band, die 1969 entstand und ihr drittes Album „Rock in Deutsch“ nannte, auf dem 1973 neu entstandenen Label Zebra erschienen. Grobschnitt und ihr Bühnenprogramm wurde damals mit Alice Cooper verglichen, allerdings ohne Blut und Schlangen, so der Autor.
Wer kennt heute noch Amon Düül, Tangerine Dream oder Can oder gar Kraftwerk? Alle diese Bands überzeugten durch ausgefeilte Studioarbeit, teilweise mit selbst konzipierter Studiotechnik. Sie verstanden sich auf elektronische, bisweilen auch seriell anmutende Musik, weit vor Techno. Dem Punk im Pott hat sich Michael Lorenz zugewendet: „Punk war und ist als Ausdrucksmittel dieser Szene “Musik von der Straße für die Straße“, eine rohe und ungeschliffene Form des Rock 'n' Roll. Die Gitarrenparts sind häufig einfachtrivial einfach ...“ . So liest man es bei Michael Lorenz. Der Autor stellt dann nachfolgend Bands wie Hass und Die Upright Citizen vor, die aus Bottrop stammen. Die extremste Punkband waren The Idiots mit Sir Hannes Smith als Sänger. Da flogen nicht nur Bierdosen, sondern auch Haxen und Schweinsköpfe von der Bühne, sondern Sir Hannes Smith schlug sich auch schon mal mit einer Bierflasche auf den Schädel, der dann zu bluten begann. Dass auch die Welt des Heavy Metal Kunstprodukte jenseits der heute ach so beliebten Castingshows von RTL und Pro 7 kannte, wird am Beispiel von Randalica beleuchtet. Die Band, so Michael Lorenz, war eine Parodie schlechthin mit einer erfundenen Knastbiografie. Alle Mitglieder waren Journalisten, die sich in ihrem Brotjob um ein Musikmagazin kümmern mussten.
Dass unter anderem Nena ein Erfolgsrezept des Ruhr-Pops ist, behandelt Christoph Schurian in einem gesonderten Artikel, der zudem auch ein Auge auf die Hagener Band Extrabreit wirft.
„Hip-Hop und Gastarbeitersound“ ist ebenso ein behandeltes Thema der vorliegenden Veröffentlichung wie auch „Musik und Tanz“ oder „Produktion und Vermarktung“. Schließlich kommen auch die Musikidole des Potts nicht zu kurz und werden im Kapitel „Musikidole des Ruhrgebiets“ porträtiert, unter anderem Sasha und Herbert Grönemeyer.
Die Ausstellung wird irgendwann nicht mehr zu sehen sein, die Veröffentlichung wird als Chronik zur Pop- und Rockgeschichte des Potts jedoch Bestand haben. Text: © ferdinand dupuis-panther
David Schraven / Uwe Weber: Zechenkinder, 230 Seiten mit vielen schwarz-weiß Fotografien, Hollenstedt 2013, ISBN-13: 978-3-940138-54-5, Preis 24,99 Euro
25 Geschichten aus dem Ruhrpott hat David Schraven zusammengetragen, der selbst aus Bottrop stammt und miterlebte, wie sich der Bergbau mit den Schachtanlagen Prosper I, Prosper II und Prosper III immer mehr ausbreitete. Hautnah war der Fotograf Uwe Weber „Unter Kumpeln“ und präsentiert eine Fotostrecke zum Leben unter Tage. Für Nicht-Bergleute und „Nicht-Ruhrpottler“ werden in den einzelnen Beiträgen Begriffe wie „Abteufen“, „Sohle“ und „Steiger“ jeweils in der Randspalte der Beiträge erklärt, sodass man das lästige Blättern zu einem Glossar am Ende des Bandes umgehen kann. Nicht jeder Bergmann ist so bullig wie Lutz Backhaus, der Held von Sterkrade und Aufsichtshauer von Zeche Osterfeld. Dass er zufällig zum „Helden von Oberhausen“ wurde und einen Amokläufer überwältigte, ist nur eine der spannenden Lebensgeschichten, die man beim Lesen der vorliegenden Biografien erfährt. Wir erfahren, was ein Gesamtbetriebsrat vom Kohlekompromiss hält und vom Albtraum eines Sprengmeisters, der immer Bedacht darauf sein muss, dass keine Sprengstoffstangen aus dem Depot abhandenkommen. Dass der Bergmann Robert Schmidt dank der Tatsache, dass er in einer Rockband Schlagzeug spielte, seine Frau kennenlernte, und warum er sich obendrein für den Erhalt des Bottroper Freibades einsetzte, ist eine weitere Geschichte aus dem Alltag des Reviers. Von tragischen Schicksalen unter Tage weiß der Truppenführer der Grubenwehr Theo Körner zu berichtet. Zur Tragik gehört dabei, dass zwei tote Kumpel erst zwei Jahre, nachdem sie von Brandwettern überrascht wurden, geborgen werden konnten. Statt in die USA führte der Weg von Dirk Schwarz in die Schweiz, wo er zwar nicht das schwarze Gold ans Tageslicht fördert, sondern als „Tunnelmann“ seine Bestimmung gefunden hat. Thomas Jantke ist ein weiterer „Aussteiger“, der die Zeche verließ und zeitweilig in Irland arbeitete, darunter auch in einer „Tittenfabrik“, wo Silikonbusen und künstliche Hoden produziert wurden. Aber was ist mit den Türken und den Koreanern, die als Bergleute angeheuert wurden? Mit Jin Kun Baek kommt nur ein Bergmann mit Migrationshintergrund zu Wort und der berichtet vom Spießrutenlaufen, das er zeitweilig erduldete. Wer alle Biografien liest, der bekommt einen sehr guten Einblick ins Leben im Revier, in dem längst Kohle und Stahl nicht mehr die einstige Bedeutung haben. So schwingt in den vorliegenden Lebensläufen auch ein Moment der Verklärung mit, wird die Solidarität unter Bergleuten gepriesen und vielleicht der Alltag hier und da auch schöngeredet. Dennoch, wer den Pott kennenlernen möchte, der sollte sich diese Lektüre unbedingt zulegen. © fdp
Public Art Ruhr
Was verbindet Bottrop, Duisburg, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Herne, Dortmund, Bochum und Essen miteinander? Ja, alle diese Städte liegen im Ruhrgebiet. Doch es verbindet sie auch die Kunst im öffentlichen Raum, die im vorliegenden "Reiseführer" vorgestellt wird. Doch ein klassischer Reiseführer liegt mit der aktuellen Veröffentlichung nicht vor. Zu unhandlich ist das Format, als dass man sich mit dem Buch auf die Spurensuche begeben könnte. Doch Appetit macht das Buch schon. Von Robert Adams bis Günther Zins reicht die Namensliste der Künstler, die mit ihren Arbeiten vorgestellt werden. Hans Arp mit seiner organisch-abstrakten Kunst ist Teil des Skulpturenmuseums Glaskasten in Marl. Vor dem Saalbau in Witten stehen Stahlstelen und rot gefärbte "Bandauslagerungen" aus Beton, die sich Gerlinde Beck ausgedacht hat. Einen Bunker auf dem Gelände des Cranger Kirmes hat Helmut Bettenhausen mit einem Eisenkreuz und einem Eisenhalbmond versehen, Hinweis auf die Migration, die das Ruhrgebiet damals wie heute prägt; damals, als die Polen kamen, dann als Türken und Kurden für Stahlproduktion und Kohleförderung gebraucht wurden. Max Bill, ein Schüler des Bauhauses, schuf seine "Unendliche Schleife", die nunmehr eine Grünanlage in der Hohenzollernstraße in Essen ergänzt. Schwergewichtig ist die "Gespaltene Erde", die vor dem Hammer Oberlandesgericht steht und ein Werk von Paul Dierkes ist. Wo, so fragt sich der Betrachter der von Bogomir Ecker gestalteten Arbeit "Reemrenreh (kaum Gesang)", ist bloß der Sockel? Wahrscheinlich unter der Wasseroberfläche, bespielt die turmähnliche Skulptur doch die Schleuse Herne. Auf dem Alten Marler Friedhof werden Besucher mit vier Gerüsten mit Fallbeilen konfrontiert – eine Idee des Autodidakten Ian Hamilton Finlay. Eine weithin sichtbare Landmarke markiert den Zusammenfluss von Ruhr und Rhein. Bei Hochwasser versinkt sie scheinbar in den Fluten der Flüsse, doch sonst strahlt sie in grellem Orange – dank sei Lutz Fritsch. Dass auch ein Kugelgasbehälter künstlerisch veredelt werden kann, zeigt uns Rolf Glasmeier, während Friedrich Gänsel mit seiner Edelstahlskulptur "Hannover Tor" an die geschlossene Zeche Hannover (Bochum) erinnert, doch nicht in Bochum, sondern auf dem Essener Moltkeplatz. Hajek und Haring findet man mit ihrer Kunst im Ruhrgebiet, dazu noch Donald Judd vor dem Josef-Albers-Museum in Bottrop. Architektur-Torsi vereinte Dani Karavan am alten Duisburger Hafen zu einer Archiskulptur im Grünen. Nachts funkelt in Neonblau die Fibonacci-Reihe vom Turm der alten Lindenbrauerei in Unna, Nachlass des Arte-Povera-Künstlers Mario Maerz. Ein Riese namens Herkules thront oben auf dem alten Förderturm der Zeche Nordstern und schaut hinab auf das ehemalige Gartenschaugelände. Was er, den Markus Lüpertz konzipierte, wohl sieht? Was von Weiten wie eine tiefblaue Stele erscheint und in Hagen vor dem Sparkassen-Karree steht, ist, wie man beim Nähertreten feststellen kann, eine von Heinz Mack entworfene Brunnenanlage. Der Überblick über die Kunst im öffentlichen Raum links und rechts der Ruhr ist in der vorliegenden Publikation gelungen. Nun darf man gespannt sein, ob es eine Fortsetzung geben wird, bei der einzelne Skulpturenparks wie der Kant-Park in Duisburg oder die Parkanlage Haus Weitmar in Bochum mit allen dort vorhandenen Skulpturen vorgestellt werden. © fdp
Public Art Ruhr - Die Metropole Ruhr und die Kunst im öffentlichen Raum, Hg. Walter Smerling und Ferdinand Ullrich i. A. der RuhrKunstMuseen, 232 Seiten mit 102 farbigen Abb., Köln 2013, ISBN 978-3-86832-134-0, Preis: EUR 29,80 (SFr 38,90)
Architekturführer Ruhrgebiet, 300 S. m. 311 farb- u. sw-Abb., ISBN 978-3-496-01293-1, Berlin 2010, Preis: 24,90 €
Von Bochum bis nach Mühlheim, von Moers bis nach Witten – mit dem vorliegenden Architekturführer, der anlässlich des Kulturhauptstadtjahrs Ruhr 2010 erschien, kann man entdecken, was das Ruhrgebiet an interessanter Architektur zu bieten hat, auch jenseits der Industriedenkmäler. Wie wäre es denn mit einem Besuch der Ruhr-Universität Bochum, wo das eher im Geiste des Architekturbrutalismus entstandene Audimax ein Hingucker ist? Gewiss in Bochum findet man Spuren der Industriekultur, wie auch anderswo im Ruhrgebiet: Der Malakow-Turm der Zeche Hannover in Bochum ist ein Beispiel für die Industriearchitektur des späten 19. Jahrhunderts. Ganz im Stil des organischen Bauens eines Hans Scharouns entstanden die Städtischen Bühnen in Dortmund. Hier ist auch der allbekannte Borsigplatz als ein architektonisches Highlight zu finden, mal vom Dortmunder "U" ganz abgesehen, in dem nunmehr die Kunst zuhause ist. An die Blütezeit von Kohle und Stahl erinnert bis heute die Zechensiedlung Alte Kolonie Eving in Dortmund-Lindhorst. Der Kontrast zwischen dem von Manfred Lehmbruck entworfenen transparenten Lehmbruck-Museum und dem Museum der deutschen Binnenschifffahrt könnte nicht größer sein, ist doch das Museum in das ehemalige, 1908-1910 erbaute backsteinerne Schwimmbad in Duisburg-Ruhrort eingezogen, während die Kunst des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck in der modernen Architektur von Lehmbrucks Sohn einen angemessenen Platz gefunden hat. Ein weiteres Museum der Region, das Märkische Museum in Witten, residiert in einem 1909-11 erbauten beeindruckenden Werksteinbau. Im Profil gleicht die Kirche St. Suitbert in Essen-Überruhr einer Paraboloidschale, die einen ovalen Kirchenraum überdeckt, fürwahr ein Architekturleckerbissen aus den frühen 1960er Jahren. Der Neubau des Essener Folkwangmuseums fehlt ebenfalls nicht in diesem ansprechend gestalteten Architekturband mit seinen kurzen Erläuterungstexten zu jedem Bauwerk. Klar ist auch, dass die Siedlung Margarethenhöhe in Essen Bestandteil des vorliegenden Architekturführers sein musste. Gleiches gilt für das Aalto-Musiktheater und die Grugahalle. Gelsenkirchen präsentiert nicht nur die Schachtanlage Holland II. und das expressionistisch gestaltete Wohnhaus in der Ring-/Weberstraße, sondern außerdem den Nordsternpark mit seinen Zeugnissen der Industriekultur, die allerdings nicht wie die Zeche Zollverein in Essen – sie ist auch im vorliegenden Band zu finden – als Weltkulturerbe geadelt wurde. Dass Oberhausen, Datteln und Marl auch sehenswerte Architektur zu bieten haben, wird beim Durchblättern der aktuellen Veröffentlichung mehr als deutlich. Zugleich animiert der Architekturband zu einer Entdeckungstour durchs Ruhrgebiet, mit und ohne Industriekultur. © fdp
Katrin Martens: Essen für dich - Kinder entdecken ihre Stadt, Essen 2009, 136 Seiten, zahlr. farb. Abb., ISBN 978-3-8375-0156-8, Preis 14,95 €
Schon das Format des vorliegenden Buches ist nicht dazu geeignet, es bei einer Erkundung durch Essen mitzunehmen. Auch wenn Max, der Maulwurf, den Leser durch Essen führt, ist "Essen für dich" wohl dazu gedacht, sich zuhause mit der Stadt und deren Geschichte zu befassen. So liest man es auch im Vorwort, das Max verfasst hat. In zwei großen Abschnitten wird die Essener Geschichte von früher ebenso aufgeblättert wie Einblicke in das Essen von heute gegeben. Ein paar Extras zum Schluss, darunter eine Stadtrallye und ein Personen- sowie Sachregister, runden das "Essener Geschichts- und Geschichtenbuch" ab, aus dem Eltern die eine oder andere Idee für den nächsten Essenbesuch mit ihren Kindern gewinnen können. Vielleicht steht ein Spaziergang im Grünen an, im Kruppwald oder dem Heissiwald mit Wildgehege auf dem Programm? Kann es nicht auch spannend sein, sich mit den "erfolgreichen Geschäften" von RWE oder ThyssenKrupp zu beschäftigen und deren Firmensitze zu suchen, wenn man in Essen weilt? Auf den blauen Steinen kann man der Essener Kultur folgen. Der Kulturpfad führt unter anderem zum Aalto-Theater und zur Philharmonie. Max, der Maulwurf, hat sich nicht nur für Essener Kinder durch 50 Stadtteile gebuddelt, um in Erfahrung zu bringen, was es für Kinder gibt z. B. der Borbecker Schlosspark, das Freibad Hesse in Dellwig, die Kletterwand in Frillendorf, die Hespertalbahn in Kupferdreh, der Halbachhammer auf der Margarethenhöhe oder die Zeche Zollverein in Stoppenberg, auf der es spezielle Kinderführungen gibt. Der überwiegende Teil des vorliegenden "Kindergeschichtsbuchs" ist allerdings der Stadtgeschichte mit all ihren Facetten gewidmet. Das ist durchaus spannend zu lesen, zumal eingestreute Kästen, Kinder besonders ansprechen. Die farbig abgesetzten Kästen "Du bist dran!" und "Wusstest du..." fordern zum Beispiel dazu auf, am Essener Rathaus nach Cosmas und Damian Ausschau zu halten oder in der Münsterstraße nach den Gräbern der Essener Bischöfe zu suchen. Auch die jüngere Geschichte wird im Kapitel "Essen und der Nationalsozialismus" ausführlich bekandelt. Kindern sollen sich unter anderem unter der Rubrik "Du bist dran!" auf die Suche nach den 200 Stolpersteinen in der Stadt machen, die einstige Lebensorte von ermordeten Juden markieren. Wer also keinen Stadtführer für Kinder mit entsprechenden Routen durch Essen erwartet, wird beim Lesen des Buches nicht enttäuscht werden. © fdp